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Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Titel: Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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Erkenntnis zu ihr durchdrang. »Will!« Sie hob den Kopf und betrachtete ihn ungläubig. »Ich dachte, du wärst verschütt gegangen.« Sie musterte Cal und Bartleby und fügte hinzu: »Wer ist der da mit dem Kater?«
    »Äh … mein Cousin …«, keuchte Will, als der Boden unter seinen Füßen zu schwanken begann und er einen Schritt nach vorne gehen musste, um sich am Türrahmen abzustützen. Er spürte, wie ihm kalter Schweiß über das Gesicht lief. »… aus dem Süden … aus dem tiefen Süden.«
    »Cousin? Ich wusste gar nicht, dass du …«
    »Von Dads Seite«, krächzte Will heiser.
    Argwöhnisch begutachtete sie Cal und Bartleby. »Deine verdammte kleine Schwester war hier.« Sie schaute an Will vorbei auf den Flur. »Ist sie auch mitgekommen?«
    »Sie …«, setzte Will mit zittriger Stimme an.
    »Weil mir die kleine Schlampe nämlich Geld schuldet. Du solltest mal sehen, was sie angestellt hat …«
    »Sie ist nicht meine Schwester, sie ist eine bösartige … gemeine … kleine … sie ist eine …«, stieß Will hervor und fiel im nächsten Moment seiner sehr überraschten Tante Jean ohnmächtig vor die Füße.
     
    Cal stand am Fenster des abgedunkelten Zimmers. Er schaute auf die unter ihm liegenden Straßen mit den hellen, unregelmäßigen Linien aus bernsteingelben Straßenlampen und den Scheinwerfern vorbeifahrender Autos. Dann hob er den Kopf und sah mit einem unguten Gefühl zum Mond hinauf, dessen silbernes Licht sich über den eisigen Himmel ausbreitete. Nicht zum ersten Mal versuchte er, die unendliche Weite zu erfassen, zu verstehen – eine Weite und Tiefe, die er nie zuvor gesehen hatte. Er klammerte sich an die Fensterbank und konnte das wachsende Gefühl der Furcht kaum bezwingen. Unwillkürlich krümmte er die Zehen und kämpfte gegen einen heftigen Anfall von Höhenangst an.
    Als er seinen Bruder stöhnen hörte, riss er sich vom Fenster los und setzte sich neben die zitternde Gestalt, die zusammengekauert und nur mit einem dünnen Laken bedeckt im Bett lag.
    »Wie geht’s ihm?«, fragte Tante Jean, die sofort in der Tür erschienen war, mit besorgter Stimme.
    »Etwas besser als gestern. Ich glaube, das Fieber lässt langsam nach«, sagte Cal, tauchte ein Handtuch in eine Schüssel mit eiskaltem Wasser und tupfte damit Wills Stirn ab.
    »Soll ich einen Arzt holen?«, fragte Tante Jean. »Er ist schon verdammt lange in diesem Zustand.«
    »Nein«, erwiderte Cal entschlossen. »Er hat gesagt, er will keinen Arzt.«
    »Kann ich ihm nicht verübeln. Ich selbst war auch nie ein Freund von Quacksalbern – oder Seelenklempnern und Ähnlichem. Wenn die dich erst mal in ihren Klauen haben, dann weißt du nie, was …« Sie unterbrach sich, als Bartleby, der in einer Ecke zusammengerollt geschlafen hatte, niesend aufwachte, dann zu der Schüssel wankte und das Wasser aufschlabberte.
    »Lass das, du dummer Kater!«, rief Cal und schob ihn beiseite.
    »Er ist nur durstig«, sagte Tante Jean und fuhr dann mit grotesker, babyhafter Stimme fort: »Arme Miezekatze, hassu Durst, ja?« Sie nahm das erstaunte Tier beim Nackenfell und führte es zur Tür. »Dann komm mal mit Mami. Die hat was Feines für dich.«
     
    In der Ferne fließt ein unheilvoller Lavastrom. Seine Hitze brennt so stark auf Wills nackter Haut, dass er es kaum ertragen kann. Dr. Burrows’ Silhouette zeichnet sich dunkel vor dem karmesinroten Hintergrund ab, während er fieberhaft auf etwas zeigt, das aus einem massiven Granitblock herausragt. Er ruft Will aufgeregt etwas zu, so wie immer, wenn er eine Entdeckung gemacht hat. Aber Will kann ihn nicht verstehen – das Weiße Rauschen, unterbrochen von unzähligen Stimmen, ist viel zu laut; es scheint, als würde jemand wahllos am Frequenzregler eines defekten Radios drehen.
    Die Szene verändert sich zu einer Nahaufnahme. Dr. Burrows betrachtet unter einer Lupe einen dünnen Stängel mit einer verdickten Spitze, der etwa einen halben Meter hoch aus dem massiven Fels herausragt. Will sieht, wie sich die Lippen seines Vaters bewegen, kann aber nur Bruchstücke von dem verstehen, was er sagt.
    »… eine Pflanze … baut das Gestein buchstäblich ab … auf Silikonbasis … reagiert auf … beobachte …«
    Das Bild wird nun noch größer. Mit zwei Fingern zupft Dr. Burrows den grauen Stängel aus dem Fels. Will hat ein unbehagliches Gefühl, als er sieht, wie die Pflanze sich in der Hand seines Vaters windet und ruckartig zwei nadelartige Blätter hervorbringt, die sich um seine

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