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Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)

Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)

Titel: Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Bilton
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seiner Zeit bei Google zu einem energischen Verfechter der freien und ungehinderten Rede im Internet gemausert. Aus demselben Grund arbeitete auch Goldman dort. Sie alle glaubten, dass die Plattform zuallererst ein Sprachrohr für gewöhnliche Menschen sein sollte.
    Wenn staatliche Stellen bei Twitter angeklopft hatten, um, aus welchen Gründen auch immer, die Herausgabe von Informationen über bestimmte Nutzer zu verlangen, hatten Ev, Biz, Goldman und Crystal, die Leiterin von Twitters Supportteam, immer nein gesagt: »Nicht ohne richterlichen Beschluss.« Diese Haltung hatte sich mit den Jahren bei Twitter zu einer Grundüberzeugung verfestigt. Das war die spezielle DNA, die im Silicon Valley aus Twitter eine andere Art von Unternehmen machte. So klagte Twitter, mit Amac an der Spitze der Rechtsabteilung, zum Beispiel gegen einen Gerichtsbeschluss, der die Firma verpflichtete, die Tweets von Aktivisten der Occupy-Bewegung bei Demonstrationen herauszusieben. Twitter setzte sich auch gegen eine Hexenjagd des amerikanischen Justizministeriums auf Online-Unterstützer von WikiLeaks zur Wehr. Und in deutlichem Gegensatz zu Facebook erlaubte es Twitter Neuangemeldeten schließlich, die Tracking-Funktion zum Ausspähen ihres Surfverhaltens abzuschalten.
    Was den Schutz der Redefreiheit und das Tracking anging, verfolgte Facebook einen völlig anderen Ansatz. Es verletzte häufig die Privatsphäre seiner Nutzer und entfernte manchmal Inhalte, die seine strengen Geschäftsbedingungen verletzten. Facebook verlangte auch, dass sich die Nutzer mit Klarnamen und Geburtsdatum auf der Webseite registrierten. Twitter war dagegen so offen wie ein öffentliches Schwimmbad. Genau dies gefiel Ev daran. Publizieren per Mausklick für alle, nun mit 140 Zeichen.
    Ev besaß immer noch die Mehrheit an dem Unternehmen und wäre bei einem Verkauf an Facebook oder einen anderen Bewerber Milliardär geworden. Aber Geld stand für ihn nicht im Vordergrund, ihm ging es darum, Twitters Unantastbarkeit zu schützen und den Menschen, die es nutzten, eine Stimme zu geben.
    Man kam überein, im Gespräch zu bleiben, und gab sich zum Abschied die Hand. »Wir bleiben in Kontakt.«
    Als sie nach draußen gingen, vorbei an den Blumenkästen, dem bräunlichen Gras, fort von dem kleinen Haus des Zufallsmilliardärs, zwinkerte Goldman Amac zu und flüsterte leise: »Siehst du, ich hab’s dir doch gesagt!«

Der Coach und der Komödiant
    Alle Bereiche von Twitter wuchsen wie verrückt: die Neuanmeldungen, die Zahl der Menschen, die jede Minute die Seite besuchten; alles verdoppelte, verdreifachte und vervierfachte sich. Hatten 2007 noch 5

000 Menschen pro Tag Tweets gesendet, waren es 2008 schon 300

000 am Tag, und 2009 war diese Zahl um 1

400 Prozent auf 35 Millionen täglich gesendete Tweets angeschwollen.
    Die Zahl der Mitarbeiter im Unternehmen war zwar langsam gestiegen, befand sich aber immer noch im zweistelligen Bereich. Der Verwaltungsrat hatte Ev gedrängt, neben anderen hohen Leitungspositionen neue Vorstände für die Bereiche Technik und Finanzen und einen Geschäftsführer zu berufen, aber Ev konnte sich für keine geeigneten Kandidaten entscheiden. In seiner typischen Manier zog er es vor, sie unter seinen Freunden zu suchen, unter Leuten, denen er vertraute, die nicht gegen ihn arbeiten oder ihn zwingen würden, seine langsame Entscheidungsfindung zu beschleunigen.
    Dabei war das etwas, was Ev unbedingt abstellen wollte: Nie wieder wollte er eine Entscheidung endlos hinauszögern.
    1996, mit 24, war Ev wieder auf die Familienfarm gezogen, nachdem er mit der Firma, die er in Lincoln, Nebraska, gegründet hatte, gescheitert war. »Wir geben das Büro auf«, hatte er seinen Angestellten und Freunden eines Nachmittags gesagt. »Geht einfach alle nach Hause.« Dann, mittellos und am Boden zerstört, hatte er seine Siebensachen zusammengepackt und war die 140 Kilometer zurück in sein Heimatdorf Clarks gefahren.
    Die Firma, die Plexus geheißen hatte – ein zufällig im Wörterbuch gefundener Ausdruck, der »Geflecht von Nervenfasern oder Blutgefäßen im Körper« bedeutet –, hatte Ev zusammen mit seinem Bruder geführt. Bevor sie für immer schloss, hatte sie zehn Teilzeitbeschäftigte gehabt, die meisten davon Evs Freunde.
    Ein Jahr zuvor hatte Ev bei seinem Vater Monte für die Idee geworben: »Das Internet wird ein Riesending«, hatte er geschwärmt, Plexus könnte der größte Internetshop in ganz Nebraska werden. Monte hatte

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