TURT/LE: Gefährlicher Einsatz (German Edition)
sterben.
Ein Lächeln huschte über Rose’ Gesicht, als die Stimme ihrer Freundin Cassandra durch die Leitung drang. Sie hatte es sich gerade mit einem Buch in ihrem Lesesessel bequem gemacht, als das Telefon klingelte. Cass arbeitete offiziell für eine internationale Hilfsorganisation in Afghanistan, inoffiziell hatte sie Kontakte zur RAWA , der Revolutionären Vereinigung der Frauen Afghanistans, die sich für Demokratie und Menschenrechte, vor allem aber für die Rechte der Frauen einsetzte. Obwohl sie beide gegen ein militärisches Eingreifen der USA in Afghanistan gewesen waren, hatten sie gehofft, dass mit einer neuen Regierung endlich auch die Frauen wieder mehr Chancen in diesem Land haben würden. Dies war, bedingt durch die in weiten Teilen herrschenden rebellischen Warlords, bisher nur sehr begrenzt geschehen. Also kämpfte die RAWA weiter, teils offen, größtenteils weiterhin im Untergrund, aber immer unter Lebensgefahr.
Den internationalen Hilfsorganisationen ging es nicht viel besser – die Mitarbeiter lebten in ständiger Bedrohung durch militante Kräfte. Sollten jemals die falschen Leute herausfinden, dass Cassandra mit der RAWA in Verbindung stand und deren Gedankengut verbreitete, wäre sie in höchster Gefahr. Deshalb atmete Rose nun erleichtert auf, wie jedes Mal, wenn ihre Freundin sich meldete.
»Hi, wie geht es dir? Wo bist du gerade?« Wenn Cass telefonieren konnte, war sie vermutlich in Sicherheit.
»Derzeit in Pakistan, ich bin gerade hier angekommen. Das nicht zwingend notwendige Personal wurde in Sicherheit gebracht.« Die Erschöpfung war ihrer Stimme ebenso anzuhören wie ihre Sorge.
»Was ist passiert? Hier in den Nachrichten haben sie nichts von einer Verschlechterung der Lage erwähnt.«
»Sie versuchen, die Sache unter Verschluss zu halten. Soviel ich gehört habe, sind zwei Mitarbeiterinnen einer Hilfsorganisation verschwunden.«
»Oh Gott, wurden sie entführt?«
»Das wurde nicht bestätigt, ich hatte das Gefühl, niemand weiß, was mit ihnen geschehen ist.«
»Ich hoffe, sie werden unverletzt gefunden.« Für ihre Familien und Freunde musste es die Hölle sein, nicht zu wissen, wie es ihnen ging und ob sie sie jemals lebendig wiedersehen würden. Rose hatte dieses Gefühl jedes Mal gehabt, wenn Ramon auf einer Mission gewesen war und sie nicht wusste, wo er gerade war und ob es ihm gut ging.
»Rose?«
Abrupt schreckte Rose aus ihren Gedanken auf. »Ja?«
»Entschuldige, ich hätte dir das nicht erzählen sollen, es reicht, wenn meine Stimmung im Keller ist. Wie geht es dir, arbeitest du immer noch an deinem Projekt?«
»Ja, es nimmt langsam Gestalt an. Noch ein paar Monate, dann habe ich es geschafft.«
»Toll! Und wie geht es dir nun?«
»Habe ich doch eben … «
»Persönlich, Rose. Bist du mal wieder unter Leute gegangen? Oder hast du vielleicht sogar einen Mann getroffen?«
Warum tauchte bei dieser Frage Roderics zerfurchtes Gesicht vor ihrem inneren Auge auf? Ja, sie hatte ihn getroffen, aber nicht so, wie Cass sich das vorstellte. »Nein. Dafür hatte ich keine Zeit.«
»Das ist eine Ausrede. Auch du musst essen oder hin und wieder einen Abend freinehmen, also könntest du andere Menschen treffen, wenn du nur wolltest.«
»Du hast recht, ich will nicht.«
»Rose … «
»Soll ich dir erzählen, wen ich heute getroffen habe? Einen ehemaligen Teamgefährten meines Mannes. Glaubst du, ich habe nur eine Sekunde lang etwas anderes gesehen als das, was ich verloren habe?« Rose versuchte, das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken, aber es gelang ihr nicht ganz.
Einen Moment lang herrschte Schweigen, dann seufzte Cass. »Es tut mir leid, ich hätte dich nicht bedrängen sollen. Ich weiß, wie viel dir Ramon immer noch bedeutet. Trotzdem tut es mir weh, dich allein zu sehen. Du hättest einem Mann so viel zu geben.«
Rose’ Lachen klang selbst in ihren Ohren hohl. Aber immer noch besser, als die Tränen zuzulassen, die in ihren Augen brannten. »Du tust so, als hätte ich kein Leben mehr.«
»Hast du denn eines? Abgesehen von deiner Arbeit, meine ich?« Cass seufzte. »Wie viele Freunde hast du? Und ich rede jetzt nicht von Männerbekanntschaften.«
»Dich … « Rose’ Stimme verklang.
»Ich fühle mich geehrt, aber wir sind noch nicht mal auf demselben Kontinent.«
»Mit meinen Kollegen an der Universität komme ich gut zurecht.«
»Das heißt, du siehst sie bei der Arbeit, begrüßt sie, ihr redet über das Wetter oder über ein Projekt,
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