Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)
stinkvornehme Partys in Los Angeles und New York. Er flog in Privatjets. Klatschblätter verbreiteten, wie er auf Jachten mit Stars und Models Partys feierte. Er verwandelte sich mithilfe von Beratern und Stylisten und vergrößerte Twitters Public-Relations-Team, das ihm Auftritte in TV-Shows und Porträts in weiteren Magazinen verschaffte, drastisch.
Biz war der letzte der übrigen Gründer, der ging. Am 28. Juni 2011 gab er bekannt, dass er sich aus der tagtäglichen Arbeit bei Twitter zurückziehe. In Wirklichkeit ging er jedoch, weil er in die tagtägliche Arbeit bereits gar nicht mehr eingebunden war. All seine Mitarbeiter waren weg.
Am Tag nach der Mitteilung seines Ausscheidens wurden die Twitter-Angestellten in einer E-Mail darüber informiert, dass Präsident Obama am folgenden Tag in einer offiziellen Fragestunde des Weißen Hauses (»Twitter Town Hall«) getwitterte Bürgerfragen beantworten würde, die erste Initiative ihrer Art. Die Veranstaltung würde im Ostzimmer des Weißen Hauses stattfinden und per Videostream im Internet sowie auf Twitter von Millionen von Amerikanern verfolgt werden. »Jack Dorsey«, kündigte das Schreiben an, »wird der Moderator sein.«
Biz saß aufrecht im Bett, als er die E-Mail las, sein Rücken gegen das Kopfkissen gelehnt. Als er Jacks Namen las, wurde er wütend. All die Jahre hatte Jacks unablässige Medienpräsenz ihn nie wirklich verärgert, es sei denn, er beschädigte damit das Ethos der Twitter-Kultur, das Ev und er so mühsam im Unternehmen durchgesetzt hatten, zum Beispiel, als Jacks Name in einem Artikel der New York Times über die iranische Revolte aufgetaucht oder er unbedacht genug war, sich zu Twitter und China zu äußern. Und nun wollte er es wieder tun.
Biz sträubten sich die Nackenhaare. Rasch tippte er mit dem Daumen eine E-Mail in sein iPhone.
»Als Amac mir das zum ersten Mal erklärt hat, hat er gesagt, dass niemand von Twitter Moderator sein würde, um besonders hervorzuheben, dass wir ein neutraler Dienst sind«, schrieb Biz in einer E-Mail an die gesamte Firma. »Ich bin vehement dagegen, dass irgendjemand von Twitter als Moderator auftritt, insbesondere ein Gründer.« Und er fuhr fort: »Dies widerspricht den dreijährigen Bemühungen, sich aus dem Geschehen herauszuhalten und neutral zu bleiben. Amac, was ist passiert? Das ist das genaue Gegenteil von dem, was du mir gegenüber vertreten hast und was es aus meiner Sicht zu vermeiden galt, das Einzige, dem du vorbehaltlos zugestimmt hast. Das Einzige, das zu vermeiden ich mir ausbedungen habe. Bitte, bitte, bitte macht das nicht in dieser Weise. Wir sollten uns nicht in dieser Form einmischen.«
Dann, wie ein Lichtschalter, der das einzige, trüber werdendeLicht in einem einst hell erleuchteten Raum ausknipst, wurde Biz’ Adresse für den Versand von E-Mails an die gesamte Firma gesperrt. Seine Stimme war zum Schweigen gebracht worden.
Jack Dorsey würde den Präsidenten der Vereinigten Staaten interviewen, für alle Welt sichtbar im breiten Rampenlicht der Medien. Ev, Biz und Goldman würden ihn jetzt nicht mehr aufhalten können.
Mach morgen bessere Fehler
Die nunmehr beinahe 600 Twitter-Angestellten verbrachten einen Großteil der ersten Juniwoche 2012 damit, ihre Habseligkeiten in Kartons zu packen. Bücher, Tastaturen, Computerkabel, Krimskrams, alles wurde in Pappkisten verstaut. Am Ende der Woche verließen sie zum letzten Mal das Büro in der Folsom Street 795, das Ev eingerichtet hatte.
Am Wochenende traf ein Schwarm von Packern ein und lud die Kisten und Computer in Lkws, die sich die Straße entlangreihten. Ein leichter Wind rauschte durch die Bäume in der Folsom Street, als die Motoren keuchend ansprangen. Dann fuhren die Laster durch stille Straßen, bogen links in die Third Street ein, fuhren rechts in die Mission Street und bogen wieder links ab, bis sie schließlich in der Market Street vor einem beigefarbenen Gebäude von der Breite eines Straßenblocks ankamen: Twitters neues Zuhause in San Francisco.
Zusammen mit den Kartons und Computern transportierten die Möbelpacker auch behutsam die Kunstwerke, die Ev und Sara mit viel Liebe ausgewählt hatten, ein schönes Neonschild mit dem Schriftzug »Tell Your Stories Here« und das @-Symbol, das in der Cafeteria gehangen hatte.
Am folgenden Freitag trat Dick in der neuen Kantine der Firma vor die versammelte Belegschaft. Verglichen mit den alten Büros waren die neuen Räumlichkeiten gewaltig. Rechts vom
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