Turm der Hexer
sein großes rundes Gesicht wies eine grünliche Färbung auf. Er sah in Kettenhemd und Helm eher komisch aus. Die Spuren von Seekrankheit auf seinem Gesicht trugen auch nicht dazu bei, ihn würdiger erscheinen zu lassen. Trotz seines wenig kriegerischen Äußeren waren die anderen Könige jedoch dazu übergegangen, sich seiner Weisheit zu beugen. Unter seiner Rundlichkeit verbarg Rhodar ein taktisches Genie und strategisches Geschick, das die anderen sich fast automatisch an ihn wenden und seine unausgesprochene Vorrangstellung akzeptieren ließ.
Ein kleines Fischerboot, das als Fähre requiriert worden war, kam längsseits an Baraks Schiff, fast noch ehe der Anker geworfen war, und die Könige und ihre Generäle und Ratgeber wurden in weniger als einer halben Stunde zur Küste gebracht.
»Ich glaube, ich habe Hunger«, verkündete Rhodar in dem Moment, als er wieder festen Boden betrat.
Anheg lachte. »Du bist schon hungrig zur Welt gekommen.« Der König trug ein Kettenhemd und einen breiten Schwertgürtel um die Taille. Seine rauhen Züge wirkten jetzt, wo er in einer Rüstung steckte, weniger fehl am Platz.
»Ich habe seit ein oder zwei Tagen nichts essen können, Anheg.« Rhodar stöhnte. »Mein armer Magen glaubt schon, ich hätte es ganz drangegeben.«
»Eine Mahlzeit ist bereitet worden, Eure Majestät«, versicherte ihm Mandorallen. »Unsere asturischen Brüder haben einiges von des Königs Wild zubereitet was sie zweifellos gesetzmäßig erhalten haben, wenn ich das auch nicht genauer untersuchen möchte.«
Jemand aus der Gruppe hinter Mandorallen lachte, und Ce’Nedra betrachtete den gutaussehenden jungen Mann mit dem rotgoldenen Haar und dem über die Schulter seiner grünen Weste geschlungenen Langbogen. Ce’Nedra hatte nicht viel Gelegenheit gehabt, mit Lelldorin von Wildantor Bekanntschaft zu schließen, als sie noch in Riva gewesen war. Sie wußte aber, daß er Garions engster Freund war und erkannte, wie wichtig es war, daß sie sein Vertrauen gewann. Das sollte nicht allzu schwer sein, überlegte sie, während sie in sein offenes, fast unschuldiges Gesicht blickte. Er erwiderte ihren Blick unbekümmert, und ein einziger Blick in diese Augen sagte der Prinzessin, daß sich hinter ihnen eine große Aufrichtigkeit und nur sehr wenig Intelligenz verbarg.
»Wir haben Nachricht von Belgarath«, sagte Barak zu Mandorallen und dem jungen Asturier.
»Wo sind sie?« fragte Lelldorin neugierig.
»Sie waren in Boktor«, antwortete König Rhodar, dessen Gesicht noch immer leicht grün war von der überstandenen Seekrankheit.
»Aus Gründen, die nur ihr selbst bekannt sind, hat meine Frau sie laufen lassen. Ich denke, daß sie jetzt irgendwo in Gar og Nadrak sind.«
Lelldorins Augen blitzten. »Wenn ich mich beeile, kann ich sie vielleicht noch einholen«, sagte er eifrig, schon nach seinem Pferd Ausschau haltend.
»Es sind über viertausend Meilen, Lelldorin«, klärte Barak ihn höflich auf.
»Oh…« Lelldorin wirkte etwas beschämt. »Du hast wohl recht. Es wäre etwas schwierig, sie noch einzuholen, nicht wahr?«
Barak nickte ernst. Dann trat das blonde Mimbratermädchen Ariana vor. Man konnte in ihren Augen lesen, was sie fühlte. »Mein Herr«, sagte sie zu Lelldorin, und Ce’Nedra fiel wieder ein, daß die beiden verheiratet waren technisch betrachtet jedenfalls.
»Eure Abwesenheit hat mir großen Kummer bereitet.«
Lelldorins Augen leuchteten auf. »Meine Ariana.« Er konnte kaum sprechen. »Ich schwöre, daß ich dich nie wieder allein lasse.« Er nahm ihre Hände und blickte bewundernd in ihre Augen. Der Blick, den sie erwiderte, war ebenso voller Liebe und entbehrte ebenso jeden Tiefsinns. Ce’Nedra schüttelte sich innerlich bei dem Katastrophenpotential, das in dem Blick lag, den die beiden austauschten.
»Stört es eigentlich jemanden, wenn ich gleich hier auf der Stelle verhungere?« fragte Rhodar.
Das Bankett war auf einem langen Tisch angerichtet, der nicht weit vom Waldrand entfernt aufgestellt worden war. Der Tisch ächzte regelrecht unter dem Gewicht des Wildbrets, und es gab genug zu essen, um auch den kolossalen Appetit von König Rhodar zu stillen. Nachdem sie ihre Mahlzeit beendet hatten, blieben sie noch am Tisch sitzen und unterhielten sich.
»Euer Sohn, Graf Hettar, hat uns mitgeteilt, daß sich die algarischen Clans an der Feste versammeln, Eure Majestät«, berichtete Mandorallen König Cho-Hag.
Cho-Hag nickte.
»Und wir haben Nachricht von dem Ulgoner
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