Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Turm-Fraeulein

Titel: Turm-Fraeulein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
du denn, um mir Vorhaltungen zu machen?« wollt Grundy streitlustig wissen.
    »Ich bin ein Kraftbaum«, erwiderte der Baum stolz.
    Plötzlich sah Grundy eine Lösung für sein Problem. »Gib mir einen Bissen davon!« sagte er und hämmerte auf die Frucht ein. Sie war durch den Sturz an einer Stelle leicht gespalten. Grundy puhlte einen saftigen Samen hervor und kaute darauf.
    Einen Augenblick später spürte er die Wirkung. Kraft durchströmte ihn. Er wurde zwar nicht größer oder muskulöser, er hatte einfach weitaus mehr Kraft in allem, was er nun tat. Das war natürlich das Wesen der Frucht des Kraftbaums: sie machte den Essenden stark und kräftig. Zumindest für eine Weile.
    Grundy nutzte die Gunst des Augenblicks. Er sprang auf den Boden und packte einen der Bettpfosten.
    »Wir hauen von hier ab«, sagte er zu Snorty, der angstzitternd unter der Bettmitte kauerte. »Bleib einfach immer nur in der Mitte, damit das Licht dich nicht erwischt.«
    Dann riß er an dem Bett. Es geriet in Bewegung. Er schritt weiter, das Bett mit sich zerrend. So entfernte er es von dem Baum und kam damit in den Wald, fort von dem Druck der Börsenbullen und der Bären. Als die Kraft des Baumes nachließ, hatte er das Bett in einem Dickicht in Sicherheit gebracht.
    Bink und Chester gesellten sich zu ihm. »Als wir auf dem Rückweg waren und gerade ein paar Früchte geschmaust hatten, begegneten wir einem Zug Nickelfüßler«, erklärte Bink, »und mußten einen weiten Bogen um sie machen. Dann hörten wir Lärm auf dem Feld, kamen aber nicht so schnell heran.«
    »Wir waren inmitten von angreifenden Bullen und Bären gefangen!« rief Grundy. »Das sind wirklich die verrücktesten Tiere, die ich jemals gesehen habe! Die tun nichts anderes als auf und ab zu preschen. Auf und ab! Zum Glück habe ich in letzter Minute noch eine Kraftpflanze gefunden.«
    »Ja, wirklich ein glücklicher Zufall«, stimmte Bink zu und lächelte geheimnisvoll. Grundy fragte sich, was er wohl denken mochte, war aber nicht in der Stimmung, der Sache nachzugehen.
    »Legen wir uns schlafen«, meinte Chester mürrisch. Bink ließ sich an einem Baum nieder.
    »Sollten wir nicht eine Wache aufstellen?« fragte Grundy.
    »Nicht notwendig«, sagte Bink und schloß die Augen.
    Wie konnte der Mann sich nur so sicher sein? Sie waren doch schließlich gar nicht weit von dem Schauplatz der Börsentiere entfernt; was, wenn ein Bulle oder Bär sich hierher verirrte? Doch Grundy war nach seiner schweren Anstrengung mit Hilfe der Kraftfrucht sehr erschöpft; ein Problem bei diesen Dingern war immer, daß man den vorübergehenden Kraftzuwachs danach mit einer Phase größerer Schwächung bezahlte. Er ließ sich aufs Bett plumpsen und schlief ein.
    Binks Optimismus schien gerechtfertigt zu sein, denn bis zum Anbruch der Nacht blieben sie völlig ungestört. Dann erhoben sie sich, aßen von den Früchten, die Bink und Chester mitgebracht hatten, und machten sich wieder auf den Weg. Der führte sie immer weiter nach Osten, und schließlich gelangten sie in pferdegerechteres Gelände. Pferdebremsen schliefen hier an den Stämmen von Roßkastanien, und auch Nachtmahre schienen umherzuschweifen.
    Dann gelangten sie an eine Gabelung. Sie blieben stehen, unsicher, welchen der Wege sie nehmen sollten, da keiner von den beiden nach Norden führte. Während sie noch zögerten, erschienen zwei echte Pferde. Pferde waren sehr rar in Xanth, da sie in ihrer ursprünglichen Form mundanischer Herkunft waren, doch wenn sich Bullen und Bären hierher verirren konnten, war das für Pferde natürlich auch möglich.
    »He, ihr Pferde«, rief Grundy. »Wir wollen wieder auf den Pfad, der nach Norden führt. Welchen von den beiden sollen wir dazu nehmen?«
    Die Pferde blieben stehen, eines auf jedem Weg. »H-h-h-iiieeerrr!« wieherte das Pferd zur rechten.
    »H-h-h-iiieeerrr!« wieherte das andere zur linken. Dann galoppierte jedes seinen Pfad davon.
    »Na«, meinte Bink gleichmütig, »dann sollten wir wohl besser den nördlicheren der beiden nehmen.«
    Das war eine Entscheidung, die eigentlich er selbst hätte treffen müssen, dachte der Golem beunruhigt. Doch wer schenkte ihm schon Beachtung? Nicht einmal auf seiner eigenen Queste! Also nahmen sie den nördlicheren Pfad.
    Nach einer Weile begegneten sie einer Frau und einem kleinen pferdischen Wesen. Die Frau hatte ein kleines Notizbuch dabei, in das sie im Mondlicht unentwegt emsig Notizen eintrug. Erschrocken blickte sie auf, als sie näherkamen.

Weitere Kostenlose Bücher