Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)
Jack.
»Ja, Ev hat es uns heute Morgen gesagt«, bestätigte Biz leise. »Aber den anderen in der Firma sagen wir noch nichts.«
»Was soll ich deiner Ansicht nach machen?«
»Ich finde, du solltest ins Büro kommen, mit Ev sprechen und überlegen, was du allen sagen sollst.«
Sie unterhielten sich über das Gespräch im Clift Hotel, und Jack erzählte Biz, er wisse, dass Ev hinter alledem stecke. Der Coup komme von Ev, nicht vom Verwaltungsrat.
»Das weißt du doch gar nicht«, wandte Biz ein.
Er merkte, dass Jacks Ton und Haltung von Schmerz und Trauer in Wut und Rachsucht umschlug, als ob der Wind seine Richtung änderte, als Jack sagte: »Ich werde ins Büro kommen und der ganzen Belegschaft sagen, was passiert ist! Ich werde ihnen sagen, dass Ev mich verarscht und rausgeschmissen hat, weil er bei Twitter das Sagen haben will. Ich werde ihnen alles erzählen.«
»Nein. Das kannst du nicht machen. Hier geht es um Twitter und alle, die da arbeiten«, mahnte Biz, der die Panik aus Jacks Ton heraushörte. »Hier geht es nicht um dich und Ev. Es geht um etwas Größeres.«
Biz schlug zur Beruhigung einen Spaziergang vor und hoffte, Jack besänftigen zu können. Sie schlenderten einige Male um den Häuserblock. Nach einer Weile musste Biz wieder zurück ins Büro, aber sie vereinbarten, dass Jack am nächsten Nachmittag kommen und mit Ev sprechen sollte.
*
Draußen war es dunkel, als Jack bei Twitter im Konferenzraum saß und wartete. Der Tag hatte ihn völlig ausgelaugt. Ted, der Firmenanwalt, hatte ihm erklärt, alles sei rechtlich einwandfrei verlaufen. Ev sei Mehrheitseigner. Jack nicht.
Seit zwanzig Minuten hockte Jack nun schon da. Von Minute zu Minute wurde er wütender. Biz saß in der Nähe an seinem Schreibtisch und schrieb den Blogeintrag, der am nächsten Tag Jacks Austritt aus der Firma bekanntgeben würde. Die Überschrift lautete: »Begrüßung unseres alten und neuen Vorstandschefs und Verwaltungsratsvorsitzenden.« Er lobte Jacks »gekonnten Minimalismus und seine Schlichtheit, gepaart mit großem Weitblick und Ambitionen«. Und er behauptete, Jack und Ev hätten sich zu dem Wechsel entschlossen, weil es das Beste für das Unternehmen sei. »Wir haben uns unseren zukünftigen Weg genau angesehen und die Notwendigkeit für ein fokussiertes Herangehen einer alleinigen Geschäftsführung erkannt«, hieß es dort.
Aber es war nicht der fokussierte alleinige Firmenchef, den Jack wollte.
Während Biz allen Beschäftigten in einer E-Mail mitteilte, dass am folgenden Morgen eine Betriebsversammlung stattfinden würde, öffnete sich die Tür des Konferenzraums, in dem Jack wartete, und Ev kam endlich herein. »Verdammte Scheiße!«, spie Jack aus, als ob es das Letzte wäre, was er je sagen würde. Sein Adrenalinspiegel war nah am Anschlag.
»Es tut mir leid. Diese Dinge sind nicht immer einfach«, sagte Ev ruhig. Er hatte schon Dutzende entlassen, aber noch nie einen Firmenchef.
»Nein. Es ist verdammt noch mal wirklich nicht einfach, wenn du jemanden hintergehst und aus seiner eigenen Firma schmeißt«, sagte Jack. »Du hattest doch die Chance, mir genau zu sagen, was du wolltest, mir genau zu sagen, was ich tun sollte, aber stattdessen sägst du mich hinterrücks ab.«
Ev schwieg.
»Und ich finde es nicht richtig oder fair, dass du mir meine Anteile wegnimmst«, sagte Jack. »Das ist meine Firma. Du kannst mir nicht meine Anteile wegnehmen.«
»Wir nehmen dir nicht deine Anteile weg. Du hast die Erdienungsfrist noch nicht ganz erfüllt«, sagte Ev. »Du bist erst seit zwei Jahren Vollzeitangestellter, und die Erdienungsfrist für deine Anteile ist noch nicht erfüllt, also nehmen wir dir nichts weg. Tatsächlich geben wir dir mehr, als dir zusteht.«
Jack lachte wie ein Irrer. »Ihr gebt mir mehr, als mir zusteht? Ich bitte dich. Ihr linkt mich doch, und das wisst ihr auch genau.«
Ev versuchte noch einmal, ihm die Erdienungsfristen zu erklären, aber Jack fiel ihm ins Wort: »Das ist meine Firma! Ich habe so viel mehr in sie reingesteckt als du.«
Ev ließ Jack eine Weile toben und sagte schließlich ganz ruhig: »Es ist nicht deine Firma. Es ist vorbei.«
*
Am nächsten Morgen, einem Freitag, sammelte sich die Belegschaft im Aufenthaltsraum und wusste nicht recht, was sie erwartete. Einige setzten sich auf die grauen Sofas im Empfangsbereich, der wie ein Wohnzimmer gestaltet war. Andere zogen sich weiße Bürostühle heran. An der Wand hing ein riesiger Flachbildfernseher. Die
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