Turm der Hexer
abnehmen könnte, was würde das ändern? Sie wußte bereits und mußte dieses Wissen in ihrem Herzen verschließen. Wenn sich die leiseste Andeutung dieses Wissens auf ihrem Gesicht oder in ihrer Stimme zeigte, würde sie versagen und Garion mußte für ihr Versagen leiden. Sie mußte sich stählen und der Welt siegesgewiß gegenübertreten.
Und so richtete sich die Rivanische Königin auf und hob tapfer das Kinn, obgleich ihr das Herz bleischwer in der Brust lag.
25
B araks neues Schiff war fast um die Hälfte größer als die meisten anderen Kriegsschiffe der cherekischen Flotte, aber es glitt wie eine Möwe durch das Wasser. Dünne, weiße Wolken zogen über den blauen Himmel, und das Meer der Stürme glitzerte im Sonnenschein, als das Schiff sich zur Seite neigte und durch die Wellen pflügte. Tief am Horizont vor ihnen erhob sich die grüne Küste der Spitze von Arendien. Vor zwei Tagen waren sie von Riva losgesegelt, und die cherekische Flotte mit ihren vielen Segeln war hinter ihnen und brachte die grau-gekleideten Rivaner mit, die sich der Armee König Fulrachs von Sendarien anschließen wollten.
In der Nähe des Bugs ging Ce’Nedra nervös auf dem Deck auf und ab ihr blauer Mantel flatterte im Wind, und ihre Rüstung schimmerte in der Sonne. Trotz des schrecklichen Wissens, das sie in ihrem Herzen verborgen hielt, war dies alles aufregend. Das Sammeln der Männer, die Schwerter, und die Schiffe, die vor dem Wind dahineilten, das Bewußtsein eines gemeinsamen Ziels, dies alles brachte ihr Blut in Wallung und erfüllte sie mit einer Hochstimmung, die sie nie zuvor verspürt hatte.
Die Küste rückte näher ein weißer Sandstrand, hinter dem sich die dunkelgrünen arendischen Wälder erstreckten. Als sie auf die Küste zuhielten, tauchte ein gepanzerter Ritter auf einem riesigen, kastanienbraunen Hengst aus den Bäumen auf und ritt auf dem Strand bis hinunter zum Wasser, wo schaumgekrönte Wellen auf den feuchten Sand liefen. Die Prinzessin beschattete ihre Augen mit der Hand und spähte angespannt zu dem glänzenden Ritter hinüber. Dann, als er weit ausholend winkte, um ihnen mitzuteilen, daß sie die Küste noch ein Stück weiter hinauffahren sollten, sah sie den Federbusch auf seinem Schild. Plötzlich jubelte ihr Herz. »Mandorallen!« rief sie mit klingender Stimme, an die Taue weit vorn im Bug geklammert.
Der große Ritter erwiderte den Gruß, gab seinem Pferd dann die Sporen und galoppierte durch die Gischt. Der blausilberne Wimpel an seiner Lanze flatterte hoch über seinem Kopf. Das Schiff neigte sich zur Seite, als Barak das Ruder bewegte, und getrennt durch einen hundert Meter breiten Streifen aufgewühlten Wassers, blieben Schiff und Reiter auf gleicher Höhe entlang der Küste.
Es war ein Augenblick, an den sich Ce’Nedra für den Rest ihres Lebens erinnern würde ein so vollkommenes Bild, das für immer in ihr Gedächtnis eingebrannt war. Das große Schiff flog vor dem Wind durch das blaue Wasser, die weißen Segel blähten sich, und das große Schlachtroß donnerte am Strand durchs Wasser, das unter seinen schweren Hufen nur so spritzte. Miteinander verbunden in diesem unendlichen Augenblick eilten Schiff und Reiter in der warmen Frühlingssonne auf eine bewaldete Halbinsel zu, die etwa eine Meile vor ihnen lag.
Ce’Nedra jubelte im Bug des Schiffes, ihr flammendrotes Haar flatterte wie ein Banner.
Hinter der Halbinsel lag eine geschützte Bucht, und auf dem Strand war das Lager der sendarischen Armee aufgeschlagen, eine ordentliche Reihe von graubraunen Zelten neben der anderen. Barak schwang das Ruder herum, und die Segel flatterten, als das Schiff in die Bucht einlief.
»Ho, Mandorallen!« brüllte Barak, als die Ankerkette rasselte und der schwere, eiserne Anker durch das kristallklare Wasser auf den sandigen Grund fiel.
»Graf Barak«, rief Mandorallen zurück, »willkommen in Arendien. Baron Brendig hat sich etwas ausgedacht, um Eure Landung zu beschleunigen.« Er deutete auf eine Stelle, wo etwa hundert sendarische Soldaten eifrig damit beschäftigt waren, eine Anzahl großer Flöße in Stellung zu bringen und sie miteinander zu verbinden, so daß sich ein langer, schwimmender Steg ergab, der in die Bucht hinausragte.
Barak lachte. »Man kann sich immer darauf verlassen, daß ein Sendarier mit einer praktischen Idee ankommt.«
»Können wir jetzt an Land gehen?« fragte König Rhodar ängstlich, als er aus seiner Kabine auftauchte. Der König war kein guter Seemann, und
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