Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)
zieht, eine fette Cannabiszigarre, hervor, zündete sie an und sog den Qualm in tiefen Zügen ein. Als seine Begleiter das sahen, ließen sie jede Hemmung fahren und holten ihre eigenen Joints aus ihren Taschen oder hinter den Ohren hervor.
In Minutenschnelle war die Cafeteria zur Bühne eines improvisierten Snoop-Dogg-Konzerts geworden, mit einem Dutzend psychotroper Glimmstengel, die unter den berühmten Rappern und den Twitter-Mitarbeitern die Runde machten. Die meisten tanzten, manche hauteng mit einem Partner. Ein paar junge Frauen standen auf den Tischen und wedelten mit den Armen, als stünden sie auf den Lautsprechern eines Nachtclubs statt auf einem Kantinentisch ihrer Arbeitsstelle.
Kein Manager weit und breit. Die Bude war sturmfrei, und so ging die Party richtig ab.
Schließlich tauchte einer der Anwälte von Twitter auf. Es war kein leichtes Unterfangen, Snoop Dogg und seinen Anhang zu bitten, im Büro doch bitte das Grasrauchen zu unterlassen, aber alle Partys mussten ja einmal ein Ende finden, und schließlich zogen die Besucher ab, hinter sich eine Wolke Cannabisqualm und eine Schar bekiffter Angestellter zurücklassend, die das Ereignis bereits mit zahlreichen Tweets inklusive Belegfotos verewigt hatten.
Umgehend verfasste der Anwalt einen Rundbrief an alle Beschäftigten, in dem er sie daran erinnerte, dass Drogen am Arbeitsplatz verboten waren. Einige Mitarbeiter wurden aufgefordert, Tweets zu löschen, beweiskräftige Fotos wurden aus dem Netz entfernt. Das einzige inkriminierende Video, das im Internet abrufbar blieb, stammte von Snoop Dogg.
Dick war wütend, als ihm die Geschichte mit dem Gras und den tanzenden Angestellten zu Ohren kam. Er schwor sich, dass so etwas das letzte Mal geschehen war. Für Twitter war es an der Zeit, erwachsen zu werden, sagte er.
Jack ist zurück!
Draußen war es hell, im Gebäude dunkel. Nur ein paar Strahlen Tageslicht drangen durch Ritzen in den Vorhängen, während Jack vor der hellen Projektorleinwand in seinen braunen Anzugschuhen über den Teppich tänzelte. Ein weißes Namensschild mit der Aufschrift »Jack Dorsey« und »Twitter« baumelte in Hüfthöhe an seiner Jeans.
»Wir nennen das Twitter 1.0«, sagte er den mehreren Hundert Twitter-Mitarbeitern, die seinen Ausführungen lauschten. »Wir werden es zu T1 abkürzen.« Dann erklärte er allen, dass vor dem Augenblick seiner Rückkehr Twitter unvollständig gewesen sei. »Achten Sie auf die Richtung, nicht die Details«, riet er seiner Zuhörerschaft selbstbewusst. Jetzt kam er zur Präsentation der neuen Twitter-Version. Er verschwendete kein Lob auf die bisherige Ausgestaltung – Evs Ziehkind –, vielmehr bedachte er sie mit einer Reihe kleiner Seitenhiebe. Das sei nur eine unvollständige Betaversion, betonte er.
Als Einleitung hatte er den Song »Blackbird« von den Beatles gewählt, der davon handelt, dass ein Vogel mit gebrochenen Flügeln wieder fliegen lernt. Eine passende Wahl. Einige der Beschäftigten waren angetan, aber viele waren offenbar auch verstimmt darüber, dass er die Arbeit der letzten zwei Jahre herabsetzte.
Es war der Moment, auf den Jack lange hingeplant, auf den er hingefiebert hatte: Der Augenblick, der schon Monate früher hätte kommen sollen, als Ev zum Rücktritt gezwungen worden war. Jetzt hatte er Ev endgültig aus der Firma gedrängt.
Nach Gesprächen mit Dick und dem Verwaltungsrat war Jack ein aus der Verbannung heimgekehrter König, Ende März in sein Schloss zurückgekommen.
Als Dick ihn der Belegschaft vorstellte, erntete Jack von den meisten der 450 Beschäftigten, von denen viele den rechtmäßigen Thronanwärter vor sich zu haben glaubten, stürmischen Beifall. Doch es gab einige, die sich nicht erhoben, eine Hand voll Leute, die wussten, was Jacks Rückkehr wirklich vorausgegangen war.
Während Jack dastand und im Applaus badete, schickte Ev eine E-Mail an alle Angestellten von Twitter.
»Ich bin ernstlich in mich gegangen«, schrieb er über die vergangenen zwei Monate, seit er fort war. »Offenkundig ist Twitter das Größte, bei dem ich je eine bedeutsame Rolle gespielt habe und wohl spielen werde. Ich könnte zwar nicht stolzer auf das sein, was wir zusammen erreicht haben, es ist jedoch beileibe noch nicht beendet. Wenn Twitter sein ganzes Potenzial ausschöpft, wird es viele, viele weitere Jahre fortbestehen, und wir werden auf 2011 als eines der kuriosen frühen Jahre zurückblicken.«
»Ich habe jedoch beschlossen« fuhr er fort, »bei
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