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Turils Reise

Turils Reise

Titel: Turils Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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auch das Material seiner Hosen.
Beide Kleidungsstücke waren zur Abwehr weitaus gefährlicherer Angreifer als Wasserzecken, Beißmaden oder Gift injizierender Blutegel gefertigt worden.
    Die Kavernen von Atarakt, laut Karkarkars Auskünften weniger als zwei Kilometer von seinem derzeitigen Standort entfernt, waren gut versteckt. Niemand, der nicht Bescheid wusste, würde ahnen, dass in dieser naturbelassenen Landschaft das größte Geheimnis Faurums verborgen lag.
    Die Plackerei wollte kein Ende nehmen. Umgestürzte Baumstämme erwiesen sich als schier unüberwindliche Hindernisse, unter dichtem Blattwerk verborgene Wasserläufe drohten ihn mehr als einmal zu verschlingen, dünne Lianen verwandelten sich bei näherer Betrachtung in die klebrigen Beine eines Geschöpfes, dessen Leib Dutzende Meter über ihm auf unvorsichtige Opfer lauerte …
    Turils Instinkte arbeiteten auf vollen Touren. Er duckte sich, bevor ihn das Dornengeschoß einer bunt schillernden und gut duftenden Riesenblüte an der Brust treffen konnte. Er erahnte den Angriff der kleinen, sechsbeinigen Jäger mit den messerscharfen Reißkrallen, bevor er sie sah. Er erkannte Muster im Boden und identifizierte sie als Teil einer raffinierten Falle, er aß nicht vom Fruchtfleisch einer harmlos wirkenden Zitrusfrucht, und er vermied diese kleinen weißen Inseln inmitten des Grüns, die in Wirklichkeit gut getarnte Schmarotzfalter darstellten …
    Plötzlich hielt er abrupt inne. Er hatte eine Art Grenze erreicht, was an geringsten Spuren zu erkennen war. Eine farbliche Veränderung des Blattwerks, geringe Spuren einer Feuersbrunst, ein Baumstumpf mit allzu glatter Schnittfläche … Seine neu erlangten Instinkte warnten ihn, nicht weiterzugehen.
    Turil überlegte. Dann schaufelte er die Blätter unter seinen
Füßen beiseite, bis er zur dunklen, nach Fäulnis stinkenden Humusschicht vorgedrungen war. Er zog eine Biospritze aus dem Mikrolabor hervor und injizierte eine Nano-Kolonie ins Erdreich. Sie reagierte auf die Feuchtigkeit im Boden und erwachte aus ihrem Stasis-Schlaf, um gleich darauf einen ersten, zweiten und dritten Vermehrungszyklus zu durchlaufen. Es dauerte nicht lange, bis vor Turils Augen eine schwarze, kompakte Masse entstand, die ihm fast bis zu den Knien reichte. Sie strahlte Hitze aus. Die Myriaden kleinster Lebewesen warteten auf sein Signal, und der Thanatologe tat ihnen den Gefallen. Er aktivierte sie mit Hilfe einer ganz besonderen Sequenz der Taschenlampe, und mit einem weiteren Lichtkommando gab er jene Richtung vor, in die sich die Nanos bewegen sollten.
    Sie folgten seinem Befehl. Eine schwarze Woge stürzte über die unsichtbare Grenze. Ein Teil der Masse verging augenblicklich. Aggressive Flüssigkeit schwappte über die Nanos hinweg und fraß sie auf, ohne dem Expansionsvermögen des nach wie vor wachsenden Gesamtkörpers auch nur im Geringsten Einhalt gebieten zu können.
    Strahlschüsse zischten durch die Dschungellandschaft, von vollautomatischen Geschossen abgefeuert. Ein Baum fiel, dann ein weiterer. Beide begruben Unmengen der Nanos unter sich. Ein Teil des Bodenteppichs erwies sich als Lebewesen, als Hybridmischung von Pflanze und Tier. Es stürzte sich auf die Nanos und fraß sich an der Masse satt, um irgendwann zu verenden und zuckend liegen zu bleiben. Hunderte, wenn nicht tausende Flugschlangen stürzten sich aus lichter Höhe herab, fielen über Turils kleine Helfer her, zerbissen sie zu handgroßen Klumpen, verschluckten sie und starben bald darauf einen elendigen Tod, als ihre
Leiber von innen aufgefressen wurden und sich neue Generationen der Nano-Sporen aus ihnen ergossen.
    Endlich beruhigte sich der wogende schwarze Teppich. Die Zeit-und Reproduktionssperre griff, eine letzte Generation seiner Helfer entstand, um schließlich bei großer Hitze zu vergehen.
    Unheimliche Stille trat ein. Die Nanos hatten eine breite Schneise durch den Dschungel geschlagen und alles vernichtet, das sich ihnen in den Weg gestellt hatte. Nur weißgraue Asche und Schlacke waren übrig geblieben. Weit voraus, im Zwielicht kaum erkennbar, waren die letzten Nano-Generationen gegen eine Felswand angerannt, als verberge sich unter dem Gestein der Zugang zu einem unterirdischen Reich.
    Ein schmaler Trampelpfad hob sich vom grauen Einerlei des vernichteten Dschungelbodens ab, führte im Zickzackkurs auf die Felsen zu. Auf diesem nicht einmal zwanzig Zentimeter breiten Weg waren die Nanos ungehindert vorwärtsgekommen, während sie links und

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