Türme Der Dämmerung
bist, wenn ich zurückkomme.«
»Wohin könnte ich schon gehen, teurer Gatte?«
Er verlässt den Raum.
›Wohin könnte ich schon gehen, teurer Gatte?‹ Die Worte klingen nach. Ja, in der Tat, wohin könnten sie gehen?
»Alles in Ordnung?« fragt Klerris, der knapp zwanzig Ellen vor einer noch armseligeren Zelle mit steinerner Liegestatt steht.
Creslin schüttelt den Kopf und blickt hinab zur Pier, zur Greif und zu den Pferden, die er holen will.
Der ältere Magier lächelt vielsagend. »Nach all den Jahren kann ich immer noch nicht behaupten, dass ich Lydya verstehe.«
»Nach all den Jahren?« Creslin stutzt. »Ist Lydya so alt wie du?«
Klerris lächelt verlegen. »Na ja, sie hat die innere Ordnung weit besser unter Kontrolle als ich. Sie ist … ein bisschen älter.«
Creslin lässt seine Sinne um den Mann spielen. Die Worte klingen aufrichtig. Klerris steht so ruhig und so fest da, wie Creslin es aus dem Umgang mit Ordnung kennt. »Was kannst du noch, abgesehen davon, ewig zu leben und Menschen zu heilen?«
Klerris schürzt die Lippen. »Nun, ein wenig Kontrolle über das Wetter. Ansonsten nicht viel. Ein Ordnungs-Magier beschränkt sich hauptsächlich darauf, zu heilen und Dinge zu verstärken. Wir können etliche Trugbilder schaffen, die keinerlei Chaos erfordern. Zum Beispiel in Luft auflösen. Wir können Menschen in Schlaf versenken, ohne ihnen ein Leid zuzufügen. Und wir sind für gewöhnlich sehr gut zu Pflanzen.«
»Pflanzen?«
Klerris deutet auf eine armselige Blüte, die an einer Dornenranke von einer Felsmauer herabhängt, keine sechs Schritt von Creslin entfernt. »Sieh genau hin. Es ist nicht besonders auffällig, aber …«
Von Klerris fließt plötzlich ein Kraftstrom in die blaue Blüte … die Blütenblätter werden kräftiger, die Farbe leuchtender.
»Lydya und Marin können aus dem Samen eines Birnenapfels tatsächlich eine Frucht hervorbringen, die süßer oder herber, größer oder kleiner wird.« Er zuckt die Achseln. »Aber die meisten Menschen hegen keinerlei Interesse an Pflanzen oder an Wundern, deren Ergebnisse sich erst nach einigen Jahren zeigen.«
»Ja, das glaube ich gern. Magie soll immer sofortige Ergebnisse liefern.«
Wieder lächelt Klerris wie ein kleiner Junge. »Magie selbst ist schnell, nur die Ergebnisse erfordern Zeit. Und im Gegensatz zu unseren Freunden, den Weißen Magiern, erzielen wir mit unserem Können Ergebnisse, die sehr schwer zu beseitigen sind.«
Creslin blickt zur Greif. Freigr ist soeben zurück an Bord gegangen. Die beiden Pferde stehen angebunden auf der Pier.
»Darüber muss ich nachdenken«, sagt Creslin. »In der Zwischenzeit werde ich die Pferde holen. Ich glaube, der gute Kapitän möchte Recluce möglichst bald verlassen.«
LXXI
I n der Mitte des weißlichen Spiegels sieht man eine schwarze Feste auf einer schwarzen Klippe. Die schwarzen Mauern schimmern, als wären sie nicht echt.
Der Erzmagier bewegt vor dem Spiegel die Lippen, doch die Worte bleiben unhörbar. Dann runzelt er die Stirn, erhebt sich und geht auf das einzige schmale Fenster in der dicken Mauer zu.
Jemand klopft.
»Herein!«
Hartor schiebt sich durch die Tür. »Hast du gehört?«
»Bah, ich habe es gefühlt. Wer hätte das nicht? Die gesamte Welt hat aufgeschrien. Ich wollte es im Rat nicht zur Sprache bringen.« Der Erzmagier deutet auf einen Stuhl und setzt sich selbst in den Stuhl mit der hohen Lehne.
Hartor nimmt Platz und schaut auf den leeren Spiegel. »Hast du eine Idee?«
Jenred nickt langsam und verzieht verächtlich die Mundwinkel. »Ja, ihn in Ruhe lassen.«
»Aber gerade du hast doch behauptet …«
»Es spielt keine Rolle, was ich behauptet habe. Bezüglich seiner Macht habe ich mich geirrt, nicht jedoch, was seine Neigungen betrifft.«
»Und wie werden wir mit ihm fertig?«
»Lass den Gesandten aus Hamor wissen, dass Creslin auf der Insel die aus Westwind gestohlenen Schätze des Himmels aufbewahrt. Die Spione Westwinds sollen glauben, dass Hamor plant, Recluce anzugreifen.«
»Oh. Wird das gelingen?«
»Übe Zwang auf die Hamoraner aus. Dort wird niemand etwas überprüfen, weil man dort nicht an Magie glaubt.«
»Irgendwelche besonderen Bilder?«
»Man könnte die Lanzen im Winter versuchen. Du weißt, die aus der Legende.«
»Haben sie je tatsächlich existiert?«
»Wer weiß.« Jenred zuckt mit den Schultern. »So was mögen sie aber mit Sicherheit und dürften mutig genug sein, um Landende anzugreifen. Die Marschallin
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