Turm-Fraeulein
»Und wer seid ihr?« fragte sie, den Bleistift schreibbereit gezückt.
»Ich bin Grundy Golem auf Queste«, sagte Grundy wichtigtuerisch, unmittelbar außer Reichweite des Mondlichts. »Das hier sind Chester Zentaur, Bink und Snorty. Wer bist du?«
»Snorty?« fragte sie. »Ich kann ihn gar nicht sehen.«
»Er ist das Ungeheuer Unterm Bett. Die meisten Erwachsenen können ihn nicht sehen. Und jetzt bist du an der Reihe mit dem Antworten, Süße.«
»Wie interessant«, meinte sie. »Das Ungeheuer Unterm Bett. Ich dachte, das wären einfach nur Phantastereien.«
»Hör mal, Zuckerpüppchen«, schnaubte Grundy verächtlich. »Wirst du jetzt endlich mal eine einfache Frage beantworten, oder hast du schon vergessen, wie du heißt?«
»Ach so, ja«, sagte sie und beendete ihre Notiz. »Ich bin EmJay, und das hier ist mein Esel.«
»Dieses Tier da?«
»Das ist kein gewöhnliches Tier!« erwiderte sie empört. »Das ist Mike, das ist mein Esel rechter Hand, und er hilft mir sehr viel.«
Grundy musterte das zottige Vieh. »Wobei hilft er dir?«
»Hilft mir dabei, meine Notizen zu machen. Ohne ihn würde ich die Sache nie schaffen.«
»Worüber machst du denn Notizen?«
»Über alles in Xanth, für mein Lexikon.«
»Wozu soll das gut sein?«
»Nun, ich hoffe, daß es für Leute nützlich sein wird, die sich schnell über irgend etwas informieren wollen.«
»Wie wer zum Beispiel?«
Das schien sie zu verblüffen. »Na ja, irgend jemand muß sich doch wohl für Xanth interessieren!«
»Der einzige, der mir dazu einfällt, ist der Gute Magier Humfrey, und der weiß schon alles, was er wissen will.«
»Vielleicht die Mundanier…« warf sie verunsichert ein.
»Mundanier! Was wissen die denn schon?«
»Sehr wenig«, sagte sie. »Deshalb brauchen sie auch ein Lexikon.«
»Typisch weibliche Logik«, meinte Grundy abfällig. »Und nun geh uns endlich aus dem Weg, damit wir weiterkönnen.«
Aus irgendeinem Grund wirkte EmJay ein bißchen irritiert, doch sie gab nach. »Du hast gesagt, daß du dich auf einer Queste befindest. Was ist das für eine Queste?«
»Was geht dich das denn an?«
»Ich will sie natürlich im Lexikon aufführen.«
Grundy überlegte. Wahrscheinlich konnte es nicht schaden, wenn er es ihr verriet. »Ich will zum Elfenbeinturm, um Stanley Dampfer zu retten.«
»Ach, den kleinen Drachen!« rief sie und verglich ihren Notizeintrag. »Kann ich mitkommen?«
»Nun hör mal gut zu, Schwester!« sagte Grundy wütend. »Das hier ist meine Queste, nicht deine! Ich brauche keine fremde Frau und ihren Esel dabei, die dann alles nur vermasseln.«
»Du gehörst aber wirklich zur diplomatischen Sorte, wie!« rief sie. »Wieso glaubst du, daß ich deine kostbare Queste vermasseln würde?«
»Du bist schließlich eine Frau!« erinnerte Grundy sie. »Natürlich würdest du sie vermasseln.«
Sie sah zwar aus, als wollte sie nun ein Streitgespräch vom Zaun brechen, besann sich aber eines besseren. »Nun, und wenn wir ein kleines Stück mitziehen und dich dann allein lassen, wenn wir etwas vermasseln sollten?«
Mürrisch willigte Grundy schließlich ein. Bink und Chester, die beide verheiratet waren, hatten sich bemerkenswert stumm verhalten.
Also machten sie sich wieder auf den Weg, wobei EmJay und der Esel ihnen nachfolgten. Ein paar Stunden lang kamen sie recht gut voran – bis sie einer weiteren Frau begegneten.
Diese hier war jung und sinnlich. »Oho!« hauchte sie. »Wen haben wir denn hier?«
»Wir brauchen nicht noch eine Frau!« fauchte Grundy.
»Ich bin nicht unbedingt eine richtige Frau«, murmelte die Neue.
»Du siehst aber wie eine aus! Was bist du denn dann – ein Ungeheuer?«
»Auf meine Art«, bestätigte sie. »Ich bin ein Sukkubus, und zwar gerade auf Geschäftsreise.«
»Äh… oh…« machte Chester.
»Mit dir machen wir keine Geschäfte«, erwiderte Bink entschieden.
»Seid ihr ganz sicher?« fragte sie schnippisch. Plötzlich begann sie zu flackern und zu leuchten und sah mit einemmal ganz genau wie Binks Frau Chamäleon in ihrer hübschesten Phase aus.
»Wir sind uns ganz sicher«, meinte Chester.
Wieder begann der Sukkubus zu schimmern, und da stand nun Chesters Lebensgefährtin, Cherie, in ihrer verführerischsten Pose. »Ich mache viele Geschäfte mit verheirateten Männern«, sagte sie.
»Aber nicht mit diesen hier«, sagte Grundy. »Hau gefälligst ab, du Schlampe.«
»Vielleicht gehe ich nur ein bißchen mit«, erwiderte der Sukkubus. »Nur für den Fall, daß
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