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Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Titel: Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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verdammte Dr. Burrows … schon als ich ihn das erste Mal gesehen hab, hab ich meine Schwester gewarnt … doch, das hab ich … schließlich will man nicht mit so einem überqualifizierten Faulenzer enden … ich meine, welchen Zweck hat es, wenn der Mann mit beiden Händen in irgendwelchen Löchern in der Erde rumbuddelt und gleichzeitig die Miete bezahlt werden muss … das frage ich dich …«
    Will schaute vorsichtig um die Ecke, als die Stricknadeln ihren metronomartigen Rhythmus einen Moment unterbrachen und Tante Jean einen Schluck aus einem Glas nahm. Der Kater schaute bewundernd zu ihr auf, und sie schenkte ihm ein freundliches, fast liebevolles Lächeln. Von dieser Seite hatte Will seine Tante noch nie erlebt, und er wusste, dass er irgendetwas sagen sollte, um sie über seine Anwesenheit zu informieren. Doch er konnte sich nicht dazu überwinden, diesen Moment zu zerstören.
    »Weißt du, was? Es ist sehr schön, dich hier zu haben. Ich meine, nachdem meine kleine Sophie gestorben ist … sie war ein süßes Hündchen … ich weiß ja, du magst Hunde nicht besonders, aber zumindest war sie immer für mich da … das ist mehr, als man von jedem Mann behaupten kann, den ich je kennengelernt hab.«
    Sie hielt das Strickzeug vor sich hoch – eine knallbunte Wollhose, an der Bartleby neugierig schnupperte. »Fast fertig. Noch ein paar Reihen und du kannst sie anprobieren, mein Süßer.« Sie beugte sich vor und kraulte Bartleby unter dem Kinn. Der Kater hob den Kopf, schloss die Augen und begann, wie eine Nähmaschine zu schnurren.
    Will machte auf dem Absatz kehrt, um in sein Zimmer zurückzukehren, und lehnte gerade an der Wand im Flur, als hinter ihm plötzlich etwas herunterkrachte. Cal stand in der offenen Wohnungstür. Vor ihm lagen zwei schwere Einkaufstüten, die ihren Inhalt über den Boden verteilten. Sein Bruder hatte sich einen Schal um Mund und Nase gewickelt und trug Mrs Burrows’ Sonnenbrille.
    »Langsam hab ich es gründlich satt«, sagte er und ging in die Hocke, um die Lebensmittel aufzusammeln. Als Bartleby ihn hörte, kam er gemächlich aus dem Wohnzimmer spaziert; dahinter folgte Tante Jean, eine Zigarette zwischen die Lippen geklemmt. Der Kater trug die frisch gestrickte Wollhose und eine speziell für ihn angefertigte Mohairjacke, beide in einer atemberaubenden Kombination aus Blau und Rot. Auf seinem Kopf thronte eine knallbunte Kapuzenmütze, aus der seine räudigen Ohren herausragten. Bartleby sah aus wie der einzige Überlebende einer Explosion in einem Dritte-Welt-Laden.
    Cal warf einen Blick auf die seltsame Gestalt vor ihm und musterte die abenteuerliche Mischung greller Farben, sagte aber keinen Ton. Er wirkte ziemlich niedergeschlagen. »Dieser Ort ist erfüllt von Hass – das kann man überall riechen.« Langsam schüttelte er den Kopf.
    »Ja, da hast du recht, mein Junge«, pflichtete Tante Jean ihm nachdenklich bei. »So war es schon immer.«
    »Übergrund ist irgendwie nicht das, was ich erwartet habe«, fuhr Cal fort und dachte einen Moment nach. »Und nach Hause kann ich auch nicht mehr … oder?«
    Will sah ihn schweigend an und zermarterte sich das Hirn bei der Suche nach ein paar tröstenden Worten für seinen Bruder. Aber ihm wollte einfach nichts einfallen.
    Schließlich räusperte Tante Jean sich und beendete damit die unangenehme Stille. »Das bedeutet vermutlich, dass ihr euch bald auf den Weg macht, stimmt’s?«
    Als sie in ihrem schäbigen, alten Morgenmantel einfach nur dastand, erkannte Will zum ersten Mal, wie verletzlich und zerbrechlich sie wirkte.
    »Ich schätze schon«, räumte er ein.
    »Verstehe«, sagte sie mit dumpfer Stimme, legte eine Hand auf Bartlebys Nacken und kraulte ihm liebevoll die weiche, faltige Haut. »Ihr wisst ja, ihr seid hier jederzeit willkommen – wann immer ihr wollt.« Sie wandte sich rasch ab. »Und bringt mir die kleine Miezekatze wieder mit.« Dann schlurfte sie in die Küche, wo die beiden Jungen sie mit einer Flasche und einem Glas hantieren hörten, während sie ihr Schluchzen zu unterdrücken versuchte.
     
    Im Laufe der nächsten Woche schmiedeten die beiden Jungen eifrig Pläne. Will spürte, wie er von Tag zu Tag kräftiger wurde und sich von der Krankheit erholte. Die Lungenentzündung klang ab, und er konnte wieder frei atmen und gemeinsam mit Cal einkaufen gehen. In einem Armeeladen erstanden sie Gasmasken, Kletterseile und für jeden eine Wasserflasche, bei einem Pfandleiher entdeckten sie mehrere alte

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