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Twig im Dunkelwald

Twig im Dunkelwald

Titel: Twig im Dunkelwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Stewart
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Knorpel noch lebt.«
    Die Alte starrte Twig an. » Du hast Knorpel zu uns zurückgebracht?«
    Twig nickte. Die Alte tippte mit den Fingern an ihre Stirn und verbeugte sich. »Willkommen«, sagte sie. Sie hob beide Arme hoch und schlug mit der Kelle laut an den Suppentopf. »Seid mal alle still!«, rief sie. Sie stieg auf die Bank und sah in die Runde, in die Gesichter, die sich ihr erwartungsvoll zugewandt hatten. »Unter uns sitzt ein tapferer junger Mann namens Twig. Er hat unseren Knorpel gerettet und ihn zu uns zurückgebracht. Hebt eure Gläser und heißt ihn willkommen.«
    Die an den Tischen versammelten jungen und alten Schlächter standen auf, fassten sich mit der Hand an die Stirn, hoben ihre Gläser und riefen: »Willkommen, Twig!«
    Twig sah verlegen zu Boden. »Das war doch nichts«, murmelte er.
    »Und jetzt«, sagte Oma-Tatum und stieg wieder herunter, »hast du wahrscheinlich einen Riesenhunger. Guten Appetit, mein Junge.« Sie löffelte Suppe in seine Schüssel: »Wäre doch gelacht, wenn wir nicht etwas Farbe in deine Backen bekämen.«
    Die Tilderwürstchensuppe schmeckte so köstlich, wie sie geduftet hatte. Sie hatte geköchelt, bis die Würstchen weich waren, und war mit Nibblick und Orangengras gewürzt. Es folgten saftige Hammelhornsteaks, im gewürzten Mehl der Knotenwurzel gewälzt und in Tinderöl gebraten, zusammen mit Erdäpfeln und einem pikanten blauen Salat. Als Nachtisch gab es Honigauflauf, Dellbeerenpudding und in Sirup getränkte kleine Waffelbiskuits. Twig hatte noch nie so gut gegessen – oder so viel getrunken. Auf jedem Tisch stand in der Mitte ein großer Krug mit Waldapfelmost und sein Becher wurde nachgefüllt, sobald er leer war.
    Je weiter die Mahlzeit fortschritt, desto ausgelassener wurde die Stimmung. Die Schlächter vergaßen ihren Gast und die vom Feuer erwärmte Luft wurde durch Gelächter, Scherze, Geschichten und laute Trinklieder weiter erhitzt. Als dann noch Knorpel selbst auftauchte, dem die erlittene Tortur offenbar nichts hatte anhaben können, kannte die Begeisterung keine Grenzen mehr!
    Die Schlächter klatschten, pfiffen und johlten und ihre Gesichter glühten im hellen Schein der Flammen tiefrot. Drei Männer sprangen auf und hoben Knorpel auf ihre Schultern und während sie ihn im Kreis herum trugen, sangen die übrigen mit tiefen, wohlklingenden Stimmen ein einfaches Lied.
     
    Willkommen zu Haus, verlorener Schlächter,
    willkommen zu Haus wie ein fremder Gast,
    willkommen zu Haus aus dem finsteren Wald,
    aus der schlimmen Gefahr, die überstanden du hast.

    Unzählige Male wiederholten sie die Strophe, nicht alle zusammen, sondern als Kanon, bei dem jeder Tisch um einen Vers verschoben einsetzte. Die Luft war von durcheinander wirbelnden Klängen erfüllt, wie Twig sie nie schöner gehört hatte. Er konnte nicht anders, er musste einfach mitmachen. Mit seinem Becher schlug er den Rhythmus und bald konnte er auch den Text auswendig.
    Nach dem dritten Durchgang kamen die Männer zu Twig. Sie blieben hinter ihm stehen und setzten Knorpel ab. Twig stand auf und sah den Schlächterjungen an. Es wurde still. Knorpel tippte stumm an seine Stirn, trat dann ernst auf Twig zu und berührte seine Stirn. Dann lächelte er. »Jetzt sind wir Brüder.«
    Brüder!, dachte Twig. Wenn wir das nur wären. »Danke, Knorpel, aber … Huuuch!«, rief er erschrocken, als die Männer ihn auf ihre Schultern hoben.
    Twig schwankte bedenklich hin und her, lächelte, grinste und lachte schließlich begeistert, während die Männer mit ihm ein-, zwei-, drei-, viermal immer schneller um die Tische sausten. Schwindlig sah er auf die verschwommenen roten Gesichter hinunter, die strahlend zu ihm aufblickten. Noch nie hatte er sich so willkommen gefühlt wie hier, im gastfreundlichen Dorf der Schlächter mitten im Dunkelwald. Wenn ich doch hier bleiben könnte, dachte er.
    In diesem Augenblick dröhnte zum zweiten Mal der Gong. Sofort blieben die drei Schlächter stehen und Twig spürte wieder festen Boden unter den Füßen.
    »Das Essen ist beendet«, erklärte Vene. Die Schlächter sprangen von den Bänken auf und kehrten immer noch lachend an die Arbeit zurück. »Willst du unser Dorf besichtigen?«
    Twig unterdrückte ein Gähnen und lächelte benommen. »Ich schlafe um diese Zeit eigentlich schon«, sagte er.
    »Aber es ist doch mitten in der Nacht«, rief Knorpel. »Du kannst doch jetzt nicht schon müde sein!«
    Twig lächelte. »Ich war schon den ganzen Tag auf«, sagte

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