Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Türme Der Dämmerung

Titel: Türme Der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
Vom Netzwerk:
der Flasche für Schmelzwasser, die er in der Hose trägt. Schnell füllt er sie wieder mit Schnee. Zum Abschluss verzehrt er ein Stück harten Käse und verstaut dann alles wieder.
    Abgesehen von dem leichten Rauschen der Äste im Wind herrscht Stille im Wald. Er packt zusammen und verwischt die Spuren des Nachtlagers. Dann bricht er auf. Die Spuren vom Vortag sind so verweht, dass er sicher ist, die Garde wird ihn nicht finden.
    Mit langen Schritten gleitet er dahin. Als die Sonne durch die Wolkendecke bricht, hat er bereits zwei Meilen durch die Höhen und Täler des Hochwalds zurückgelegt. Er fährt nach Nordosten, den östlichen Gipfeln der Westhörner entgegen.
    Er hört nur das Gleiten der Skier durch den Schnee. Die Nordostroute, die er eingeschlagen hat, bietet weder Straßen noch Pfade, doch er weiß, dass die Garde ihn auf einer nicht verschneiten Straße schnell finden würde.
    Proviant hat er für einen Achttag, Marschverpflegung. Zum Trinken schmilzt er mit Hilfe seiner Körperwärme Schnee in der Flasche. Das hat er während der Wintermanöver gelernt, ehe seine Mutter diese Ausbildung für unziemlich erklärte.
    Gleiten, heben, gleiten … Elle für Elle, bis zur nächsten Rast. Dann gleiten, heben, gleiten … heben, gleiten …
    Im Laufe des Tages frischt der Wind aus Norden auf. Unter den Baumriesen ist der Schnee uneben. Selbst die kleineren Stämme kann er mit beiden Armen höchstens zu einem Drittel umfassen.
    Creslin konzentriert sich auf den Bergrücken, immer gen Norden. Er richtet sich nach dem pyramidenförmigen Gipfel in der Ferne.
    Gleiten, heben …
    Wumm! Er ist in eine tiefe Mulde geraten und sitzt bis zur Brust im Schnee. Ein Ast bietet Hoffnung, doch als er sich daran hochziehen will, bricht er. Mehr Schnee schiebt sich in seine Kleidung.
    Seufzend zieht Creslin die Skier behutsam Zoll für Zoll heraus. Jede hastige Bewegung wäre ein Fehler, zudem liegt auf den Brettern eine schwere Schneelast. Immer wieder muss er innehalten, um Luft zu schöpfen.
    Endlich gelingt es ihm, sich auf die feste Schneedecke heraufzuarbeiten. Der Wind treibt eisige Flocken gegen sein erhitztes Gesicht.
    Er trinkt einen Schluck Wasser und isst ein Stück halb gefrorenen Käse.
    »Weiter, Creslin, du edler Narr!«
    Viel zu früh wird es dunkel. Creslins Beine schmerzen trotz der häufigen Ruhepausen ständig. Selbst auf sanften Hängen stürzt er nun immer wieder.
    Die Bergbarriere scheint nicht näher gekommen zu sein, und der Wind wird immer stärker und treibt dichten Schnee in sein Gesicht.
    Gleiten, heben, gleiten …
    Ist das ein Schatten hinter der hohen Fichte? Oder hinter dem Gebüsch?
    Gleiten, heben, gleiten …
    »Jetzt reicht’s!«
    Creslin setzt sich auf einen umgestürzten Stamm und löst die ledernen Riemen der Skier. Nicht der geeignetste Platz, doch für heute Nacht muss er genügen.
    Mit abgebrochenen Zweigen gelingt es ihm nach geraumer Zeit, unter dem Stamm ein Feuerchen zu entzünden, um sich ein wenig aufzuwärmen. Er zwingt sich, etwas zu essen und zu trinken und nicht sofort einzuschlafen, sondern das Feuer mit Zweigen länger zu schüren.
    Der Schnee verbirgt die Schatten. Der Schnee fällt so dicht, dass seine Spuren sogleich verdeckt sind.
    Zum ersten Mal fragt Creslin sich, ob er alles lebend überstehen wird.

 
XV
     
    » I mmer noch kein Wort von den Straßenposten oder unseren Quellen in Westwind. Die Marschallin lehnt jegliche Trauer ab, aber die halbe Garde trägt einen Trauerflor am Ärmel, wenn die Soldatinnen nicht in ihrer Nähe sind.«
    »Es ist, als hätte er sich in Luft aufgelöst. Wie konnte sie das zulassen? Sie begreift ihn einfach nicht.« Frewya blickt verwirrt drein.
    »Weißt du, ob das eine Tatsache ist?« fragt Ryessa.
    »Was meinst du?«
    »Westwind muss immer von einer Tochter regiert werden. Das heißt aber nicht, dass sie ihren Sohn nicht liebt oder dass sie ihm gegenüber blind ist.« Die Tyrannin runzelt die Stirn. »Es gab ein Gerücht, wonach Dylyss ebenfalls die Gabe besaß.«
    »Wenn das stimmt, wäre es grauenvoll.«
    »Warum? Sie darf sich dieser Gabe nicht bedienen. Außerdem geht es gar nicht darum. Obgleich es erklären würde …«
    »Warum hat sie ihn auf Skiern in die Winterstürme fahren lassen?«
    »Frewya, der Junge durfte mit der Garde trainieren und war auf Skiern besser als die meisten anderen. Unsere Quellen berichten, dass er mit den Übungen auf eigene Faust weitergemacht hat, nachdem seine Mutter ihm verboten hatte, an der

Weitere Kostenlose Bücher