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Türme Der Dämmerung

Titel: Türme Der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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kleineren Granitbrocken zwischen die Quader auf den Boden fallen.
    »Der nächste!«
    Der Mann, der keinen Namen hat – jedenfalls kann er sich nicht an einen erinnern –, nimmt den leeren Korb auf und marschiert zurück zu den Magiern in Weiß.
    Da ertönen schrille Pfiffe.
    »Zurück, zurück, ihr Idioten!« ruft einer der weißen Männer, der ein Schwert und einen engen weißen Helm trägt. »Du! Silberkopf! Hinter die Barriere, stell dich neben den Fels.«
    Der Arbeiter ohne Namen gesellt sich zu dem Dutzend Gestalten, die sich hinter die niedrige Mauer ducken, die auf Holzbalken ruht.
    »Schließt die Augen!«
    Der silberhaarige Mann erinnert sich an die Schmerzen und gehorcht. Hat es je eine Zeit ohne Schmerzen gegeben? Er spürt, dass es einst eine solche Zeit gab.
    Ein Blitz, greller als die Mittagssonne, zuckt über das Antlitz der Felsen am Rand der Schlucht.
    Fünfzig Ellen tief spaltet sich der solide Fels in Brocken, die sich unten zu einer Pyramide auftürmen. Steinstaub ballt sich wie ein Pilz im Morgenlicht zusammen und lässt die scharfen Umrisse der Felswände verschwimmen.
    »Kopf hoch. Aufladen!« ruft der Soldat.
    Die beiden Magier gehen langsam und müde zurück zur goldenen Kutsche, die am Ende der fertigen Straße wartet.
    Der silberhaarige Mann ohne Namen blinzelt, als der jüngere Magier auf Armeslänge vorbeifährt. Er vermag die Erinnerung nicht zu fassen, fühlt nur, dass er etwas wissen sollte, es jedoch nicht vermag.
    »Aufladen, ihr Idioten! Du auch, Silberkopf!«
    Die Erinnerung verfliegt wie die Schatten, als die Sonne über den südöstlichen Rand der Schlucht steigt und auf die Straßenarbeiter herabscheint. Der Mann ohne Namen blinzelt und geht auf den Haufen Granit zu, der weggeschleppt werden muss, entweder um Ritzen zu füllen oder damit Steinmetzen die Brocken behauen. Dann kommen die Magier in Schwarz und fügen Steine und Mörtel zusammen. Er hat zwar die Männer in Schwarz gesehen, vermag sich jedoch nur an das zu erinnern, was man ihm über deren Taten erzählte. Auf alle Fälle werden die Steine verarbeitet, und die Straße wird weiter nach Westen vorrücken, dem Sonnenuntergang entgegen.
    »Aufladen!« ertönt wieder der Befehl.
    Seine Schritte führen ihn zu der Laderampe, die andere Gefangene neben die Steinpyramide schieben, noch ehe der Staub sich gelegt hat.
    »Nur die grauen Steine …«
    Die Worte rauschen an ihm vorbei, während er in der Schlange der Männer steht, die wie er Körbe tragen.
    Hinter ihm ertönen wieder die Hämmer der Steinmetzen. Man füllt die Körbe der Männer mit grauen Steinen. Als der Korb des Mannes ohne Namen voll ist, geht er über die Planken hinüber zur Abladestation. Wieder beugt er sich vor und blickt in die aufgehende Sonne.
    »Der Nächste!«
    Schwere Stiefel schützen seine Füße vor den Splittern der Planken und den scharfen Kanten der Steine, doch nicht vor Blasen. Sein rechter Stiefel ist innen feucht vor Blut. Bei jedem Schritt durchzuckt Schmerz sein Bein.
    »Silberkopf!«
    Ausdruckslos schaut er den Soldaten an.
    »Abladen – und dann geh zum Zelt der Heilerin. Anschließend meldest du dich hier zurück.« Der Soldat ist nicht so groß wie der Mann ohne Namen, doch er trägt ein Schwert und unterstreicht seine Worte mit einer Streitkeule aus weißer Eiche.
    Der Mann ohne Namen sieht einen weißroten Schein um das Schwert in der Scheide. Der gleiche Schein umgibt sämtliche Schwerter der Soldaten, die so schneiden wie das Feuer, das sie enthalten.
    Hinkend leert er den Korb, dann schleppt er sich zu dem Zelt mit dem weißen Banner, auf dem ein einziges grünes Fingerblatt prangt. Dort stellt er den Korb ab.
    Die Frau in der grünen Bluse und den ebenfalls grünen ledernen Beinkleidern und Stiefeln mustert ihn. »Der rechte Fuß?«
    Er nickt.
    »Setz dich.« Sie deutet auf eine Holzbank. »Zieh den Stiefel aus.« Ihre Stimme klingt sachlich.
    Ihm gefällt die Musik in ihren Worten, obgleich sie so tief verborgen ist. Lächelnd nimmt er Platz und zieht den rechten Stiefel aus. Von der blutigen und eitrigen Wunde an der Ferse verlaufen dünne rote Linien nach oben.
    Die Frau schüttelt den Kopf und redet, als wäre er nicht anwesend. »Idioten. Wie kann man nur zu große Stiefel für bloße Füße ausgeben.« Sie berührt die Haut um die Wunde. Er zuckt zusammen, weil er Schmerz erwartet, doch ihre Finger sind so zart, dass er nichts spürt.
    »Hmmm … nicht allzu schlimm.« Sie taucht ein weißes Tuch in eine scharfe

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