Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Turm der Hexer

Turm der Hexer

Titel: Turm der Hexer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
Vom Netzwerk:
Mut, als sie den Sonnenstand betrachtete. »Ich glaube, mir wird schlecht«, sagte sie mit bebender Stimme.
    »Vielleicht später, Ce’Nedra. Jetzt hast du keine Zeit dafür.« Polgara wandte sich an Lelldorin. »Ich denke, du kannst Ihre Majestät jetzt vorstellen.«
    Lelldorin kletterte auf die Mauer und bat mit einer Handbewegung um Ruhe. »Landsleute«, verkündete er mit lauter Stimme, »am letzten Erastide hat ein Ereignis stattgefunden, das unsere Welt in ihren Grundfesten erschüttert hat. Mehr als tausend Jahre haben wir auf diesen Augenblick gewartet. Landsmänner, der Rivanische König ist zurückgekehrt!«
    Die Menge wurde unruhig, und ein aufgeregtes Summen durchlief sie. Lelldorin, immer zu Übertreibungen neigend, erwärmte sich für sein Thema. Er erzählte von dem flammenden Schwert, das Garions wahre Identität preisgegeben hatte und von den Treueiden, die die alornischen Könige Belgarion von Riva geschworen hatten. Ce’Nedra, die vor Nervosität fast ohnmächtig wurde, hörte ihn kaum. Sie versuchte ihre Rede im Geiste aufzusagen, aber ihr geriet alles durcheinander. Dann, schierer Panik nahe, hörte sie ihn sagen: »Meine Herren, hier ist Ihre Kaiserliche Hoheit, Prinzessin Ce’Nedra die Rivanische Königin.« Alle Augen wandten sich ihr erwartungsvoll zu.
    Am ganzen Körper zitternd, kletterte sie auf die Mauer und sah auf die Gesichter hinab. Ihre Vorbereitungen, ihre eingeübten Sätze, alles verschwand aus ihrem Gedächtnis, und sie stand da, blaß und zitternd, ohne die leiseste Ahnung, wie sie anfangen sollte. Die Stille war schrecklich.
    Wie es der Zufall wollte, hatte einer der jungen Asturier in den ersten Reihen an diesem Morgen mehr Wein getrunken, als gut für ihn gewesen war. »Ich glaube, Ihre Majestät hat ihre Rede vergessen«, sagte er laut kichernd zu seinem Nachbarn.
    Ce’Nedra reagierte prompt. »Und ich glaube, der Herr hat seine Manieren vergessen«, fauchte sie unüberlegt. Unhöflichkeit machte sie wütend.
    »Ich glaube nicht, daß ich mir das hier anhöre«, erklärte der angeheiterte junge Mann übertrieben gelangweilt. »Es ist doch nur Zeitverschwendung. Ich bin ebensowenig Rivaner wie einer von euch. Was kann eine fremde Königin schon zu sagen haben, das für einen asturischen Patrioten von Interesse ist?« Damit wollte er gehen.
    »Ist der patriotische Herr so weinselig, daß er vergessen hat, daß auf der Welt auch noch etwas anderes existiert als dieser Wald?« erwiderte Ce’Nedra hitzig. »Oder ist er vielleicht so ungebildet, daß er nicht weiß, was da draußen vor sich geht?« Sie zeigte mit dem Finger auf ihn. »Hör mich an, Patriot«, sagte sie mit klingender Stimme, »vielleicht glaubst du, ich bin nur hier, um eine hübsche, kleine Rede zu halten, aber was ich dir zu sagen habe, ist das Wichtigste, was du in deinem Leben je zu hören bekommen wirst. Du kannst zuhören, oder du kannst uns den Rücken zukehren und gehen und in einem Jahr, wenn es kein Asturien mehr gibt und wenn eure Häuser nur noch rauchende Ruinen sind und die Grolims eure Familien zu Toraks Altären mit ihren Feuern und blitzenden Messern treiben, dann kannst du an diesen Tag zurückdenken und dich verfluchen, weil du mir nicht zugehört hast.«
    Als ob ihr Zorn über diesen unverschämten jungen Mann plötzlich einen Damm gesprengt hätte, begann Ce’Nedra zu sprechen.
    Sie sprach offen, ohne die einstudierten Sätze, die sie geübt hatte, sondern mit Worten, die von Herzen kamen. Je länger sie sprach, desto leidenschaftlicher wurde sie. Sie flehte, sie schmeichelte und schließlich befahl sie. Sie konnte sich später nicht genau erinnern, was sie gesagt hatte, aber sie vergaß nie, wie sie sich dabei gefühlt hatte.
    Die ganze Kraft und das Feuer, die ihre kindischen Wutausbrüche und Launen genährt hatten, kamen jetzt ins Spiel. Sie sprach feurig, ohne an sich zu denken, sondern mit einem verzehrenden Glauben an das, was sie sagte. Am Ende hatte sie alle gewonnen.
    Als die Strahlen der Sonne auf sie fielen, funkelte ihre Rüstung, und ihr Haar schien zu flammen. »Belgarion, König von Riva und Kaiser des Westens, ruft euch zu den Waffen«, rief sie. »Ich bin Ce’Nedra, seine Königin, und ich stehe vor euch als lebendes Banner. Wer von euch hört Belgarions Ruf und folgt mir?«
    Der junge Mann, der sie ausgelacht hatte, war der erste, der sein Schwert zog. Er erhob es zum Gruß und rief: »Ich folge dir!« Als ob dies ein Signal gewesen wäre, funkelten plötzlich fast

Weitere Kostenlose Bücher