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Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Titel: Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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seinem fleischigen Gesicht aus.
    »Sieh mal einer an … der kleine Jerome. Was zum Teufel machst du hier?«
    »Ich bin hier, um meinen Freund zu besuchen«, erwiderte Will und betete, dass seine Stimme nicht schwankte. Er hatte das Gefühl, als würde er auf einem Ast klettern, und je weiter er sich hinauswagte, desto dünner und zerbrechlicher wurde dieser Ast. Wenn er jetzt das Gleichgewicht verlor, könnte der Sturz tödlich sein.
    »Und wer hat dir erlaubt hierher zu kommen?«, fragte der Polizist misstrauisch.
    »Na, was glauben Sie denn wohl?«, erwiderte Will und versuchte, zuversichtlich zu lächeln.
    Der Mann dachte einen Moment nach und musterte den Jungen von Kopf bis Fuß. »Tja, ich schätze … wenn man dich das Schädeltor hat passieren lassen, dann ist es wohl in Ordnung«, grübelte er und kam träge auf die Beine.
    »Man hat mir gesagt, dass ich ihn sehen dürfte«, sagte Will, »ein letztes Mal.«
    »Dann weißt du also, dass er heute Abend in die Verbannung geschickt wird?«, meinte der Polizist mit dem Anflug eines Lächelns. Will nickte und sah, dass dies die letzten Zweifel des Mannes zerstreute und auch sein Benehmen veränderte.
    »Du bist doch nicht etwa den ganzen Weg zu Fuß gekommen?«, fragte er. Ein freundliches, großmütiges Lächeln legte sein Gesicht in tiefe Falten. Diese Seite hatte Will an ihm noch nie gesehen, und das machte es für ihn umso schwieriger, die Sache durchzuziehen.
    »Doch, ich bin ziemlich früh aufgebrochen.«
    »Kein Wunder, dass du so verschwitzt aussiehst. Dann komm mal mit«, sagte der Polizist, hob die Klappe am Ende der Theke und trat hindurch, während er mit seinen Schlüsseln rasselte. »Hab gehört, du hast dich ziemlich gut eingelebt«, fuhr er fort. »Ich hab’s ja gleich gesagt … schon in dem Moment, als ich dich zum ersten Mal gesehen habe. ›Tief in ihm drin ist er einer von uns‹, hab ich dem Chef gesagt. ›Und er sieht auch aus wie einer von uns‹, hab ich gesagt.«
    Gemeinsam gingen sie durch die Eichentür in das Dämmerlicht des Zellentrakts. Der vertraute Geruch bereitete Will Übelkeit, als der Polizist die Zellentür öffnete und ihn hineinließ. Will brauchte einen Moment, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, dann sah er ihn: Chester hockte in einer Ecke auf dem Mauervorsprung, die Knie bis zum Kinn gezogen. Zunächst reagierte er nicht und starrte Will nur ausdruckslos an. Doch dann erkannte er ihn und sprang ungläubig auf die Beine.
    »Will?«, rief er fassungslos und starrte ihn mit weit aufgesperrtem Mund an. »Will! Ich kann’s gar nicht glauben!«
    »Hi, Chester«, sagte Will und versuchte, die Freude aus seiner Stimme zu verbannen. Er war froh, ihn zu sehen, aber gleichzeitig zitterte er vor Nervosität am ganzen Körper.
    »Bist du gekommen, um mich hier rauszuholen, Will? Heißt das, dass ich jetzt frei bin?«
    »Äh … nicht ganz.« Will wandte sich leicht ab; er war sich bewusst, dass der Polizist direkt hinter ihm stand und jedes Wort hören konnte.
    In dem Moment räusperte sich der Polizist verlegen. »Ich muss dich einsperren, Jerome. Ich hoffe, du hast Verständnis dafür – so sind nun mal die Vorschriften«, sagte er, zog die Tür zu und drehte den Schlüssel im Schloss.
    »Was ist los, Will?«, fragte Chester, da er spürte, dass irgendetwas nicht stimmte. »Hast du schlechte Nachrichten?« Er wich einen Schritt zurück.
    »Geht’s dir gut?«, erwiderte Will. Er konnte seinem Freund nicht direkt antworten, da er auf die Schritte des Polizisten lauschte, bis dieser den Zellentrakt verlassen und die Eichentür fest hinter sich geschlossen hatte. Dann schob Will Chester in eine Ecke der Zelle, wo sie sich hinhockten, während Will seinem Freund den Fluchtplan erklärte.
    Wenige Minuten später erklang das Geräusch, das Will gefürchtet hatte: Der ältere Polizist kam wieder in den Zellentrakt. »Zeit für den Abschied, Gentlemen«, sagte er, drehte den Schlüssel im Schloss und öffnete die Tür. Langsam wandte Will sich Richtung Ausgang.
    »Tschüss, Chester«, sagte er.
    Als der Polizist die Tür schließen wollte, legte Will ihm eine Hand auf den Arm.
    »Kleinen Moment noch, ich glaub, ich hab was vergessen«, sagte er.
    »Und was?«, fragte der Mann.
    Der Polizist schaute Will direkt an, während dieser die Hand aus der Jackentasche zog. Der Junge sah, dass das kleine rote Lämpchen leuchtete – die Kamera war bereit. Will richtete die Linse auf den Mann und drückte auf den

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