Türme Der Dämmerung
wird vermutlich einige Truppen schicken, von denen natürlich niemand zurückkehrt.«
»Kannst du dir dessen sicher sein?«
Jenred nickt. »Creslin ist einfach der Typ, dem die Menschen folgen.«
»Heißt das nicht, dass er ständig eine Gefahr bedeutet?«
»Nein. Nicht für uns. In ein oder zwei Generationen wird man uns verdammen, weil wir so kurzsichtig waren, aber wir können es uns nicht leisten, noch mehr Magier und Verbündete zu verlieren. Tu, was in deinen Kräften steht, im Hinblick auf Hamor. Vielleicht setzt du sogar als erste Nordla in Kenntnis.«
LXXII
K lick!
Die rothaarige Frau blickt auf und schickt ihre Sinne aus dem Raum hinaus in die Morgenluft.
Ein gestreiftes Eichhörnchen hat den Kieselstein verschoben, der die steinerne Schwelle vor der Hütte trug. Sie lächelt, als ihre Sinne dem Eichhörnchen folgen. Doch dann verlöscht ihr Lächeln. »Zurück an die Arbeit, Megaera. Er ist nicht der einzige, der so zäh wie grüne Eiche sein kann.«
Schweiß strömt über ihr gerötetes Gesicht. Sämtliche Muskeln schmerzen, doch lässt sie nicht nach, bis sie ihren Körper nicht mehr ins richtige Muster pressen kann. Dann richtet sie sich auf und holt tief Luft. Sie hat den schweren Tisch und die Stühle in eine Ecke geschoben, um zumindest ein bisschen Platz zu haben.
Gleich trifft sie sich mit Klerris zum Unterricht in theoretischen Grundlagen, den ihr Mitregent zu verachten scheint.
Mit einem feuchten Tuch kühlt sie sich das erhitzte Gesicht. »Ich muss wirklich Klerris’ Tricks lernen, um Schmutz von mir zu entfernen, nicht nur von der Kleidung.«
Dann kämmt sie das Haar, steckt es aus dem Gesicht und streicht über die grauen Arbeitshosen und die Bluse, ehe sie die Hütte verlässt.
Etwas oder jemand wartet hinter der Ecke der Hütte.
Feuer? Sie schüttelt den Kopf und hebt schnell den schweren schwarzen Stein, der als Türstopper dient. Sie spürt die lustvolle Erwartung eines Mannes, der mit dem Dolch in der Hand hinter der Hütte auf sie lauert. Als Antwort auf seinen Hass dreht sich ihr der Magen um.
Megaera schleicht langsam mit dem erhobenen Stein weiter. Sie hat erspürt, wo der Mann steht. Jetzt lässt sie einen Fuß schleifen und pfeift leise, ganz leise, und wirft ein Bild auf den Pfad, auf dem er sie erwartet.
Der Mann mit dem Bart springt vor und streckt die Arme aus, um …
Da schlägt sie mit aller Kraft zu und springt zurück.
Megaera blickt auf den halb bewusstlosen Mann, der aufstehen will. Immer noch sprudelt er vor Gier und Hass. Schnell stößt sie seinen Dolch mit dem Fuß fort und hebt wieder den Stein. Diesmal zielt sie besser.
Reglos liegt der Bärtige da. Ihr schlägt die Welle aus Chaos und menschlicher Bösartigkeit entgegen, die diesen Mann vollständig ausfüllt, obgleich er bewusstlos ist und im Sterben liegt.
Sie schluckt die Galle, die in ihr aufsteigt. Creslin hat sie den Wert der Schnelligkeit gelehrt. Sie greift zum Dolch.
Soll sie ihn seiner Männlichkeit berauben? Doch das wäre zu grausam … und zutiefst abstoßend. Stattdessen schlitzt sie ihm die Kehle auf. Der Mann wäre ohnehin an dem zertrümmerten Schädel gestorben.
Dann legt sie den Stein zurück und steckt den Dolch in den Gürtel. Die Leiche schleppt sie zurück zur Feste. Anschließend glättet sie ihre Kleidung und scheint gefasster zu sein, als sie in Wahrheit ist.
Joris nähert sich, gefolgt von Creslin und Hyel.
»Was …?«
»Licht!«
Nur Creslin sagt nichts, schaut sie bloß an. Seine grünen Augen wirken so leer wie die Wogen des Meeres.
Sie starrt Hyel an. »Ich schätze es ganz und gar nicht, wenn ein Soldat mir Gewalt antun will. Ich hoffe, eure Nachlässigkeit in Zukunft nicht mehr beheben zu müssen. Beim nächsten Mal werde ich nicht so nett sein und kalten Stahl benutzen.« Bei dieser letzten Erklärung dreht sich ihr der Magen um. Am liebsten würde sie Creslin in Grund und Boden verdammen, weil er sie mit seinem empfindlichen Sinn für Ordnung so durcheinander bringt.
Sie schenkt seinem Lächeln keinerlei Beachtung, obgleich sie ihm am liebsten ins Gesicht geschlagen hätte, um ihm klarzumachen, was mit ihr geschieht.
Sie lässt Hyel nicht aus den Augen, bis er die seinen niederschlägt, obgleich er sie um einen Kopf überragt.
»Jawohl, Regentin«, flüstert der Hauptmann der Garde schließlich.
»Ich überlasse dir die Leiche und sämtliche Formalitäten. Guten Tag.« Sie quält sich ein Lächeln ab und wird belohnt, als Hyel und Joris
Weitere Kostenlose Bücher