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Turils Reise

Turils Reise

Titel: Turils Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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in der Luft, mit erstarrten Gliedern und weit aufgerissenem Mund. Wollte es etwas sagen, ihn vor Gefahren warnen?
    »Du wirst den Götzlichen bestatten?«, fragte die schreckliche Stimme von irgendwoher. »Du wirst ihn mir bringen, wenn das Zeremoniell abgeschlossen ist?«
    »Nein«, widersprach Turil, trotz der Angst, die in ihm wuchs, immer breiteren Raum einnahm. »Mein Auftrag ist beendet, sobald der Leib Pramains verharzt und der letzte Lebensfunke aus ihm gewichen ist. Was mit seinen Überresten geschieht, bleibt den Domiendramern überlassen. So wurde es in den Verträgen festgelegt.«
    Gelächter. Schauriges, schreckliches Gelächter, das die Kristallstrukturen ringsum zum Klingen brachte. Staub rieselte von der Decke, mehrere Lichtwurzeln rollten sich ein, als wollten sie vor einer Katastrophe fliehen. »Ich hatte schon öfter Besuch von Totengräbern«, sagte die Stimme. »Sie alle zeigten sich ähnlich unbeeindruckt wie du. Ihr seid ein seltsames und ein furchtloses Völkchen. Dabei hättet ihr alle Gründe, Angst zu haben …«

    Turil reagierte nicht auf die Andeutung. Das Orakel wollte ihn ablenken. Wovon ?
    »Wenn du meinesgleichen kennst, dann weißt du auch, warum ich hier bin.«
    »Es gibt zwei Antworten: Nach offizieller Lesart kommt ihr hierher, um möglichst viel über die Totenkultur der Domiendramer zu lernen und zu verstehen. In Wirklichkeit aber …«
    »Ja?«
    »… wollt ihr eurem langweiligen und lustlos geführten Leben ein wenig Aufregung verpassen. Indem ihr Informationen über Todeskulte, Todesphänomene, Todesspektakel sammelt. In der Hoffnung, irgendwann einmal alles darüber zu wissen, was der Übergang vom Licht in die Dunkelheit eigentlich für einen Sinn macht. Dabei wäre diese Frage so einfach zu beantworten …«
    Wiederum eine Andeutung. So, wie es von einem Orakel zu erwarten war. Aber: Hatte es denn Recht? Waren er und seine Landsleute in bestimmten Schemata gefangen, um ihrem Leben Bedeutung einzuhauchen?
    »Ich hätte mir mehr als Allgemeinplätze von dir erwartet. Du bist eine Enttäuschung. Ich sehe erbärmliche Effekte aus einer jahrtausendealten Trickkiste, die mit Müh und Not die Domiendramer und harmlose Fünkchen beeindrucken. Was soll dieses billige Schauspiel? Riesige Augen, die von fledermausähnlichen Tierchen umflattert werden und tief in der Psyche vieler Wesen verankerte Ängste wecken sollen. Mehr als Taschenspielertricks hast du nicht zu bieten? Du willst mich mit billigen Illusionen beeindrucken, Orakel?«
    Stille.
    Dann, nach langen Sekunden, die Antwort: »Also gut.«
    Das Augenpaar löste sich in Luft auf, und ein alter Mann trat humpelnd hinter einem Felsbrocken hervor.
    »Du hast die Wahrheit rascher als deine Vorgänger erkannt«, sagte das dreidimensionale Kunstbild eines älteren Humanes, eines Menschenähnlichen. Es kam mit langsamen Schritten auf ihn zu und zog dabei das linke Bein nach. Fehlende Schatten und Unschärfen an den Körperrundungen deuteten darauf hin, dass er ein Refrakto war, ein holografischer Avatar älterer Bauart. »Wie bist du mir so rasch auf die Schliche gekommen?«, fragte das Geschöpf verwundert.
    »Ich hatte schon öfter mit … Kollegen von dir zu tun. Es existieren viele Refraktos auf den äußeren Welten des Kahlsacks. Sie zeigen sich als Spukgestalten, Visionen, Orakel, Schimären oder als ordinäre Hausgeister. Die meisten deiner Art stellen sich allerdings geschickter an als du.«
    »Ach ja?« Der Refrakto beugte sich interessiert vor. »Es gibt … andere?«
    »Ja. Keiner von ihnen weiß auch nur das Geringste über seine Herkunft und seine Zwecke. So wie du, stimmt’s?« Turil wartete keine Antwort ab. Er wusste, dass er Recht hatte. »Wo befindet sich deine Zentraleinheit?«
    »Warum?«
    »Ich werde eine Datenkopie deiner Gedächtnisinhalte ziehen. Ich rate dir davon ab, Widerstand zu leisten. Ich könnte auf den Gedanken kommen, dir wehzutun.«
    »Warum willst du mich entblößen?« Der Refrakto schüttelte verärgert den Kopf.
    Turil dachte nach, bevor er fortfuhr. Es war besser, die Schärfe aus seinem Ton zu nehmen. Refraktos erwiesen sich als erstaunlich widerspenstig, wenn sie das Gefühl hatten, nicht für voll genommen zu werden. »Ich möchte Daten
entnehmen, um sie mit jenen deiner Kameraden zu vergleichen. Vielleicht ergeben sich neue Spuren, die eure Herkunft betreffen. Deine Intimsphäre bleibt gewahrt, das verspreche ich dir.«
    Intimsphäre - wie kam er dazu, einem künstlichen Geschöpf, das

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