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Türme Der Dämmerung

Titel: Türme Der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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Dachs der Welt und den Pulverschneeabfahrten nach.
    Tust du das wirklich? fragt er sich selbst und erinnert sich an die Schneelöcher, in die er geraten war. Nein, nicht wirklich …
    Er blickt die Straße zurück nach Westen. Nichts ist zu sehen. Er wandert abwechselnd auf dem kaum knöchelhohen Schnee an der Straßenseite und in der Lehmrille. Der Lehm gibt ein wenig nach, er ist nicht mehr gefroren, aber auch noch nicht aufgetaut.
    Dann marschiert er genüsslich mit der Sonne im Rücken weiter nach Osten. Nach so langer Zeit auf Skiern genießt er es zu gehen. Doch der Reiz des Neuen wird bald verblassen, auch weil die Sonne schon tief am westlichen Himmel steht.
    Ob es Schutzhütten an der Straße nach Gallos gibt? Er weiß es nicht und ist auch nicht sicher, ob es klüger ist, sie aufzusuchen oder zu meiden. Die Münzen in seiner Börse werden nicht lange reichen, und die schwere Goldkette, die er im Gürtel versteckt hat, ist zu wertvoll, um sie zu zeigen. Selbst ein einziges Kettenglied würde seine Herkunft verraten und ihn zur Zielscheibe machen.
    Wenigstens ist die Garde noch nicht bis hierher, so weit nach Osten, vorgedrungen. Noch nicht.

 
XVII
     
    D ie Hammerschläge auf das schwere Stemmeisen hallen durch die fast leere Schmiede.
    Eine rothaarige Frau kniet auf dem steinernen Boden und legt ein Handgelenk auf den Amboss.
    »Einen hätten wir, Euer Gnaden.« Der Schmied hält den Hammer und blickt die blonde Frau in der weißen Kleidung der Tyrannin an, die neben dem Amboss steht.
    »Nur zu, schlag auf den anderen«, befiehlt Ryessa.
    Die kniende Frau presst die Lippen zusammen.
    »Wie Ihr wünscht, Euer Gnaden.« Der Hammer fällt.
    »Danke«, sagt die Rothaarige zum Schmied und steht auf. »Dir auch Dank, Schwester.«
    »Eine Eskorte erwartet dich, Megaera.«
    »Eine Eskorte?«
    »Nach Montgren. Ich dachte, das würde dir deine Aufgabe etwas erleichtern. Ich habe mich an den Herzog gewandt …«
    »Was hat es dich gekostet?« Megaera betastet die dicken Narben an den Handgelenken, als könne sie nicht glauben, dass die eisernen Fesseln verschwunden sind.
    »Genug.« Die Stimme der Tyrannin klingt bitter. »Ich hoffe, du und dein Geliebter seid es wert.«
    »Er ist nicht mein Geliebter und wird es nie sein.«
    Die Tyrannin schüttelt den Kopf. »Wer könnte es sonst werden?«
    »Glaubst du, dass ich mir von dir und Dylyss vorschreiben lasse, wen ich zu lieben habe? Vielleicht muss ich Creslin am Leben erhalten, um mich zu retten. Doch das heißt nicht, dass ich einem Mann meinen Körper überlassen muss, als wäre ich nichts als eine … Sklavin in Fesseln?«
    »Das habe ich nicht gemeint. Außerdem wirst du mich auf vielfältige Weise entschädigen.«
    Megaera hebt die Hände. Unwillkürlich weicht die Tyrannin zurück.
    »Jawohl, Schwesterherz, zu Recht fürchtest du mich«, erklärt die Rothaarige. »Aber ich bezahle meine Schulden, auch diese.«
    »Versuche nicht, sie zu begleichen, ehe du die westlichen Länder verlassen hast. Drei Wachen sind bei dir.«
    »Weniger hätte ich kaum erwartet.« Megaera lässt die Hände sinken. »Seltsam, aber ich stehe in deiner Schuld.« Sie macht eine Pause. »Im Gegensatz zu dir habe ich nie vergessen, dass wir Schwestern sind.« Sie geht zur Steintreppe, die zu den Stallungen führt. Unsichtbare Bänder aus Feuer umschließen noch immer die Handgelenke. Sie hat Mühe zu atmen, doch sie schluckt und hält den Kopf hoch erhoben.

 
XVIII
     
    D as Echo des Liedes, das der unbekannte Vogel singt, hallt in der Abenddämmerung, als Creslin vor sich nur die leere Straße und die kahlen Bäume zwischen den grünen Fichten sieht.
    Die Sonne ist längst hinter den immer noch so fernen mittleren Höhen der Westhörner versunken. Er ist fast drei Meilen auf der Straße dahinmarschiert.
    Jetzt senkt sich der Abend, doch keine Herberge ist in Sicht. Trotz der schweren Stiefel spürt er bei jedem Schritt die Härte der gefrorenen Lehmstraße. Wie viele Meilen hat er seit dem Verlassen des Dachs der Welt in über einem Achttag hinter sich gebracht?
    Seine Gedanken schweifen zurück zu seinen Lektionen und zur Legende. Warum kamen die Engel zum Dach der Welt? Waren die Menschen tatsächlich so blind? Wie konnte jemand glauben, dass weder Männer noch Frauen allein aufgrund ihres Geschlechts das Recht hatten zu regieren?
    Er stellt einen Fuß vor den anderen und hält ständig Ausschau nach einem Unterschlupf für die Nacht. Irgendwie kann er eine Unterkunft erspüren. Keine

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