Turm der Hexer
benimmt sich, als wäre er der einzig mögliche Oberbefehlshaber der Angarakhorden, und im Augenblick hat er die zahlenmäßige Überlegenheit auf seiner Seite. Das könnte sich ändern, wenn die Malloreaner eine genügend große Armee an Land bringen können. Es gehen Gerüchte um, daß ’Zakath den Führungsanspruch an Taur Urgas gern in Frage stellen möchte, aber nur ungern im Angesicht von vier Millionen Murgos.«
»Wir sollten versuchen, das so zu belassen«, sagte Rhodar.
»Taur Urgas ist geisteskrank, und Verrückte machen Fehler. Ich habe allerhand über ’Zakath gehört, und ich möchte ihm nicht unbedingt im Feld gegenüberstehen.«
König Cho-Hag verzog das Gesicht. »Selbst ohne die Malloreaner sind wir beim jetzigen Stand etwa zwei zu eins im Nachteil, vorausgesetzt, daß wir die Arendier und Tolnedrer überreden können, sich uns anzuschließen.«
»Ein elender Anfang für einen Krieg, Rhodar«, jammerte Anheg.
»Wir müssen eben unsere Taktik ändern«, erwiderte Rhodar. »Wir müssen die Schlacht so lange wie möglich hinauszögern, um möglichst viele Männer zu rekrutieren.«
»Ich dachte, wir wollten eigentlich gar keine Schlacht«, wandte Barak ein, »und Belgarath hat gesagt, er wollte nur Ablenkungsmanöver.«
»Die Situation hat sich geändert, Barak«, erklärte König Rhodar.
»Wir hatten nicht damit gerechnet, daß die Südmurgos und die Malloreaner so rasch zur Stelle sein würden. Wir müssen mehr tun, als nur ein paar Scheinangriffe führen. Die Angarakaner haben jetzt genug Soldaten, um kleine Gefechte und Unruhen ignorieren zu können. Wenn wir nicht sehr bald einen größeren Vorstoß machen, schwärmen sie über den ganzen Osten des Kontinents aus.«
»Belgarath mag es nicht, wenn man seine Pläne ändert«, erinnerte Anheg Rhodar.
»Belgarath ist nicht hier, und er weiß nicht, was vorgeht. Wenn wir nicht ganz entschieden handeln, werden er, Belgarion und Kheldar nicht durchkommen.«
»Du redest über einen Krieg, den wir nicht gewinnen können, Rhodar«, sagte Anheg unverblümt.
»Ich weiß«, gestand König Rhodar.
Langes Schweigen folgte. »So steht es dann also«, sagte Brand schließlich.
»Ich fürchte ja«, erklärte Rhodar düster. »Eine Ablenkung muß stattfinden, sonst gelangen Belgarion und sein Schwert nie zu Torak. Das ist das einzige, was wirklich zählt, und wir alle müssen notfalls unser Leben geben, um dies zu ermöglichen.«
»Du wirst uns alle umbringen, Rhodar«, sagte Anheg offen, »und unsere Armeen mit uns.«
»Wenn es sein muß, Anheg«, antwortete Rhodar grimmig. »Wenn Belgarion nicht zu Torak gelangt, bedeutet unser Leben ohnehin nichts mehr. Selbst wenn wir alle sterben müssen, damit er dorthin kommt, ist es das wert.«
Ce’Nedras Finger glitten gefühllos von dem Amulett, während sie rückwärts in einen Stuhl sank. Plötzlich begann sie zu weinen. »Das tue ich nicht«, schluchzte sie. »Das kann ich nicht.« Sie sah vor sich eine riesige Menschenmenge, eine Armee von Witwen und Waisen, die sie anklagend anstarrten, und sie schrak vor diesen Blicken zurück. Wenn sie diese Abscheulichkeit beging, würde sie den Rest ihres Lebens in quälendem Selbsthaß verbringen. Immer noch schluchzend, stolperte sie auf die Füße, um ins Ratszimmer zu stürzen und zu erklären, daß sie nichts mit diesem Krieg zu tun haben wollte. Aber dann hielt sie inne, als Garions Gesicht vor ihrem inneren Auge auftauchte, dieses ernste Gesicht mit dem widerspenstigen Haar, das sie immer glattstreichen wollte. Es hing von ihr ab. Wenn sie jetzt zurückschreckte, würden die Angarakaner ungestört Jagd auf ihn machen können. Sein Leben und damit die Zukunft der Welt lag in ihren Händen. Sie hatte keine andere Wahl, als weiterzumachen. Wenn sie nur nicht gewußt hätte, daß der Feldzug zum Untergang verdammt war! Dieses Wissen um das Unglück, das sie alle erwartete, machte es so schrecklich.
Wohl wissend, daß es sinnlos war, begann sie, an der Kette des Amuletts zu zerren. Wäre das Amulett nicht gewesen, hätte sie in seliger Unwissenheit der Zukunft verharren können.
Schluchzend riß sie zornig an der Kette, ohne sich um den Schmerz zu kümmern, als sie in die zarte Haut ihres Halses einschnitt. »Ich hasse dich!« schrie sie das Silberamulett mit dem gekrönten Baum an.
Aber es war sinnlos. Das Amulett würde für den Rest des Lebens um ihren Hals bleiben. Mit aschgrauem Gesicht ließ Ce’Nedra die Hände sinken. Auch wenn sie das Amulett
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