Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Turils Reise

Turils Reise

Titel: Turils Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
Vom Netzwerk:
schmerzte als alles andere. »Glaubtest du ernsthaft, mir entkommen oder irgendetwas vor mir verbergen zu können? Dass ich die Symbionten an deinem Körper nicht bemerken würde, diese lebensunwürdigen Geschöpfe? Du solltest alleine für deine Naivität bestraft werden, kleiner Turil!«
    Der Totengräber ließ sich zu Boden fallen. Ihm war schwindelig geworden. Er wollte etwas erwidern, wollte sich zur Wehr setzen. Doch da war nichts. Die GELFAR besaß volle Gewalt über ihn. Jeder noch so geringste Winkel jenes Freiraums, den er geglaubt hatte, sich heimlich erarbeitet zu haben, war entdeckt und vom Schiff beschmutzt worden. Er besaß kein eigenes Leben, hatte niemals eines gehabt. Er war eine Puppe, die von diesem unheilvollen Halbwesen an Schnüren gelenkt und gesteuert wurde. Turil war nicht besser dran als Kiriast, der alte Totengräber, dessen Schicksal er erst unlängst bedauert hatte.
    »Ich werde dich im Friedenshof Grau den Gremien ausliefern«, fuhr die GELFAR fort. »So, wie ich es vor Jahren mit deinem Vater Pschoim machte, und zuvor mit Khamil und Simbion. Du und deine Vorfahren, ihr seid nicht in der Lage, mich zu bändigen. Euch fehlen Kraft, Verstand und die notwendigen Charaktereigenschaften.«
    »Pschoim wurde von dir abberufen? Ich dachte …«

    »Du denkst zu viel und handelst zu wenig, kleiner Turil. Selbstverständlich wurde Pschoim auf meine Initiative hin vom Dienst befreit! Er hatte versucht, dich zu schützen und deinen kleinen Fluchtversuch auf Bankin vor den Obrigkeiten im Friedenshof zu verbergen. Oh, mach dir über diese Gefälligkeit bloß keine falschen Vorstellungen! Er tat es nicht aus Liebe zu dir, sondern weil du sein einziger Nachkomme bist.« Die GELFAR setzte eine kurze, bedeutungsvolle Pause. »Seit jeher muss ich mit dir und deinesgleichen fertigwerden. Du bist nicht etwa schwächer als deine Vorgänger. Ihr alle macht auf die eine oder andere Art Fehler.«
    »Warum?«, fragte Turil. Er fühlte sich unendlich müde und ausgelaugt. »Warum willst du uns loswerden oder vernichten?«
    »Das, kleiner Turil, bleibt mein Geheimnis. Nun sieh zu, dass du deine Aufgabe hier auf Faurum zu Ende bringst. Dann kommst du schön brav an Bord, und wir machen uns auf den Weg zum Friedenshof Grau. Das Große Thang wartet. Komm ja nicht auf dumme Gedanken. Ich spüre dich auf, solltest du zu fliehen versuchen, und ich bringe dich ins Leben zurück, solltest du an Suizid denken.«
    Ja. Es gab kein Entkommen. Die GELFAR würde ihn finden, wo auch immer er sich verbergen wollte.
    Turil befreite seinen Zeremonienmantel vom Staub und stand auf. Er war völlig betäubt von den Eröffnungen, die ihm das Schiff gemacht hatte - und dennoch funktionierte er. Seine gnadenlose Erziehung schlug durch und machte ihn zu jener Maschine, als die ihn seine Landsleute so gerne sehen wollten. Ausgerechnet jetzt …
    »Die Götter haben unsere Bitten erhört!«, rief Turil laut, mit über Lautsprecherfelder verstärkter Stimme. »Sie haben uns einen Boten gesandt. Einen neuen höchsten Gott,
dem wir ab nun huldigen wollen.« Er deutete auf den Asteroiden, dessen hintere Hälfte wie eine Warze aus dem teilweise in sich zusammengebrochenen Gesteinsmassiv der Götterebene hervorragte. »Wir werden ihn Karp nennen. Karp brachte uns nicht nur das Wasser zurück …« Er deutete nach Süden; dort zogen sich soeben die von der GELFAR erzeugten Regenwolken zusammen und ließen einen ersten Guss über dem Dschungel niedergehen. »Nein! Er tötete auch seinen Vorgänger. Denn seht: Loap ist in zwei Teile gespalten.«
    Loap. Der Stein der Steine, der nicht zu den über sechs Milliarden Felsbrocken auf der Ebene zählte - sondern das Felsmassiv selbst war.
    Die Karantiker brachen in lauten Jubel aus; die Oroptiker gaben sich verhaltener; aber auch sie würden die Tatsachen anerkennen müssen, die Turil geschaffen hatte.
    Turil fühlte, wie sich der Zeremonienmantel enger und enger an seinen Leib presste. Sein wertvolles Arbeitsgewand wurde zum Gefängnis, das ihn von nun an steuern würde. Schritt für Schritt, Atemzug für Atemzug. Und, noch schlimmer: Das Zerebral befahl dem Mantel, seine Symbionten, die Kinder Dirdars, zu … beseitigen.
    Der Druck auf seinen Körper wurde immer größer. Die kleinen Oroptiker wussten nicht, was mit ihnen geschah. Ihre feinen Nesselarme tasteten über Turils Körper, suchten nach einem Ausweg, wollten von ihm flüchten.
    »Tu das bitte nicht!«, flehte der Totengräber, der nur dastehen

Weitere Kostenlose Bücher