Türme Der Dämmerung
sich nicht mehr übergeben.
Eis? Die erforderliche Menge Eis brächte die gleichen Probleme wie ein heftiger Sturm.
»Segel ahoi!«
Der Ruf des Jungen aus dem Krähennest erinnert Creslin daran, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleibt.
Während der letzten beiden Tage ist Klerris durchs Schiff gegangen und hat vor sich hin gemurmelt. Dabei hat er die Ordnung in den Planken, Masten und Verbindungsstellen, sogar im Tauwerk und an den Segeln verstärkt. Diese Verstärkung ist so auffällig, dass sogar die Mannschaft sich zuraunt, wie viel solider das Schiff jetzt aussieht.
»Na, schon eine Lösung gefunden, junger Freund?« Die Stimme des Magiers klingt müde.
Creslins Augen wandern von Megaera, die am Bug steht und den kleinen weißen Punkt am Horizont betrachtet, zu dem Mann in Schwarz. In Klerris’ ebenholzschwarzem Haar sind weiße Strähnen zu sehen, die über Nacht gekommen sind.
»Wenn man so schwer arbeitet, macht sich das Alter bemerkbar«, erklärt Klerris als Antwort auf Creslins Musterung.
»Was würde geschehen, wenn wir ihnen schlicht aus dem Weg gingen?«
»Das halte ich nicht für möglich.« Klerris streicht sich übers glattrasierte Kinn. »Wenn wir sie umrunden, fahren sie nach Landende. Sie sind stark genug, um die Stadt samt der Feste des Herzogs einzunehmen. Oder sie versenken die Greif, wenn Kapitän Freigr ausläuft. Auf keinen Fall werden sie aufgeben.«
»Dann müssen wir alle drei versenken, um sicher zu sein. Doch das wird der Erzmagier auch nicht auf sich beruhen lassen. Wie können wir uns je aus dieser misslichen Lage befreien?«
Klerris lächelt. »Gar nicht. Bist du einmal ein Magier, musst du derartige Entscheidungen für den Rest deines Lebens fällen.« Sein Gesicht wird ernst. »Falls du jedoch diese Entscheidungen nicht fällen wirst oder elendig lange zauderst, verlierst du – oder die Menschen um dich – das Leben. Das war für die meisten von uns Schwarzen das Problem. Wir verabscheuen Gewalt und Töten. Wir brauchen ein Land, das auf Ordnung gegründet und von den Weißen und den Kämpfen um die Legende getrennt ist.«
»Klingt großartig«, erwidert Creslin. »Aber der Ausguck hat bereits die ersten Segel der Magier-Schiffe gesichtet, und ich zermartere mir immer noch das Hirn und suche nach einem Ausweg.«
»Du bist ein Krieger. Du wirst einen Weg finden. Dir steht ein Ozean voll Luft und ein Ozean voll Wasser zur Verfügung.«
»Danke.«
»War mir ein Vergnügen.« Klerris geht zum Bug.
Wasser? Creslin hat noch nie versucht, das Wasser zu beeinflussen, abgesehen vom Entfernen des Salzes. Er schickt seine Sinne in die grünen Fluten und schrickt zurück. Das Wasser ist zu schwer, viel zu schwer und zu kalt. Doch die Luft trägt Wasser, und dieses Wasser muss von irgendwoher kommen. Die Winde holen es von den Flüssen, Seen und Ozeanen. Er geht zum Heck und holt mit einem Eimer Wasser herauf. Dabei kümmert er sich nicht um die verwunderten Blicke Gossels, der am Ruder steht.
Dann stellt Creslin den Eimer auf die Reling und konzentriert sich. Über dem Eimer bildet sich eine kleine, dann größer werdende Wasserhose. Er staunt und verliert die Konzentration. Sofort fällt die Wasserhose in sich zusammen. Doch etwas nagt in seiner Erinnerung. Er leert den Eimer.
»Segel ahoi!« Der zweite weiße Schoner ist gesichtet. Creslin geht zum Steuermann.
»Aye, verehrter Magier?«
»Was ist das Schlimmste, das einem Schiff zustoßen kann?«
»Feuer.«
»Ich meine etwas Natürliches, wie ein Sturm oder Eis oder …«
Gössel denkt nach. »Ich habe von Wasserhosen gehört, die in südlichen Meeren ganze Schiffe so hoch heben, dass sie beim Herabstürzen entzweibrechen.«
»Geschieht das während Gewittern?«
»Aye, niemals ohne Gewitter.«
Creslin nickt gedankenverloren und geht fort.
»… Dunkelheit stehe uns bei, wenn er eine Wasserhose heraufbeschwört.«
»… Licht helfe uns, wenn er nichts unternimmt.«
Freigr kommt von unten und begibt sich zu Creslin. Doch dieser unterbindet jede Frage mit einem kalten Blick und geht an ihm vorbei auf Klerris zu, der sich mit Megaera unterhält.
Megaera will gehen. »Bleib«, sagt Creslin und fühlt nach den Winden. Megaera zieht die Brauen hoch. Klerris nickt. Sie bleibt.
»Siehst du eine Möglichkeit, die Greif und ihre Besatzung zu retten, ohne die drei Schiffe der Weißen zu zerstören?« fragt Creslin Klerris.
»Nein, ich sehe keine, auch nicht, wie man die drei vernichtet«, antwortet Klerris.
»Würdest du
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