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Turils Reise

Turils Reise

Titel: Turils Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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anfangen sollst?«
    »So ist es.«
    »Lerne von ihm. Sammle Erfahrungen. Profitiere von seinen Stärken …«
    »Pramain der Götzliche besitzt, so befürchte ich, keinerlei Stärken.«
    »Dann beobachte und analysiere seine Schwächen . Unterhalte dich mit ihm so, wie du es mit mir tust. Unbefangen, ohne Vorurteile. Du wirst sehen, dass es gar nicht so schwer ist, mit einem Lebenden auszukommen.«
    War es die Ruhe, die Shmau ausstrahlte, seine Autorität oder die Selbstverständlichkeit, mit der er derartig abgedroschene Weisheiten von sich gab? Der Admiral verstand es, die kompliziertesten Dinge ganz simpel wirken zu lassen. Mit Lebenden zu reden und sie verstehen zu lernen - was für ein hanebüchener Unsinn!
    »Ich will’s versuchen«, sagte der Totengräber nach einer Weile.
    »Gib Pramain eine Chance - und vor allem dir selbst. Hab Geduld. Dein König benötigt Zeit, sich in seinem neuen Leben zurechtzufinden. Er wird es nicht leicht haben, in dieser für ihn völlig fremden Umgebung.« Abrupt wechselte Shmau Pendrix das Thema. »Und jetzt erzähle mir bitte schön, wie es dazu kommen konnte, dass dieses prachtvolle Schiff« - der zynische Unterton in seiner Stimme war nicht zu überhören - »als Asylantenlager herhalten muss.«
    Turil nickte und begann zu berichten, was auf Domiendram geschehen war. Wissen, an das sie herkömmlicherweise nicht herankamen, war für die Kreavatare wie der sprichwörtliche Bissen Brot. Es erweiterte ihre Denkroutinen, es konnte in den Gesprächen mit anderen Bewohnern
der Halle der Erinnerungen als Handelsware eingesetzt werden. Denn die GELFAR hielt sie kurz, unterband jegliche Informationszufuhr.
    Pendrix hörte aufmerksam zu, als Turil von seinem Besuch beim Refrakto in den Katakomben unterhalb der Stadt Chalasim erzählte. Als er den Beginn des Tötungsrituals schilderte, und dann das Auftauchen der Kitar und deren seltsames, vom bekannten Schema abweichendes Verhalten, verbreiterte sich das Lächeln des Admirals. Von dieser Wissensnahrung würde er im Gefüge der Kreavatare, die in der Halle der Erinnerung ein komplexes Beziehungsgeflecht entwickelt hatten, eine Zeit lang zehren können.
    »Ich danke dir«, sagte Shmau Pendrix, nachdem Turil geendet hatte. »Ich hoffe, du beherzigst meine Ratschläge?«
    »Es fällt mir leichter, mich mit einem Toten zu unterhalten als mit einem Lebenden«, wich der Totengräber einer direkten Antwort aus. Er winkte, und der Kreavatar verschwand, unwiderstehlich zu seinem Verankerungspunkt zurückgezogen.
     
    Turil nahm sich die Zeit, einen Bericht über die Geschehnisse auf Domiendram zu verfassen. Er hasste den Verwaltungskram, doch dieses eine Mal bot sich ihm die Gelegenheit, das Geschäftliche mit seinen privaten Interessen zu verbinden.
    »Warum interessierst du dich so sehr für die Umtriebe der Kitar?«, fragte die GELFAR.
    »Weil sie Schuld daran tragen, dass ich meinen Auftrag nicht erfüllen konnte«, rechtfertigte sich der Totengräber. »Je mehr wir über sie in Erfahrung bringen, desto leichter können wir sie einschätzen und uns in Zukunft vor ihnen schützen.«

    »Die Kitar sind und bleiben ein unkalkulierbares Risiko. In den Höfen wurden bereits mehrere Versuche unternommen, Verhaltensmuster herauszufiltern.«
    »Willst du mir etwa vorschreiben, wie ich meine Arbeit zu tun habe? Du kennst die Strenge der Verwaltungskammern. Wenn ein Bericht nicht absolut wasserdicht abgefasst ist und es Widersprüche gibt, gerät man leicht seiner Schiffssphäre verlustig. Möchtest du etwa einen neuen Besitzer erhalten?«
    »Ich hätte gerne die Freiheit«, gab die GELFAR unumwunden zu.
    »Du weißt, dass mein Volk das niemals zulassen würde.«
    Das Schiff schwieg. Turil fühlte einmal mehr diesen Knoten in seinem Magen, der sich immer dann bildete, wenn die GELFAR allzu penetrant auf ihre Selbstständigkeit pochte. Die Schiffssphäre war ein überaus komplizierter Partner, mit dem nur schwer auszukommen war.
    »Bekomme ich nun die gewünschten Informationen über die Kitar?«, drängte er.
    »Ja.« Der Arbeitsraum verdunkelte sich, bildliche Darstellungen flammten dutzendweise rings um ihn auf. Sprecher der vier interstellaren Nachrichtendienste verlasen Schreckensbotschaften über die ersten dokumentierten Massaker der Kitar. In bunten Diskussionsrunden wurde über die Ziele dieser unheimlichen Wesen gestritten. Eine Reihe von Nexialisten, Xeno-Psychologen, Verhaltensforschern und Sozialkundlern gaben ihre Meinung zu ihren

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