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Turm der Lügen

Turm der Lügen

Titel: Turm der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cristen
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Sein Gruß für Adrien klang mürrisch.
    »Was ist geschehen?«, fragte Adrien.
    »Unser König ist entschlossen, eine neue Ehe einzugehen. Er prüft mit Valois die Liste der europäischen Prinzessinnen. Im Grunde ist die Wahl jedoch bereits getroffen. Clementia von Ungarn soll die Glückliche sein«, berichtete Philippe hörbar erregt.
    »Der König
ist
verheiratet.«
    »Das stört Louis nicht. Er fordert die Scheidung von Marguerite, und wenn das nicht möglich ist, die Annullierung seiner Ehe. Valois hat ihm eingeredet, dass es für einen König Möglichkeiten gibt, die einem einfachen Prinzen nicht offenstehen. Nun kann es ihm gar nicht mehr schnell genug gehen.«
    Der Name Valois fiel einmal zu oft.
    »Irre ich mich, oder ist Euer Onkel Valois mit Clementia verwandt?«, erkundigte sich Adrien vorsichtig.
    »Sie ist die Nichte seiner verstorbenen ersten Frau. Die Tochter eines Anjou und die Enkelin Marias von Ungarn. Ihre Abstammung ist über jeden Tadel erhaben. Zudem soll sie schön, sanftmütig und von heiterem Gemüt sein. Louis kann es kaum erwarten, mit ihr einen Sohn zu zeugen. Er hat Bouville, den ehemaligen Großkämmerer unseres Vaters, als Brautwerber nach Neapel geschickt, wo sie am Hofe ihrer Großmutter lebt.«
    Ein bedrückendes Schweigen trat ein. Philippe ließ die Arme sinken. Er trat vom Glutbecken an den Arbeitstisch. Eine Fülle von Papieren, Urkunden, Folianten, Gänsekielen und Tintenfässern stapelte sich darauf. Er tat sein Möglichstes, Louis in seinem neuen Amt zu unterstützen. Vor allem wollte er den Einfluss seines Onkels begrenzen.
    Adrien betrachtete die vornübergebeugte Gestalt. Seit Fontainebleau war Philippe verschlossener und schweigsamer als zuvor. Kein Wort über die Geburt der vierten Tochter kam über seine Lippen, noch erwähnte er Jeanne. Er wollte weder Zuspruch noch Mitgefühl.
    »Was zum Teufel soll das hier?«
    Die Tür donnerte gegen die Wand. Philippes älterer Bruder stürmte unverhofft herein. Er warf ihm eine Pergamentrolle an die Brust. Den Sekretär, der ihm folgte, wies er mit einer herrischen Handbewegung hinaus.
    Adrien wich in den Winkel neben dem Kamin zurück. Unwillkürlich fasste er an seinen Gürtel, an dem der Dolch hing. Louis ging auf Philippe los, als wolle er ihm den Hals umdrehen. Schnaubend blieb er vor ihm stehen und deutete auf das Pergament, das sein Bruder reaktionsschnell aufgefangen hatte.
    »Nun, Philippe. Willst du mir das erklären?«
    Ruhig zog Philippe die Rolle auseinander und überflog die Zeilen. Adrien konnte die regelmäßigen Schriftzüge eines guten Schreibers erkennen. Ein Siegel.
    »Ein Bittgesuch, unterzeichnet von Mahaut von Artois. Was ist daran so empörend, dass sie alles versucht, ihre Töchter zu retten, Sire?«
    Adrien traute seinen Ohren nicht. Weshalb riet Mahaut Philippe zum Abwarten, während sie gleichzeitig ein offizielles Gesuch an den König richtete? Welche Intrige steckte hinter einem solchen Widerspruch?
    »Lass dir eines gesagt sein, Bruder. Keine der Ehebrecherinnen kann unter meiner Herrschaft jemals Gnade erwarten. Ich will nicht, dass die Anwesenheit der drei Dirnen meinen Hof beschmutzt. Man soll sie vergessen. Alle. Für immer.«
    Philippe erblasste. Das Pergament in den Händen raschelte, als er die Finger zur Faust ballte.
    »Jeanne ist weder eine Ehebrecherin noch eine Hure, Bruder. Ihr mögt der König sein, aber nicht einmal der König hat das Recht, meine Frau zu beleidigen. Besinnt Euch, ehe Ihr handelt. Mahaut bietet Euch einen ehrenvollen Weg an, wenigstens das Unrecht zu tilgen, das unser Vater Jeanne angetan hat. Schickt die Tochter zur Mutter zurück. Güte ist kein Zeichen von Schwäche.«
    »Damit auch du nach Burgund gehst und dich dort mit dem rebellierenden Adel gegen mich erhebst? Hältst du mich für einfältig, Philippe?«
    »Wenn Ihr Jeanne Gnade erweist, werde ich Euer treuester Diener sein, Sire. Ihr könnt Euch bedingungslos auf mich verlassen.«
    »Nein. Nein. Und noch einmal nein. Die Dirne bleibt in Dourdan. Ich dulde auch keine Besuche mehr. Glaube ja nicht, ich wüsste nicht, dass du unseren Vater ihretwegen beschwatzt hast. Aber er ist nicht mehr, und von mir wird es keine Gnade geben. Richte das dieser Hexe von Mahaut aus.«
    Er stürmte so unbeherrscht aus dem Raum, wie er ihn betreten hatte.
    »Allmächtiger«, seufzte Adrien. »Ist das die Art, wie er Frankreich regieren will? Fernab jeder Gerechtigkeit und Vernunft?«
    »Ich fürchte, ja«, entgegnete Philippe mit

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