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Turils Reise

Turils Reise

Titel: Turils Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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wischte sich über sein beschlagenes Auge. »Ach, es machte Spaß mit dir«, klapperte er. »Und jetzt verschwinde, Totengräber, bevor ich sentimental werde!«
    Turil winkte dem Karantiker ein letztes Mal zu, bevor er sich vom Nesselseil mit unwiderstehlicher Kraft hochgezogen fühlte.
     
    Turil befolgte die Ratschläge Garschts. Er blieb die meiste Zeit im Bugbereich Karkarkars, hielt sich von den rabiat wirkenden Trichterlingen mit ihren langen, peitschenden Armen fern und achtete darauf, nur ja nicht das Mitteldeck zu betreten. Dort war der Grund weich und porös. Immer wieder sanken Pilzlinge ein. Sie wurden von Karkarkar absorbiert, ungeachtet ihrer panischen Schreie.
    »Wie weit ist es bis zum Götterberg?«, rief der Totengräber der Sinneswarze des Oroptikers zu.
    »Im Morgengrauen erreicht Karkarkar die Ebene der Götter. Wenn er die Andeutungen von Garscht richtig verstanden hat, möchtest du, dass er einen kleinen Umweg nimmt?«
    »So ist es.«
    »Karkarkar ist angesichts der Dürre bereit, fast alles zu tun, um seine Kinder durchzufüttern. Sie sind zwar nichtsnutzige Geschöpfe, aber dennoch liebt er sie.« Die erbärmlichen Schreie eines halb absorbierten Pilzlings schlugen in Wimmern um und verklangen schließlich ganz. »Wohin
soll er dich also bringen, Totengräber? Und wie viel bist du bereit, Karkarkar als Aufwandsentschädigung zu zahlen?«
    Turil unterbrach einmal mehr die Verbindung zum Zeremonienmantel. »Ich möchte zu den Kavernen von Atarakt«, rief er. »Über den Preis für dein Entgegenkommen werden wir sicherlich handelseinig.«
    Karkarkar schwieg lange. Turil meinte zu spüren, dass sich die Körpersubstanz unter seinen Beinen verfestigte. Verkrampfte sich das Pilzwesen etwa?
    »Du verlangst viel«, sagte der Oroptiker schließlich. »Atarakt ist ein gefährlicher Ort. Man sagt, dass selbst die Priester ihn meiden.«
    »Das lass meine Sorge sein. Solltest du Angst oder moralische Bedenken haben, bin ich gerne bereit, dein Gewissen mit zusätzlichen Geldern zu beruhigen.«
    »Karkarkar ist kein stinkender Karantiker, der sich bestechen lässt! Und vor allem wird er es keinesfalls billiger machen als dieser Bodengrundler Garscht. Du wirst ihm das Doppelte dessen bezahlen, was du dem Karantiker überwiesen hast.«
    »Das Eineinhalbfache, und wir sind im Geschäft.«
    »Einverstanden.« Die Sinneswarze schob sich mit Hilfe ihrer Hyphen weit in die Höhe, blickte sich nach allen Seiten um und ließ sich dann wieder auf die poröse Oberfläche seines Hauptleibes zurückfallen. »Es sieht so aus, als würde wieder einmal der Nachmittagsregen ausfallen. Die Dürre dauert nun schon fast ein ganzes Jahr an. Die meisten Bewohner Faurums verfluchen diesen Umstand, Karkarkar jedoch begrüßt ihn. Sein Leib wird sich während der nächsten Stunden nicht mit Wasser anreichern; so kann er schneller reisen und wird die Atarakt-Region noch vor Mitternacht
erreichen. Wie viel Zeit benötigst du, um deinen Geschäften nachzugehen?«
    »Einen Planetentag. Nicht länger.«
     
    Ein letztes Mal überprüfte er seine - diesmal äußerst bescheiden gehaltene - Ausrüstung. Nahrungsmittel, Pollenfilter, mehrere Waffen und ein Mikrolabor. Dieser kleine Ableger des Zeremonienmantels besaß keinerlei künstliche Intelligenz. Sein Dienstkleidungsstück blieb an Bord Karkarkars zurück. Der Mantel hatte sich zwar mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen gewehrt, doch das kümmerte den Totengräber nicht. Turils Eigenwilligkeiten waren der GELFAR hinlänglich bekannt. Sie passten in jenes Psychogramm, das Licht und Schatten über ihn erstellt hatten. Es hatte ihn Jahre seines Lebens gekostet, sich kleine und kleinste Freiräume zu erkämpfen, die er nun zu nutzen beabsichtigte.
    Er ließ sich an einem Nesseltau hinab in das Dunkelgrün des Dschungels gleiten. Irgendwo ertönte der Schrei eines exotischen Vogels, doch er verstummte rasch wieder. Sicher setzte er auf dem Boden auf, das Seil wurde wieder nach oben gezogen.
    Turil blickte sich aufmerksam um. Hier unten herrschten wie auch in der Nähe von Karums Steige die Insekten. Überall wuselte es, fingerdicke Ameisen mit giftig roten Körperzeichnungen kletterten unbeirrt über Turils Füße hinweg.
    Turil machte sich auf den Weg. Er blieb vorsichtig, ohne verhindern zu können, von Zeit zu Zeit in kleine Tümpel zu treten. Dann versank er bis zu den Knien in morastigem Schlamm, in dem es vor Leben nur so wimmelte. Seine Stiefel schützten ihn, wie

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