Turm der Hexer
Polgara wurden wieder gesehen, wie sie durch die Länder des Westens zogen. Sie hatten einen jungen Mann namens Garion bei sich, der Belgarath seinen Großvater und Polgara seine Tante nannte. Und während sie durch die Königreiche reisten, sammelten sie eine seltsame Gesellschaft um sich.
Den alornischen Königen, die sich zur Beratung versammelt hatten, enthüllte Belgarath, daß es der Abtrünnige Zedar gewesen war, dem es gelungen war, das Auge zu stehlen und mit ihm nach Osten zu fliehen, vermutlich, um den schlafenden Torak damit aufzuwecken. Und dorthin mußte Belgarath mit seinen Gefährten, um es zu retten.
Dann entdeckte Belgarath, daß Zedar einen vollkommen unschuldigen Knaben gefunden hatte, der gefahrlos das Auge berühren konnte. Aber nun führte der Weg zu den finsteren und gefährlichen Stätten der Grolimpriester Toraks, wohin der Magier Ctuchik das Auge und den Knaben verschleppte, die er Zedar entrissen hatte.
Im Laufe der Zeit wurde diese Reise Belgaraths und seiner Gefährten als Belgariad-Saga bekannt. Aber ihr Ende lag in der Prophezeiung verborgen. Und selbst der Prophezeiung war der letztendliche Ausgang unbekannt.
Teil Eins
Algarien
1
C tuchik war tot ja, mehr als das –, und die Erde selbst bebte und stöhnte unter der Nachwirkung seiner Zerstörung. Garion und die anderen flohen durch die dämmrigen Gänge abwärts, die die schwankende Basaltsäule durchzogen. Die Felsen knirschten und krachten, Bruchstücke regneten von den Decken in der Dunkelheit auf sie herab. Selbst beim Laufen überschlugen sich Garions Gedanken, schossen zusammenhanglos durcheinander und kreisten um das Unglaubliche, das sich gerade ereignet hatte. Flucht war ihm ein verzweifeltes Bedürfnis, und er floh, ohne zu denken oder etwas wahrzunehmen. Seine Schritte waren so mechanisch wie sein Herzschlag.
Seine Ohren waren erfüllt von einem anschwellenden, triumphierenden Gesang, der in den Gewölben seines Verstandes erklang, jeden Gedanken auslöschte und ihn in benommenes Staunen versetzte. Durch all seine Verwirrung war er sich jedoch klar der vertrauensvollen Berührung der kleinen Hand bewußt, die in der seinen ruhte. Der kleine Junge, den sie in Ctuchiks dunklem Turm gefunden hatten, rannte neben ihm her, das Auge Aldurs fest an die Brust gepreßt. Garion wußte, daß es das Auge war, das seinen Geist mit seinem Gesang erfüllte. Es hatte ihm die ganze Zeit zugeflüstert, als sie die Stufen des Turms erklommen, und sein Lied war stärker geworden, als sie den Raum betraten, in dem es gelegen hatte. Es war das Lied des Auges, das jeden Gedanken auslöschte weniger der Schock oder die donnernde Detonation, die Ctuchik zerstört und Belgarath wie eine Stoffpuppe durch die Luft geschleudert hatte, oder das tiefe, düstere Grollen des nachfolgenden Erdbebens.
Garion kämpfte beim Laufen, versuchte verzweifelt, seine Gedanken irgendwie zu ordnen, aber der Gesang vereitelte seine Bemühungen und brachte ihn durcheinander, so daß zufällige Eindrücke und Erinnerungen hierhin und dorthin huschten und ihn ohne Ziel oder Richtung flüchten ließen.
Der dumpfe Gestank der Sklavenquartiere, die unterhalb der einstürzenden Stadt Rak Cthol lagen, drang scharf durch die dunklen Gänge. Als ob sie durch diesen einzelnen Reiz plötzlich entfesselt wurde, brach eine Flut von Erinnerungen an andere Gerüche über Garion herein: der warme Duft frischgebackenen Brotes in Tante Pols Küche auf Faldors Farm; der Salzgeruch des Meeres, als sie in Darin an der Nordküste Sendariens ankamen, dem ersten Abschnitt ihrer Suche nach dem Auge; der Gestank der Sümpfe und Dschungel in Nyissa; der ekelerregende Geruch der brennenden Körper der geopferten Sklaven in Toraks Tempel, der gerade unter den fallenden Mauern von Rak Cthol zusammenstürzte. Aber seltsamerweise war es der Duft des sonnenwarmen Haars von Prinzessin Ce’Nedra, der in seinen verworrenen Erinnerungen am deutlichsten hervortrat.
»Garion!« Tante Pols scharfe Stimme erklang neben ihm in der Dunkelheit. »Paß auf, wo du hintrittst!« Er versuchte, seine Gedanken wieder unter Kontrolle zu bringen, während er bereits über einen Stein stolperte, der zu einem Teil der Decke gehörte, die eingebrochen war.
Überall um sie herum erklangen jetzt die entsetzten Schreie der in ihren feuchten Zellen eingesperrten Sklaven, die sich mit dem Dröhnen und Grollen des Erdbebens zu einer fremdartigen Disharmonie verbanden. Auch andere Geräusche ertönten aus der
Weitere Kostenlose Bücher