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Turm der Lügen

Turm der Lügen

Titel: Turm der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cristen
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zornbebender Stimme. Er machte Anstalten, das Bittgesuch einfach ins Kaminfeuer zu werfen. Adrien konnte es im letzten Moment verhindern.
    »Tut das nicht. Es könnte ein Beweis sein.«
    »Ein Beweis wofür?«
    Adrien schüttelte den Kopf. »Ich kann es nicht genau sagen. Irgendwann für irgendetwas. Heute erst habe ich Mahaut gesprochen. Sie kam, meinen Vater zu sehen. Dabei hat sie mich ausdrücklich gebeten, dir eine Botschaft zu überbringen. Du sollst Geduld haben und Louis wegen Jeanne nicht bedrängen. Sie bittet dich, keine unüberlegten Vorstöße zu machen, die ihn gegen sie aufbringen. Sie hält es für ratsam, zu warten, bis sich die Gemüter beruhigt haben.«
    »Warum schickt sie dann dieses Bittgesuch, ausgerechnet jetzt?«
    »Das frage ich mich auch.« Adrien prüfte das Pergament genauer. »Wer beweist uns, dass es tatsächlich von ihr stammt? Sieh nur, es ist das Werk eines Schreibers. Ein geschickter Betrüger hat keine Probleme, Mahauts Unterschrift nachzuahmen. Auch das Siegel kann gefälscht sein. Sowohl Mahaut wie auch Ihr habt Feinde.«
    Nachdenklich fuhr Philippe sich mit beiden Händen durchs Haar: »Artois? Schon wieder Artois? Wenn ja, soll der Teufel ihn holen. Nach dem Tod meines Vaters hält er sich an keine Abmachungen mehr. Der Kerl ist raffiniert. Heute hat er sich im Rat erboten, nach Château Gaillard zu reiten, um Marguerite zur Scheidung zu drängen. Wenn ihm das gelingt, verschafft er sich eine mächtige Position. Das lässt wenig Hoffnung für Jeanne.«
    »Sollte er tatsächlich dahinterstecken, wird er mit seiner Aktion keinen Erfolg haben. Marguerite ist der Dorn im Auge des Königs. Sie hasst er. Die beiden anderen sind nur Randfiguren. Aber ihr kennt Marguerite und ihren Ehrgeiz. Sie wird sicher erfahren haben, dass sie jetzt Königin von Frankreich ist. Sie wird keinen Schritt zurückweichen. Auf der ehelichen Geburt ihrer Tochter muss sie ebenso bestehen. Sie ist ihr einziges Faustpfand.«
    »Wer weiß, ob sie nach einem Winter wie diesem noch fähig ist, Louis die Stirn zu bieten«, warf Philippe ein. »Aber seit er die Macht in seinen Händen hält, handelt er immerhin ab und zu besonnener. So versucht er Charles und mich auf seine Seite zu ziehen. Eine seiner ersten Amtshandlungen war, meine Grafschaft Poitiers in den Rang einer Pairschaft zu erheben. Dasselbe gilt für Charles und das Lehen von La Marche.«
    Indem er seine Brüder zu Pairs von Frankreich ernannte, hob er sie in den höchsten Rang des Adels. Sie waren damit die ersten Männer nach dem König. Ihr Wort hatte vor allen anderen Gewicht. Mit dieser Ehre, die allein der König gewähren konnte, sicherte sich Louis geschickt die Dankbarkeit seiner Brüder. Sie übertrug ihnen spezielle Aufgaben bei Königskrönungen und machte sie zu Beisitzern des königlichen Lehnsgerichtes.
    »Wie hat Euer Onkel Valois diese Ehrung aufgenommen?«, erkundigte sich Adrien.
    »Mit säuerlicher Miene. Aber Louis hat auch ihn entschädigt. Er hat ihm gestattet, Enguerrand de Marigny in die Enge zu drängen. Die Tage des Kanzlers sind gezählt. Mein Bruder macht ihn zum Sündenbock für die leere Staatskasse. Valois will die Marignys seit langem stürzen. Enguerrands Bruder, den Kardinal, würde er auch am liebsten vernichten. Ihre Macht ist ihm ein Dorn im Auge.«
    »Ich zähle beileibe nicht zu Marignys Freunden, aber ist es klug, ihn, der die rechte Hand des verstorbenen Königs war, zu bekämpfen? In den Händen des Kanzlers laufen alle Fäden der Staatsverwaltung zusammen. Erst wenn der König sie wie die Zügel seines Pferdes zu handhaben weiß, benötigt er Enguerrand von Marigny nicht länger.«
    Philippe antwortete mit einer stummen Geste, die Adrien leicht deuten konnte. Louis’ Handeln wurde, trotz guter Ansätze, hauptsächlich von Zorn und persönlichen Gefühlen bestimmt, nicht von Klugheit und Vernunft.
    Aber Adrien kam bei Philippes Ausführungen noch eine andere Idee.
    »Was, wenn Jeanne, deren Unschuld durch die protokollierten Aussagen der Brüder Aunay bewiesen ist, den
cours de pairs,
das Parlament, um seinen Richtspruch bittet? Man kann ihr kein Verbrechen anlasten, das lebenslange Verbannung erfordert. Louis hat dir mit deiner Ernennung zum Pair in diesem Gremium eine wichtige Stimme verschafft.«
    Sein Vorschlag fiel auf fruchtbaren Boden. Er sah es an Philippes Gesichtsausdruck.
    »Wie können wir die Sache angehen?«, fragte er nach einer Spanne des Schweigens.
    »Wir müssen Mahaut die Wahrheit

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