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Turm der Hexer

Turm der Hexer

Titel: Turm der Hexer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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Darin gebracht hatten, damals, als all dies begann. So deutlich, als ob er dabei wäre, hörte er wieder den schrillen Angriff des Keilers, den er in dem verschneiten Wald vor Val Alorn getötet hatte, und dann das bittersüße Flötenlied des arendischen Leibeigenenjungen, das sich von dem baumstumpfübersäten Feld zum Himmel emporgeschwungen hatte und wo Asharak, der Murgo, ihn mit Haß und Furcht in dem vernarbten Gesicht beobachtet hatte.
    Garion schüttelte den Kopf, um die Gedanken wieder zu ordnen, aber der Gesang zog ihn zurück in diese benommene Träumerei. Ganz deutlich hörte er das grauenhafte, zischende Knistern des brennenden Asharak unter den riesigen, uralten Bäumen im Dryadenwald und das verzweifelte Flehen des Grolims: »Meister, Gnade.« Dann hörte er die Schreie in Salmissras Palast, als Barak, verwandelt in einen schrecklichen Bär, sich mit Tatzen und Zähnen seinen Weg zum Thronsaal bahnte, und Tante Pol in eisiger Wut neben ihn.
    Und dann war die Stimme, die schon immer in seinem Geist gewesen war, wieder da. »Hör auf dagegen anzukämpfen.«
    »Was ist das?« fragte Garion und bemühte sich, seine Gedanken zu konzentrieren.
    » Es ist das Auge.«
    »Was macht es?«
    »Es möchte dich kennenlernen. Es ist seine Art, Dinge herauszufinden.«
    »Kann es nicht warten? Wir haben jetzt wirklich keine Zeit.«
    »Du kannst versuchen, ihm das zu erklären, wenn du willst.« Die Stimme klang belustigt. »Vielleicht hört es zu, aber ich bezweifle es. Es wartet schon sehr lange auf dich.«
    »Wieso auf mich?«
    »Wirst du eigentlich nie müde, das zu fragen?«
    »Macht es dasselbe auch mit den anderen?«
    »In geringerem Umfang. Du kannst dich ebensogut entspannen. So oder so, es bekommt doch, was es will.«
    Irgendwo draußen in den dunklen Gängen ertönte plötzlich das Klirren von Stahl auf Stahl, dann ein verblüffter Schrei. Garion hörte das Dröhnen von Hieben, jemand stöhnte. Danach war Stille.
    Kurz darauf hörten sie leise Schritte, und Barak und Mandorallen kehrten zurück. »Wir konnten den einen nicht finden, der hinter den anderen herkam«, berichtete Barak. »Gibt es schon Anzeichen dafür, daß Belgarath wieder wach wird?«
    Polgara schüttelte den Kopf. »Er ist noch immer ohne Bewußtsein.«
    »Dann werde ich ihn tragen. Wir sollten besser gehen. Es ist noch ein langer Weg bis unten, und diese Höhlen werden in kürzester Zeit voller Murgos sein.«
    »Noch einen Moment«, sagte sie. »Relg, weißt du, wo wir sind?«
    »Ungefähr.«
    »Bring uns dorthin, wo wir die Sklavin zurückgelassen haben«, befahl sie in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
    Relgs Gesicht verhärtete sich, doch er sagte nichts.
    Barak bückte sich und hob den bewußtlosen Belgarath hoch. Garion streckte die Arme aus, und folgsam kam der kleine Junge auf ihn zu, das Auge immer noch schützend an die Brust gedrückt. Das Kind war seltsam leicht, und Garion trug es nahezu mühelos. Relg hob seine schwach glühende Holzschale, um ihnen den Weg zu leuchten, dann ging es weiter, links, rechts, um Ecken, einem Zickzackkurs folgend, der sie tiefer und tiefer in die düsteren Höhlen führte. Die Dunkelheit des Gipfels über ihnen schien mit immer größerem Gewicht auf Garion zu lasten, je weiter sie gingen. Das Lied in seinem Geist schwoll wieder an, und Relgs schwaches Licht schickte seine Gedanken wieder auf Wanderschaft. Nun, da er begriff, was vor sich ging, schien es leichter zu gehen. Das Lied öffnete seinen Geist, und das Auge saugte jeden Gedanken und jede Erinnerung heraus, durchlief sein Leben mit einer leichten, flackernden Berührung. Es besaß eine eigentümliche Neugier, die oft bei Dingen verharrte, welche Garion überhaupt nicht für wichtig hielt, und Ereignisse kaum streifte, welche ihm entsetzlich bedeutend erschienen waren, als sie geschahen. Es spürte jedem Schritt ihrer langen Reise nach Rak Cthol genau nach. Es kam mit ihnen in die Kristallhöhle in den Bergen oberhalb Maragors, wo Garion das neugeborene Fohlen berührt und ihm das Leben geschenkt hatte, in diesem eigenartig notwendigen Akt der Sühne, der irgendwie die Verbrennung Asharaks wiedergutgemacht hatte. Es begleitete sie ins Tal, wo Garion bei seinem ersten Versuch, den Willen und das Wort bewußt einzusetzen, den großen weißen Felsblock weggerollt hatte. Es nahm kaum Notiz von dem schrecklichen Kampf mit Grul, dem Eldrak, oder von dem Besuch in den Höhlen von Ulgo, schien aber sehr interessiert an dem Gedankenschild,

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