Twisted Perfection - Ersehnt: Roman (Perfection-Reihe) (German Edition)
ich den Griff um ihre Taille verstärkte, spannte sie sich an. »Es stimmt, Della. Du riechst unglaublich, das habe ich dir schon mal gesagt. Du brauchst du dich gar nicht so zu verkrampfen, nur weil ich ehrlich bin.«
Sie entspannte sich ein wenig. »Okay, du hast recht. Ist ja nichts weiter dran, dass man findet, dass seine Freunde gut riechen.« Der neckende Ton in ihrer Stimme war süß.
»Gibt es eigentlich ein Gesetz, nach dem es verboten ist, seinen Freunden die Arme um den Hals zu legen?«
Della überlegte einen Moment, dann legte sie die Hände auf meine Schultern. »Weiter geht’s nicht. Dafür bin ich zu klein. Selbst in diesen Stiefeln.«
»Passt schon«, versicherte ich ihr und zog sie enger an mich. »Woher kommst du, Della Sloane?«
Sie lachte. »Um das herauszukriegen, bräuchtest du eigentlich nur einen Blick in die Unterlagen zu werfen, die ich für dich ausfüllen musste.«
Sie hatte recht. Hätte ich können. »Aber ich möchte es aus deinem Mund hören und nicht einfach nur aus deiner Akte erfahren.«
Della legte den Kopf schief und musterte mich kurz forschend. »Aus Macon in Georgia.«
Aufgrund ihres breiten Dialekts hatte ich sowieso schon auf Alabama oder Georgia getippt. »Hast du Geschwister?«
Ein melancholischer Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht, und sie schüttelte den Kopf. »Nein.« Dieses schlichte »Nein« klang nach so viel mehr. Irgendetwas verschwieg sie.
»Du wirkst gar nicht wie ein Einzelkind. So unbekümmert in der Weltgeschichte herumzugondeln, das ist eigentlich etwas, was das Nesthäkchen einer Familie machen würde.«
Della lächelte, doch auch dieses Lächeln barg Geheimnisse. Ich fragte mich, ob sie mir je enthüllt würden.
»Von wegen unbekümmert. Schön wär’s! Ich hoffe, eines Tages weiß ich, wie sich das anfühlt. Augenblicklich versuche ich erst mal, mich selbst zu finden. Du weißt, was du dir vom Leben erwartest, ich gar nicht. Ich habe nicht den blassesten Schimmer.«
Ich wusste, was ich mir vom Leben erwartete? Wusste ich das wirklich? War es denn überhaupt noch dasselbe? »Ich weiß viel weniger, als du denkst.«
Sie schmunzelte. »Meinst du?«
Es war so verlockend, diese sinnlichen Lippen zu küssen. »Wann hast du Geburtstag?«, fragte ich, statt auf ihre Bemerkung einzugehen.
Della seufzte und wandte den Blick ab. »Am sechsten April. Und du?«
»Am zehnten Dezember. Was ist deine Lieblingsfarbe?«
Sie kicherte. »Blau. Blassblau. Und deine?«
»Vor einem Monat hätte ich noch gesagt, Rot, aber inzwischen habe ich’s mir anders überlegt. Jetzt mag ich auch Blau am liebsten.«
»Und warum?« Sie zog eine Augenbraue hoch.
Ihre Augen waren blau, deshalb. Aber ich hatte nicht vor, ihr das zu verraten. Dann würde sie sich nur wieder verspannen. »Na, man kann doch mal seine Meinung ändern. Es ist durchaus erlaubt, jetzt Blau zu mögen.« Ich ließ ihr keine Zeit, darüber nachzudenken. »Wen hattest du in der ersten Klasse als Lehrer?«, fragte ich schnell, um sie abzulenken. Sofort hörte Della auf zu tanzen und wich zurück. Auf einmal wirkten ihre Augen fast glasig. Hatte ich etwas Falsches gesagt? War sie darauf gekommen, warum Blau jetzt meine Lieblingsfarbe war?
»Ich brauche was zu trinken«, sagte sie mit einem unsicheren, nervösen Lächeln und stürmte dann davon.
Wieso konnte sie die Frage nach ihrem Lehrer in der ersten Klasse so aus der Fassung bringen? Tief in ihren Augen entdeckte ich etwas, das eine Geschichte erzählte, die ich, zumindest fürchtete ich das, nie erfahren würde.
E s war eine einfache Frage. Süß eigentlich, dass ihn so was interessierte. Hatte sich je jemand für solche banale Dinge in meinem Leben interessiert? Noch nie hatte mir jemand solch unschuldige, persönliche Fragen gestellt. Aber Woods hatte sich nach meinem Lehrer erkundigt, und ich hatte in diesem Moment nur noch meine Mutter vor mir gesehen.
Bleib sitzen, Della. Sieh nicht aus dem Fenster! Du musst diese Arbeit erledigen. Um schlau zu sein, muss man Shakespeare lesen. Er wird dich daran erinnern, wie gefährlich es auf der Welt zugehen kann.
Ich schüttelte den Kopf, um die Erinnerungen zu vertreiben. So etwas ging hier gar nicht. Nicht jetzt.
Draußen ist es dunkel, Della. Im Dunkeln lauern Gefahren. Verschließ Fenster und Türen, und bleib schön im Bett liegen. Das Monster unter deinem Bett hört dich, wenn du aufstehst.
Nein, Mama, geh weg!
Della, geh heute Nacht nicht wieder nach draußen. Dort wartet das Böse auf
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