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Türme Der Dämmerung

Titel: Türme Der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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Heilerin.
    »Schau dir Fairhaven an und wie sich die Dinge dort entwickeln. Dann wirf einen Blick auf Sarronnyn und beantworte die Frage.«
    »Und was ist mit Westwind?« Die Heilerin schürzt die Lippen.
    »Die Marschallin ist beinahe so schlimm wie der Erzmagier. Wie Werlynn es mit ihr ausgehalten hat … nun ja, er hat sie geliebt.« Der Mann in Schwarz schüttelt den Kopf. »Und er ging nur dorthin, um seine Pflicht zu erfüllen. Sein Sohn ist ein Wunder, und wir sind es ihm schuldig.« Er mustert die Heilerin. »Bist du willig, die Erinnerungsblockade von ihm zu nehmen? Wenn sie deine Bemühungen entdecken, könnte es dich das Leben kosten.«
    »Sie werden es nicht herausfinden. Er war schon einmal bei mir, und ich habe den Prozess in Gang gesetzt. Vielleicht vermag er den Rest aus eigener Kraft zu schaffen. Wenn nicht, kann ich es so lenken, dass er geistesgestört wirkt.«
    »Du willst doch nicht etwa Zwang ausüben?« Vor Verachtung versagt ihm beinahe die Stimme.
    »So tief bin ich nicht gesunken, Klerris. Er ist klug und kämpft noch immer in dem Weißen Gefängnis. Er kann sprechen und verstehen, was in der Tat einem Wunder gleichkommt. Nächstes Mal werden sie ihn nicht erwischen.«
    »Wenn er entkommt …«
    Sie blickt zu Boden. »Für uns besteht keinerlei Wagnis. Entweder er entkommt, oder sie töten ihn.«
    Beide schweigen eine Zeitlang. Schließlich steht sie auf. »Tu für das Bein, was du kannst.«
    »Das ist ein Kinderspiel, verglichen mit …«
    Sie winkt ab. »Die Weißen dienen allein dem Chaos. Wenn wir nicht für das Gleichgewicht eintreten, wer sonst?«
    Ihre Worte hallen noch lange in seinem Kopf nach, nachdem er die Stufen hinaufgestiegen ist und unter den misstrauischen Blicken der Wachen begonnen hat, das zersplitterte Bein des Gefangenen zu behandeln.

 
XXXVIII
     
    D ie Rothaarige blickt wieder in den Spiegel. Ihre Stirn und die Wangen sind feucht, das Haar schweißverklebt.
    An der mit dunkler Eiche getäfelten Wand brennen zwei Öllampen, die nur flackern, wenn sie ihre Gedanken in die silbernen Tiefen vor sich schickt.
    »Ich verdamme dich … verdammt …«
    Sie spürt die hauchdünnen Fäden … die Berührung der Weiße … und die Wirbelwinde unter dieser Barriere. Sie schleudert ihre Energien entlang dieser dünnen Linie von Schweiß und Blut.
    Plötzlich zerspringt der Spiegel auf dem schweren Eichentisch. Die Lampen hinter ihr sind verloschen.
    Blut quillt aus einer Schnittwunde über der weißen Narbe am linken Handgelenk. Sie lässt den Kopf auf die Arme sinken. Tränen, Blut und Glas vermengen sich, als Schluchzen ihren Körper schüttelt.
    »Verdammt … Creslin … ich verdamme auch dich, Schwester …« Die Worte gleichen einem Zischen.
    Hinter ihr öffnet sich leise die schwere Tür. Ein kleiner, schlanker Mann, in Grün und Gold gekleidet, steht im Licht der Lampen auf dem Korridor. Man sieht die weißen Strähnen im roten Haar und die Falten auf seiner Stirn.
    Er betrachtet die zusammengesunkene Gestalt, die Scherben und die erloschenen Lampen. Dann öffnet er den Mund, schließt ihn jedoch wieder, ohne etwas zu sagen. Stumm macht er ein Schutzzeichen mit der Hand, dann schließt er die Tür leise hinter sich.
    Drinnen dauern die Krämpfe und das Schluchzen an.

 
XXXIX
     
    D er Mann ohne Namen hinkt in den Wagen, den rechten Stiefel trägt er in der Hand. Er beachtet den Wächter nicht, der ihm vom Wassertrog her gefolgt ist.
    »Nach Einbruch der Dunkelheit ist Herumstreunen verboten«, weist der Wächter ihn barsch zurecht. Er ist ein zaundürrer Mann. Im Gegensatz zu den Tageswachen tragen die Soldaten, die nachts Wache halten, Messer und Schwerter. Der silberhaarige, hinkende Mann sieht deutlich den weißroten Schein um die Klingen.
    »Die Heilerin hat gesagt …«
    »Ehe es dunkel wird, Silberkopf. Du kennst die Regeln.«
    Der Gefangene geht unbeirrt weiter zum Wagen mit den Pritschen. Er hat festgestellt, dass er in der Dunkelheit ebenso gut sehen kann wie am Tag. Wieder hat er das Gefühl, er hätte es eigentlich wissen müssen, doch seine Gedanken stoßen immer nur in eine unermessliche Leere, wo Erinnerungen hätten sein sollen.
    Er hört die Stimmen der anderen Gefangenen im Wagen.
    »Immer müssen die Wachen einen drangsalieren.«
    »Das ist nun mal ihr einziges Vergnügen. Würfel, Wein, Weib und Gesang, erinnert ihr euch? Wein gibt’s hier nicht. Die einzigen Weiber sind die Wachsoldatinnen, und die sind härter als die Männer. Und ihr wisst, was

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