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Turils Reise

Turils Reise

Titel: Turils Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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akzeptierte; auch wenn ihr Auftraggeber, Kix Karambui, genauso wenig »sauber« war wie Pschoim. »Ich bin kein Thanatologe mehr«, sagte Turil zu seinem Vater, »bin es nie gewesen. Zeit meines Lebens hast du mich manipuliert und ausgenutzt. Dieses Leben endet hier und heute.«
    »Aber …«

    »Still!« Er entzog dem völlig konsterniert wirkenden Pschoim das Wort. »Du wolltest eine Entscheidung - hier hast du sie. Ich bringe meine persönliche Auseinandersetzung mit der GELFAR noch heute zu einem Abschluss. Danach kehre ich zu meinem Volk zurück. Zu den Kitar.«
    Turil winkte Ofenau und Sorollo. »Ich bitte euch, mich an Bord meiner Schiffssphäre zu begleiten. Ich glaube, Kix Karambuis Motive zu durchschauen«, sagte er vieldeutig. »Seid meine Zeugen, wenn ich dafür sorge, dass die Überfälle der Kitar ein für alle Mal aufhören, und berichtet dem Sekretär davon.« Turil dachte lange nach, bevor er weiterredete. »Es ist nicht ungefährlich. Ich kann nicht für eure Sicherheit garantieren.«
    »Wir nehmen jedwedes Risiko gerne in Kauf«, sagte Ofenau, ohne sich das Einverständnis Sorollos zu holen. »Schließlich wurden wir einzig und allein dafür geschaffen, unseren Auftrag zu erfüllen.«
    »Dann sind wir uns einig.« Ein letztes Mal wandte sich Turil Pschoim zu. »Wage ja nicht, mich aufzuhalten«, sagte er und verließ das Zimmer ohne ein Wort des Grußes.
    Die beiden Xeniathen folgten ihm, Turil wartete außerhalb des Behandlungszimmers auf sie. Er sah sich um und orientierte sich. Jeder Schritt im Friedenshof Grau mochte der letzte sein. Tödliche Gefahren drohten demjenigen, der nicht auf seine Umgebung achtete.
    Sie ließen den Kernbereich des Friedenshofes hinter sich und machten sich auf den Weg zur Peripherie der Station.
    »Wie geht es dir?«, fragte Ofenau.
    »Grauenhaft«, sagte Turil wahrheitsgemäß. »Mir wird es niemals wieder wirklich gutgehen.«
    »Ich verstehe.«
    »Nein, das tust du nicht.« Der Thanatologe mochte
den männlichen Xeniathen lieber als dessen Begleiterin; je nach Sparte zeigte er Verhaltensweisen, mit denen er sich anfreunden konnte. Sorollo hingegen wirkte, als würde sie sich mehr und mehr vom sogenannten Gate-Modus vereinnahmen lassen und nachgerade androide Verhaltensmuster zur Schau stellen. Und dennoch: Er konnte Ofenau genauso wenig vertrauen wie dessen Begleiterin.
    Ich darf niemandem vertrauen!, sagte er sich, Alles ist so wie immer. Es hat sich nichts geändert.
    Der Schock, ein Erzeugnis der Kitar oder gar ein Mitglied ihres Volkes zu sein, klang allmählich ab. Turil hatte den gesamten Themenkreis, all die Fragen, Unsicherheiten und möglichen Konsequenzen in ein Kämmerlein seines Verstandes gesperrt, das er erst dann wieder öffnen würde, wenn er seinen »Landsleuten« gegenübertrat. Und das, so sagte er sich, würde bald geschehen. Die Kitar mussten ihrem zerstörerischen Irrsinn so rasch wie möglich ein Ende bereiten. Turils Gewissen zwang ihn dazu, so zu denken und zu handeln.
    Mein Gewissen? Beinahe hätte Turil laut aufgelacht. Woher ich dieses seltsame und störende Moralverhalten bloß habe? Sicherlich nicht von Pschoim, und offenbar auch nicht von den Kitar. Ist es das, was mich als Individuum ausmacht, mich von so vielen anderen Wesen des Kahlsacks unterscheidet?
    Aber da war auch noch diese unbestimmbare Wut in ihm, die ihm weitaus mehr Sorgen machte. Sie hatte ihm im Nährtank zweifellos das Leben gerettet - aber sie war auch so gewaltig groß, so unbändig stark, dass sie ganz Besitz von ihm zu ergreifen drohte …

    Turil beäugte misstrauisch die Rampe, die hoch zur GELFAR führte. Ofenau und Sorollo waren ein paar Schritte zurückgeblieben, mit Waffen in der Hand, die angesichts der Macht, die die Schiffssphäre auszuüben imstande war, lächerlich wirkten.
    Unsicherheit und Angst erwachten wieder in Turil, zwar schwächer, aber dennoch spürbar. Die Schmerzen im Rückenbereich waren ebenfalls wieder da, doch er scherte sich nicht darum. Er wusste, dass sie von der unbegreiflichen Umformung stammten, die ihm die Thanatologen hatten angedeihen lassen, um ihn zu einem der Ihren zu machen.
    Er atmete kräftig durch und zog den Zeremonienmantel über, nach dem er im Vorbeigehen gegriffen hatte. Dieses wertvollste Instrument eines Totengräbers war gleicherma ßen nutzvoll wie gefährlich.
    Turils Körper hatte gereinigt werden können, der Mantel nicht. Er war ein Außenposten der GELFAR, er infiltrierte und beeinflusste seinen Träger,

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