Turner 01 - Dunkle Schuld
verlagerte, eine winzige Veränderung in seiner Haltung oder seinem Gesichtsausdruck, die signalisieren würde, dass wir eine schärfere Gangart einlegten.
»Vielleicht gefällt dir sein großer Schwanz ja so gut, dass du das glatt vergessen hast.«
Dann: »Reden ist nicht deine Stärke, was?«
Von den Häftlingen wurde erwartet, dass sie vor Angst buckelten, wenn Billy D sich näherte. Das hatte ich nicht getan, und dass ich in der Tat überhaupt keine Regung gezeigt hatte, verunsicherte seine Lakaien. Als er das mitbekam, wusste er, dass er mir härter zusetzen musste.
»Du schließt dich uns an, Turner«, sagte er. »Hier. Heute.«
»Nein danke.«
Um uns herum rumpelten die Trockner. Sie waren so groß wie die Betonmischer auf Lkws.
»Was denn, bildest du dir etwa ein, du hättest eine Wahl?«
»Wie du selbst gesagt hast, reden ist nicht seine Stärke.«
Alle Köpfe drehten sich, als der Sprecher in die Lücke zwischen Billy D und mich trat. Ich kannte ihn vom Hof. Angel. Als ich mich umsah, bemerkte ich, dass jeder von Billys Lakaien, die an der Wand standen, ebenfalls Gesellschaft bekommen hatten. Zwei von Schwarzen, einer von einem eleganten Thai namens Soon und drei weitere von einem hundertfünfzig Kilo schweren Mann aus Samoa, dessen Name fast nur aus Ls und Schlucklauten zusammengesetzt zu sein schien.
»Jeder von uns hat die Wahl, Weißbrot«, sagte Angel. »Was meinst du, wie’s im Moment für dich so aussieht?«
Wogen aus Feuer und Eis trafen aufeinander. Das Eis gewann. Nickend wich Billy D ein paar Schritte zurück, drehte sich um und ging. Während er dies tat, lösten sich seine Männer in Luft auf und dann auch die von Angel. Sekunden später stand ich wieder ganz allein dort.
»Es ist noch nicht vorbei«, sagte Adrian, als ich mich später bei ihm bedanken wollte. »Das weißt du. Wird vielleicht’ne Weile dauern, aber sie werden sich wieder melden.«
An dem Tag, als der Typ in der Dusche mit der Waffe auf mich losging, wusste ich, dass er Recht gehabt hatte.
Kapitel Dreiundzwanzig
»Daddy hab ich gesagt, ich hätt’s mir beim Softballspielen geholt.«
»Und er hat Ihnen geglaubt.«
»Wahrscheinlich nicht. Er hat gefragt, seit wann ich denn Softball spiele. Er … tja, man muss meinen Vater kennen, um zu wissen, dass es ihn schon eine große Überwindung kosten würde, sich - wie sagt man noch schnell?«
»Sich ungefragt einzumischen?«
»Ja, wahrscheinlich.« Jetzt drehte sie mir zum ersten Mal das Gesicht zu und sah mich direkt an. »Wie schlimm sieht’s denn aus?«
»Violett gehört zu Ihrer Farbtafel, stimmt’s?«
»Ich fühle mich so …«
»Beschämt?«
»Eher dumm.«
»Das sollten Sie nicht, das wissen Sie.«
»Natürlich weiß ich das.«
Das Gesicht eines Jungen tauchte am Fenster auf. Er drückte sich ganz fest gegen die Scheibe, presste dabei die Nase platt, streckte zusätzlich die Zunge heraus, die ebenfalls völlig platt wurde, und dazu schielte er dann noch absichtlich. Obwohl sie auf den Vorteil der Glasscheibe verzichten musste, antwortete June dennoch mit einer bemerkenswerten Kopie seiner Karikatur. Er grinste breit, stellte sich wie der Silver Surfer auf sein Skateboard und brauste
davon. Ich hatte das Gefühl, die zwei hatten diese Nummer nicht zum ersten Mal gemacht.
»Jedenfalls, jetzt ist er weg«, sagte June.
»Sprechen wir von jemand, der Ihnen etwas bedeutete?«
Sie nickte.
»Tut mir leid.«
»Ja, mir auch.«
Ich habe deinen unmöglichen Krieg für dich gekämpft, Amerika. Ich bin aus ihm zurückgekehrt, und acht Jahre lang wurde ich als Cop tagein, tagaus Zeuge des Schlimmsten, was du und deine Bürger sich antun können. Fast genauso lange lebte ich dann in den Köpfen einiger der Menschen, denen wir - du und ich - am meisten Schaden zugefügt hatten. Wenn ich sage, ihr Lächeln könnte einem das Herz brechen, dann meine ich es wortwörtlich.
»Er fehlt mir«, sagte June.
Das Telefon klingelte.
»Büro des Sheriffs … Ja, Ma’am … Das ist draußen in der Nähe der Zoriks, richtig? … Okay … Wir schicken sofort einen Deputy.«
Mit einem entschuldigenden Achselzucken legte sie den Hörer auf, nahm das Mikro des Funkgeräts in die Hand und drückte die Sprechen-Taste.
»Don Lee, hörst du mich?«
Zehn-vier.
»Fahr zu der Frau raus, das dritte Haus an der Schotterstraße eine halbe Meile hinter der Kreuzung Fifty-one und Ledbetter.«
In der Nähe der alten Zorik-Farm. Die Pekannussplantage?
»Genau.«
Um was
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