TURT/LE: Riskantes Manöver (German Edition)
Geschäft gestört hatten.
Im Gefängnis hatte er unendlich viel Zeit gehabt, sich auszudenken, wie er sich bei ihnen dafür rächen würde. Nur musste er dafür erst einmal aus dieser elenden Gegend verschwinden. Khalawihiri rieb über sein Kinn, das Gefühl der glatten Haut war ungewohnt, nachdem er jahrelang einen Bart getragen hatte. Mit dem konfiszierten Messer hatte er sich rasiert, damit er nicht mehr so leicht zu erkennen war. In einem passenden Moment würde er sich einfach unter die Leute mischen und unauffindbar verschwinden.
Langsam stemmte er sich wieder in die Höhe und lauschte. Es war niemand in der Nähe, und das musste er ausnutzen, um endlich ein wenig weiterzukommen. Das Gebiet war riesig und seine Zeit lief langsam ab. Er würde sich heute Nacht ein Fahrzeug besorgen müssen, sonst würde er nie bis nach Washington kommen. Jeder Schritt durch das dichte Unterholz machte ihm wieder bewusst, warum er Städte vorzog. In Afghanistan hatte er sich zwar an die unwirtliche Natur gewöhnt, aber gemocht hatte er sie nie. Sie war nur ein Mittel zum Zweck gewesen. Sowie er genug Geld angespart hätte, wäre er sofort in die Zivilisation zurückgekehrt. Sein Ziel war beinahe erreicht gewesen, der Anschlag auf die Wolesi Jirga hätte sein Meisterstück werden sollen. Er hatte nur den Fehler begangen, den Warlord Mogadir für seine Zwecke einzuspannen. Davor war er ihm als zuverlässiger Verbündeter erschienen, doch er hatte sich offensichtlich getäuscht.
Wut strömte durch seine Adern. Wenn er in Sicherheit war, würde er sich daranmachen, Mogadirs Aufenthaltsort herauszufinden – vermutlich ein weiteres Militärgefängnis – und sich darum kümmern, dass er für immer schwieg. Und wenn er schon mal dabei war, würde er auch dafür sorgen, dass Hamid, von dem er geglaubt hatte, dass er ihm treu ergeben war, seinen Verrat bereute. Wie hatte ihm entgehen können, dass er mit den Deutschen zusammenarbeitete? Doch Hamid hatte vorher nie etwas getan, das Khalawihiri misstrauisch gemacht hätte. Und er war schon von Berufs wegen extrem argwöhnisch und überprüfte jeden Mann auf Herz und Nieren, bevor er ihn in seine Geschäfte einweihte. Hamid hatte nie auch nur einen Funken von Verdacht in ihm erweckt. Bis er plötzlich tagelang verschwunden war.
Hamid hatte nicht nur seine Aufgabe nicht erledigt, ihm eine der beiden amerikanischen Agentinnen zu bringen, sondern auch noch die Amerikaner im deutschen Camp gewarnt, dass sie in eine Falle liefen. Ohne seinen Verrat hätte Khalawihiri die meisten amerikanischen SEAL s getötet, einen oder zwei ausgefragt und dann für viel Lösegeld freigelassen oder an die Terroristen weiterverkauft. Stattdessen war er selbst beinahe umgekommen, und seine Männer waren verhaftet worden. Und dafür würde Hamid büßen.
Glücklicherweise hatte Khalawihiri vorher sein Geld bereits auf ein sicheres Konto überwiesen, auf das er Zugriff haben würde, sowie er in Washington war. Danach konnte er seinen Rachefeldzug starten. Dieses Ziel gab ihm die Kraft weiterzukämpfen, auch wenn er sich noch so elend fühlte. Er war so in seine Gedanken vertieft, dass er beinahe zu spät die beiden Männer bemerkte, die nur wenige Meter vor ihm auf einem Baumstamm saßen.
»Die Marines sind zu blöd, ihre Gefangenen zu bewachen, und wir dürfen den Mist ausbaden. Ich habe mir mein Wochenende echt anders vorgestellt.« Der Mann mit der knurrigen Stimme war sicher bereits fünfzig und trug wetterfeste Zivilkleidung, die sich über seinem Bauch spannte.
Vermutlich war das einer der FBI -Agenten, die zur Suche abkommandiert worden waren. Khalawihiris Kopf schnellte hoch, als eine Frauenstimme antwortete.
»Hör auf zu jammern, Bob. Hoff lieber, dass wir den Verbrecher fassen, bevor er noch mehr Schaden anrichten kann.« Den Gefallen konnte er ihr leider nicht tun. Er wollte sich gerade zurückziehen, als sie weiterredete. »Bist du jetzt endlich fertig mit der Zigarette, damit wir weiterfahren können? Wir werden nicht dafür bezahlt, dass wir hier rumsitzen.«
Weiterfahren? Dann hatten sie einen Wagen in der Nähe? Lautlos erhob er sich und verschmolz mit den Bäumen. Er könnte ihn selbst suchen, aber es war einfacher, sich von den beiden hinführen zu lassen. Es war nicht schwer, ihnen zu folgen, bei dem Lärm, den sie veranstalteten. Wer war auf die Idee gekommen, die beiden einzusetzen? Sie hatten eindeutig nie gelernt, sich geräuschlos zu bewegen. Oder sie hielten es nicht für nötig,
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