Türme Der Dämmerung
und Wüsten haben stets großen Einfluss auf die Winde und das Wetter. Die Meere ebenfalls. Es hat mit Hitze und Kälte zu tun.« Klerris schaut nach Süden, wo sich die Küste schwach abzeichnet.
Creslin wünscht sich, Klerris möge weitersprechen, doch der Schwarze Magier sagt nur, was er sagen will, und schweigt dann. Wahrscheinlich eine gute Angewohnheit, denkt Creslin und wundert sich, dass der Magier die Felsspitzen auf der Insel ›Berge‹ nennt. Im Vergleich zu den Ost- und Westhörnern erreichen sie kaum die Höhe der Vorgebirge.
»Vielleicht erinnerst du dich, dass warme Luft aufsteigt und kalte Luft schwerer ist.« Klerris geht zum Ruder, wo Freigr neben dem Steuermann steht.
»An komplexe Tatbestände bist du nicht gewöhnt, richtig?« fragt Megaera.
»Du hast recht, aber ich habe den Eindruck, dass viele Menschen die Dinge schwieriger machen, als sie tatsächlich sind.«
»Ja, weil die meisten Menschen nicht so schlicht denken. Nicht, nachdem sie erwachsen wurden.«
Creslin atmet tief durch.
»Du kannst so stur wie die Berge sein, teurer Gatte.«
»Gatte, nur dem Namen nach.«
Beide starren wortlos auf das dunkle Meer.
Nach geraumer Zeit gehen sie in die Messe, wo die Hälfte der Mannschaft, sieben Mann, einen scharf gewürzten Eintopf verspeist. Dazu gibt es Zwieback, der so hart ist, dass Creslin nie etwas Härteres gegessen hat.
»Nicht mehr lang«, erklärt Freigr. »Am Nachmittag dürften wir Landende zu sehen bekommen.«
»Und was gibt es dort zu sehen?« fragt Megaera.
Ein Matrose mit weißem Bart lacht.
»Ein paar Fischerhütten, eine Pier, eine Mole, die für ein Fischerdorf viel zu groß ist, und die Festung des Herzogs. Das ist alles.« Freigr zermahlt einen Zwieback. »Doch als ich das dem Herzog erklärte, ist er dunkelrot geworden.«
Megaera und Creslin lächeln. Sie denken an Korweil. Megaera spitzt die Lippen. »Das klingt nicht gerade viel versprechend, nach all dem Wirbel, den man darum macht.«
Creslin isst schweigend weiter.
»Na ja, und dann ist da noch der Stall …«
Einige Seemänner grinsen.
Megaera schüttelt den Kopf, ihre roten Haare berühren die mit einer grauen Reisetunika bedeckten Schultern.
Creslin knabbert an seinem dritten harten Zwieback.
Klerris schließt sich dem Grinsen der Seeleute an.
»Nun, der Herzog hat eine Karte, auf der viele Gebäude eingezeichnet sind …«
LXVIII
H inter der Mole kommt Landende in Sicht. Die Beschreibung des Kapitäns war eher noch übertrieben.
Auf den Felsenklippen zu beiden Seiten des schmalen Hafens stehen keinerlei Gebäude. Die Mole aus unbehauenen Steinen ist zehn Ellen breit und ragt drei bis vier Ellen aus dem Wasser.
Neben der Pier steht ein kleines Haus aus schwarzen Steinen. Dahinter ragt ein nicht sehr steiler Hang auf, der mit spärlichen Büschen und Bäumen bewachsen ist. Vereinzelt stehen dort zehn Hütten. Das hohe Gras wiegt sich im Wind. Hinter diesem Hang folgt noch ein weiterer, etwas steilerer.
»In der Tat ein verlassener Ort«, bemerkt Klerris.
Von der Pier führt die einzige schmale Straße zur ersten Anhöhe und zu dem zweistöckigen Gebäude aus grauschwarzen Steinen hinauf, über dem das goldgrüne Banner Montgrens flattert.
»Wo werden wir wohnen? Ich sehe nur diesen zweitklassigen Bau da oben und einige abbruchreife Fischerhütten.« Megaera blickt nach Landende, während die Matrosen eilig die Segel einholen.
»Wir müssen uns eben unseren eigenen Palast erbauen«, schlägt Creslin spöttisch vor.
»Das meinst du ernst, nicht wahr?«
»Was bleibt uns denn übrig?«
»Ich kann bei den Balken helfen«, bietet Klerris sich an. »Allerdings müssen wir uns mit Kiefern begnügen. Hier gibt es keine Eichen – jedenfalls jetzt noch nicht.«
Verblüfft schauen Creslin und Megaera ihn an.
»Schwarze Magier lernen zusätzlich zu ihren magischen Fähigkeiten auch stets ein nützliches Handwerk«, erklärt Klerris. »Ab und zu arbeite ich mit Holz.«
»Regenten bauen ihren eigenen Wohnsitz … das ist doch lächerlich«, erklärt Megaera.
»Vielleicht«, stimmt Klerris ihr zu. »Doch habt ihr eine Wahl?«
Die Greif macht hinter einem Fischerboot an der Pier fest, das so leck aussieht, als würde es jeden Augenblick sinken. Freigr erscheint mit seinem grüngoldenen Rock, den er seit dem Auslaufen in Fairhaven nicht mehr getragen hat.
»Bringen wir’s hinter uns.« Er hält die Mappe mit den Dokumenten. »Während wir weg sind, sorgt Synder dafür, dass die Pferde
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