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Turm der Hexer

Turm der Hexer

Titel: Turm der Hexer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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mehr zu sich selbst. »Dann kann ich es auch gleich hinter mich bringen. Entschuldigst du mich?«
    »Natürlich.« Er drehte sich um und verließ mit düsterem Gesicht den Raum.
    »Mag er denn seine Mutter nicht?« fragte Garion.
    »Er liebt sie sehr«, antwortete die Königin. »Deshalb ist es auch so schwer für ihn. Sie ist blind glücklicherweise.«
    »Glücklicherweise?«
    »Vor etwa zwanzig Jahren gab es in Westdrasnien eine Seuche«, erklärte Porenn. »Es war eine schreckliche Krankheit, die auf den Gesichtern der Überlebenden furchtbare Narben hinterließ. Prinz Kheldar Mutter war eine der schönsten Frauen Drasniens gewesen. Wir haben ihr die Wahrheit verschwiegen. Sie weiß nicht genau, wie entstellt ihr Gesicht ist wenigstens hoffen wir das. Die Begegnungen zwischen Kheldar und seiner Mutter sind herzzerreißend. Seiner Stimme ist nichts von dem anzumerken, was er sieht, aber seinen Augen…« Sie brach ab. »Manchmal denke ich, das ist der Grund, weswegen er sich von Drasnien fernhält«, setzte sie hinzu. Dann richtete sie sich auf.
    »Ich werde nach dem Abendbrot klingeln«, sagte sie, »und nach Getränken. Das braucht Kheldar für gewöhnlich, wenn er seine Mutter besucht hat.«
    Silk kehrte erst nach einer guten Stunde zurück und begann sofort zu trinken. Er trank grimmig, als ob er sich so schnell wie möglich bewußtlos trinken wollte.
    Für Garion wurde es ein unbehaglicher Abend. Königin Porenn kümmerte sich um ihr Kind, behielt dabei aber immer Silk wachsam im Auge. Belgarath saß schweigend in seinem Sessel, und Silk trank weiter. Schließlich ging Garion, Müdigkeit vorschützend, zu Bett.
    Er hatte nie begriffen, wie sehr er in diesem Jahr von Silk abhängig gewesen war und wie wenig er ihn kannte. Der sardonische Humor und das überwältigende Selbstvertrauen des rattengesichtigen kleinen Drasniers waren etwas gewesen, an das man sich immer halten konnte. Sicher, Silk hatte seine Eigenheiten. Er war empfindlich und schwierig, aber sein nie versagender Sinn für Humor und sein lebhafter Verstand hatten sie durch einige sehr unerfreuliche Situationen manövriert. Jetzt waren alle Spuren von Humor oder Verstand verschwunden, und der kleine Mann schien einem Zusammenbruch nahe. Die furchtbare Auseinandersetzung, zu der sie unterwegs waren, schien ihm jetzt irgendwie noch bedrohlicher. Obwohl ihm Silk nicht hätte helfen können, wenn er Torak letztendlich gegenüberstand, hatte Garion für die Tage vor dieser Begegnung auf die Hilfe seines Freundes gezählt. Jetzt schien ihm selbst dieser kleine Trost genommen zu sein. Unfähig zu schlafen, wälzte er sich stundenlang im Bett herum, bis er endlich, lange nach Mitternacht, aufstand, seinen Mantel überwarf und auf Strümpfen loszog, um nachzusehen, ob sein Freund inzwischen in sein Bett gefunden hatte.
    Aber Silk war noch auf. Er saß immer noch in demselben Sessel. Sein Krug war unbeachtet umgefallen, und seine Ellbogen ruhten in einer Bierlache. Er hatte das Gesicht in den Händen vergraben. In der Nähe saß die erschöpfte kleine blonde Königin von Drasnien mit undurchdringlichem Gesicht. Als Garion von der Tür her beobachtete, drangen erstickte Laute zwischen Silks Händen hervor. Mit einem sanften, fast zärtlichen Ausdruck stand Königin Porenn auf, ging um den Tisch, legte ihre Arme um seinen Kopf und zog ihn an sich.
    Mit einem verzweifelten Aufschrei klammerte Silk sich an sie und weinte offen wie ein verletztes Kind.
    Königin Porenn blickte über den bebenden kleinen Mann hinweg auf Garion. Ihrem Gesicht war deutlich anzusehen, daß sie sich Silks Gefühlen für sie bewußt war. In ihrem Blick lag hilfloses Mitleid für diesen Mann, den sie gern hatte wenn auch nicht auf die Art, wie er es sich wünschte und ein tiefes Mitgefühl für das Leid, das ihm der Besuch bei seiner Mutter verursacht hatte.
    Schweigend sahen Garion und Königin Porenn sich an. Worte waren überflüssig, sie verstanden sich auch so. Als Porenn schließlich sprach, war ihr Ton eigenartig sachlich. »Ich glaube, du kannst ihn jetzt ins Bett bringen«, sagte sie. »Wenn er erst weinen kann, ist das Schlimmste meist vorüber.«
    Am nächsten Morgen verließen sie den Palast und schlössen sich einer Karawane nach Osten an. Das drasnische Moor hinter Boktor war trostlos. Die Nördliche Karawanen-Route zog sich durch niedrige, sanfte Hügel, die spärlich und mit kargem Gras bewachsen waren. Obwohl es mitten im Frühling war, schien das Moor ausgelaugt zu

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