Turm der Hexer
hatte der seltsamen Frau fast körperliche Schmerzen bereitet. Es war ersichtlich, daß sie nun beabsichtigte, ihm zu folgen zur Not auch in die Schlacht.
Ariana, das blonde Mimbratermädchen, das Lelldorin von Wildantor nach Riva begleitet hatte, räusperte sich, um eine etwas delikate Angelegenheit zur Sprache zu bringen. »Das Leben einer Frau wird von den Umständen bestimmt«, begann sie. »Auch wenn Schlachten sie umtoben und der Krieg alles in Verwirrung stürzt, darf sich eine Dame von Rang nicht ohne Begleitung inmitten einer Armee aufhalten, ohne daß ihr Ruf Schaden erleidet. Die Dame Adara und ich haben in letzter Zeit hierüber gesprochen und beschlossen, daß wir Prinzessin Ce’Nedra als Gefährtinnen begleiten müssen. Wir würden dies aus Pflichtgefühl tun, wenn nicht Liebe uns dazu zwingen würde.«
»Sehr hübsch gesagt, Ariana«, murmelte Adara ohne Andeutung eines Lächelns.
»O je«, seufzte Königin Layla. »Jetzt muß ich mir noch mehr Sorgen machen.«
»Ich glaube, das wäre dann alles«, sagte Polgara. »Ein Königreich zu führen unterscheidet sich gar nicht so sehr davon, einen Haushalt zu führen, und darin habt ihr ja alle Erfahrung. Ändert die politische Richtung nicht und unterzeichnet keine Verträge. Abgesehen davon laßt euch einfach von eurem gesunden Menschenverstand leiten. Wir können dann wieder zu den Herren gehen. Es ist bald Essenszeit, und Männer werden leicht unruhig, wenn sie nicht regelmäßig gefüttert werden.«
Einige Tage später kehrte Barak in Begleitung eines hageren drasnischen Edelmannes nach Riva zurück. Die beiden begaben sich unverzüglich ins Ratszimmer, um den Königen Bericht zu erstatten. Prinzessin Ce’Nedra überlegte, ob sie ihnen in die Besprechung folgen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Ihre Anwesenheit mochte die Diskussion vielleicht hemmen, und sie hatte andere Möglichkeiten herauszufinden, was vor sich ging. Sie lief rasch in ihr Zimmer und legte die Fingerspitzen auf das Amulett.
»… geht recht gut«, hörte sie Baraks Stimme, nachdem sie schließlich das Gespräch geortet hatte, das sie hören wollte. »Die Flotte ist bereit, aus Val Alorn auszulaufen, und Königin Porenn sammelt die drasnischen Pikenträger südlich von Boktor. Die Mobilmachung ist fast abgeschlossen. Aber wir haben trotzdem einige Probleme. Graf Kharel hier ist gerade aus Thull Mardu zurückgekehrt. Alle Berichte aus Nord-Cthol Murgos sind über ihn gegangen, so daß er uns eine gute Einschätzung der dortigen Lage geben kann.«
König Rhodar räusperte sich. »Kharel ist ein verdientes Mitglied des Geheimdienstes«, stellte er ihn vor. »Seine Berichte zeichnen sich durch äußerste Genauigkeit aus.«
»Eure Majestät ist zu freundlich«, sagte eine unbekannte Stimme.
»Haben die Murgos aus dem Süden ihren Marsch nach Norden schon begonnen?« fragte König Anheg.
»Mehr als das, Eure Majestät«, erwiderte Kharel. »Alle Berichte deuten darauf hin, daß der Marsch beinahe beendet ist. In der Umgebung von Rak Goska lagern annähernd vier Millionen von ihnen.«
»Was?« rief Anheg erregt aus.
»Es scheint, daß Taur Urgas den Marsch irgendwann im letzten Herbst begonnen hat«, sagte der Drasnier.
»Über den Winter?«
»Es scheint so, Eure Majestät.«
»Das hat ihn bestimmt einige Leute gekostet«, vermutete König Cho-Hag.
»Etwa hunderttausend, Eure Majestät«, antwortete Kharel, »aber Menschenleben bedeuten Taur Urgas nicht viel.«
»Das ändert alles, Rhodar«, sagte Anheg knapp. »Unser Vorteil war immer die Zeit, die dieser Marsch kosten würde. Den haben wir jetzt verloren.«
»Unglücklicherweise ist da noch mehr, Eure Majestät«, fuhr Kharel fort. »Die Malloreaner aus dem Westen kommen allmählich in Thull Zelik an. Noch ist ihre Anzahl nicht von Bedeutung, aber jeden Tag treffen einige Tausend mit Schiffen ein.«
»Das müssen wir so schnell wie möglich unterbinden«, grollte Anheg. »Rhodar, kannst du deine Techniker innerhalb eines Monats zum Ostkliff schaffen? Ich muß eine Flotte zum Oberlauf des Mardu schleppen. Wir müssen so schnell wie möglich Schiffe ins Meer des Ostens bringen. Wenn wir ’Zakath nicht abdrängen können, überrennen uns die Malloreaner.«
»Ich schreibe sofort an Porenn«, stimmte Rhodar zu.
»Man fragt sich nur, ob der werte Graf auch gute Neuigkeiten bringt«, meinte der Graf von Seline trocken.
»In den Reihen der Feinde könnte es eine Spaltung geben, Graf«, erwiderte Kharel. »Taur Urgas
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