Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)
seinen abendlichen Auftritten musste er sich aber tagsüber in einer Filiale des Einrichtungshauses Crate & Barrel als Verkäufer von Tellern und Geschirr etwas dazuverdienen, um die Miete bezahlen zu können. Schließlich hatte er genug davon und beschloss Anfang der 1990er Jahre, zur Subventionierung seiner Komödiantenkarriere seinen Computerabschluss als Unternehmensberater bei Andersen Consulting nutzbringend zu verwenden.
Immer wieder erklärte er seinen neuen Chefs, dass es da so ein neues Ding gebe, dem sie einmal ihre Aufmerksamkeit schenken sollten, genannt »World Wide Web«. Aber seine Vorgesetztenschenkten ihm nur ein müdes Lächeln und hielten es für einen von Dick Costolos Witzen.
Er hatte das Betriebsklima bald satt und kündigte. Statt ins Komödiantengeschäft zurückzukehren, tat er sich mit einer kleinen Gruppe von Mitstreitern zusammen und gründete seine eigene Beratungsfirma namens Burning Door Networked Media, die sich auf Entwicklung und Management von Internetprojekten spezialisierte. Bald schuf und verkaufte er seine eigenen Unternehmen, drei an der Zahl, und verdiente damit viele Millionen Dollar. Eine der Firmen, mit denen er sich einen Namen machte, hieß Spyonit, ein Dienst, der Nutzer über die Aktualisierung von Webseiten benachrichtigte, an denen sie interessiert waren. Schließlich knackte Dick mit dem Verkauf eines Unternehmens namens FeedBurner, mit dessen Hilfe sich Blogs in andere Seiten dynamisch einfügen (und damit viel weiter verbreiten) ließen, den Jackpot. Google bezahlte dafür 100 Millionen Dollar. Unterwegs lernte er Ev kennen, und die beiden wurden Freunde.
Als Dick 2009 seinem alten Freund auf einer Party in San Francisco zufällig über den Weg lief, fragte ihn Ev, ob er Interesse habe, sich um das Personalmanagement von Twitter zu kümmern, während er eine zweiwöchige Elternzeit mit seinem ersten Kind nahm. Die Unterhaltung verdichtete sich rasch zu der Frage, ob Dick an einem Vollzeitjob als Geschäftsführer von Twitter interessiert wäre. Bis dahin hatte der Vorstandschef die operative Leitung innegehabt, aber Fenton und der Rest des Verwaltungsrats hatten Ev gedrängt, dafür einen eigenen Posten zu schaffen.
Zuerst hatten Bijan und Fenton wenig Neigung, Dick einzustellen. Sie sahen in ihm nur einen weiteren von Evs Freunden. »Ich möchte nur ungern ein Spielverderber sein«, schrieb Fenton in einer E-Mail, aber die Einstellung eines falschen Kandidaten als Leiter der Geschäftsführung könne »ein ziemliches Chaos anrichten.« Bijan war derselben Meinung und neigte eher dazu, die Stelle mit einem Manager von außerhalb zu besetzen, als einen weiteren von Evs Freunden anzuheuern.
Doch Ev gab nicht auf. »Wir sind seit einigen Jahren befreundet, und ich glaube, er wäre eine großartige Ergänzung für mich und das Team«, teilte Ev dem Verwaltungsrat in einer E-Mail mit. »Ich vertraue Dick in einem Maß, wie ich es bei einem Außenseiter, ganz gleich welche Erfahrung er mitbringt, nicht könnte.«
Mit der Leitung des operativen Geschäfts von Twitter bot sich Dick die Chance, die Karriere nachzuholen, die er nach seinem Studium versäumt hatte, als er ins heitere Fach wechselte, statt einen Job bei einer großen Technologiefirma anzunehmen. Twitter veränderte die Welt, und Dick wollte dabei sein. Hier bot sich ihm die Gelegenheit, wieder die Bühne zu betreten – eine Weltbühne.
Nach ausführlichen Bewerbungsgesprächen mit Biz, Goldman, Bijan, Fred und Fenton stimmte der Verwaltungsrat von Twitter zu, ihn einzustellen, allerdings hatte Ev den anderen auch keine große Wahl gelassen. Im Gegensatz zu seiner Unfähigkeit, Entscheidungen von geringerer Tragweite zu fällen, setzte er seinen Willen durch, wenn er sich einmal zu einer großen durchgerungen hatte. Wie damals, als er nach Florida gefahren war, um einen Job bei dem Werbeguru zu bekommen, stand Evs Entschluss fest: Twitter sollte Dick anheuern.
Anfang September 2009, am Tag, bevor Dick zu seinem ersten Arbeitstag bei Twitter eintraf, sendete er seinen ersten Tweet als Angestellter des Unternehmens. Es war ein Witz, der die Leute, auch Ev, zum Lachen brachte. Aber er sollte Dick später noch nachgehen.
»Morgen erster voller Arbeitstag als Geschäftsführer von Twitter«, schrieb er. »Aufgabe Nr. 1: Vorstandschef unterminieren, Macht festigen.«
Jack spielt verrückt
»Wir müssen uns unterhalten«, sagte Biz zu Ev. »Jack spielt verrückt.«
»Was meinst du damit: Jack spielt
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