Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)
suchte: Mark Zuckerberg. Vorstandsvorsitzender von Facebook. Er warf erneut einen Blick über die Schulter, da Crystal, Ev und andere in der Nähe der Küche standen und sich unterhielten, dann schaute er auf sein Handy und wählte die Nummer, die neben Mark Zuckerbergs Namen stand.
Kapitel IV
#Ev
Der zweite Chef von Twitter
Jack starrte wortlos Ev an, sein Blick so reglos und präzise, als ginge es darum, den ersten Preis bei einem Wettbewerb im Anstarren zu gewinnen. Sein Gegner gab sein Bestes, sich nicht davon beirren zu lassen, doch das war leichter gesagt als getan.
»Twitter ist zwar in aller Munde, aber die Leute wissen nicht, was es ist oder warum sie es benutzen sollten«, las Ev aus seinem Foliensatz vor und ließ seinen Blick zu Goldman, Bijan und Fred wandern. Auch sie waren von Jacks Starren irritiert und mühten sich redlich um Aufmerksamkeit. Ev ließ sich nicht aus dem Konzept bringen.
Es war der 22. Oktober 2008, Evs erste Verwaltungsratssitzung als neuer Twitter-Chef nur drei Wochen nach Jacks Absetzung. Die Sonderseite zur amerikanischen Präsidentschaftswahl, erläuterte Ev – ein Projekt, in das Jack zuvor all seine Anstrengungen gesteckt hatte –, sei für Twitter der falsche Ansatz gewesen.
»Im Durchschnitt hat sie pro Tag nur 35
000 Seitenaufrufe gebracht«, führte Ev aus und wies zum Beleg auf eine gezackte Grafik. Neben dem Schaubild waren Beispiel-Tweets aufgeführt, die eher nach dummen Schülerscherzen als klugen politischen Kommentaren klangen (einer bezeichnete Sarah Palin, 2008 Kandidatin der Republikaner für die Vizepräsidentschaft, als »sexy Mutter, die ich gerne poppen würde«).
Dann wandte sich Ev gewichtigeren Themen zu und hakte geduldig seine Agenda ab: Risikokapitalverschuldung, Finanzierungsbedarf, Einstellungspläne, Einnahmen (die immer noch bei null standen), Spam sowie Maßnahmen zur Verminderung der mittlerweile berüchtigten Ausfallzeiten der Webseite. Für alle Anwesenden war unverkennbar, dass jetzt ein erfahrener Firmenlenker das Unternehmen führte, jemand, der einen Plan hatte, wie sich die Probleme lösen ließen.
So sehr einige Mitarbeiter persönlich Jacks Ausscheiden aus der Firma bedauerten, waren die meisten doch erleichtert, nicht mehr unter ihm arbeiten zu müssen. In den Monaten vor Jacks Entlassung als Vorstandschef hatten sich Mitarbeiter bei ihren Vorgesetzten immer wieder über seine »Cowboy-Manieren« beschwert und geklagt, dass er die Leute bisweilen herumkommandiere und Untergebenen kaum vertraue. Als Ev antrat, um das Ruder in der Firma zu übernehmen, wählte er einen ganz anderen Führungsstil: Er setzte von Anfang an Vertrauen in die Mitarbeiter, was sie mit Stolz erfüllte und so ihre Loyalität zu Ev und Twitter stärkte.
Jacks versteinerter Blick erwachte schlagartig zum Leben, als Ev die Worte »Mark Zuckerberg« und »Facebook« fallen ließ.
In den Wochen vor Jacks Rausschmiss hatte Facebook versucht, Twitter zu übernehmen. Facebook-Boss Mark Zuckerberg hatte es sich persönlich zur Aufgabe gemacht, Jack das blaue Vögelchen abzuschwatzen. Nun, nach Jacks Ausscheiden, waren es die beiden anderen Twitter-Gründer, um die Zuckerberg buhlen musste.
Ein paar Tage zuvor waren Biz und Ev zum Facebook-Campus gefahren, um sich mit ihm zu treffen. Wie die meisten Zusammenkünfte mit Beteiligung des Facebook-Chefs war auch dieses Meeting kaum erträglich gewesen.
Nachdem Ev und Biz am Sitz von Facebook eingetroffen waren, hatte man sie in einen kleinen Tagungsraum geführt und ihnen mitgeteilt, dass »Mark ein paar Minuten später« komme, aber gleich da sein werde. Der graue, karg möblierte Raum ähnelte eher einer russischen Gefängniszelle als dem Konferenzraum eines hippen sozialen Netzwerks. Unter den sich bietenden Sitzgelegenheitenwählten Biz und Ev einen winzigen Zweisitzer direkt an der Wand. Biz frotzelte ein bisschen herum, bis nach wenigen Minuten der jungenhafte Chef von Facebook hereineilte und auf einem Stuhl Platz nahm, der in erhöhter Position auf einem Podest thronte. Facebook blickte auf Twitter herab.
»Soll ich die Tür schließen oder offen lassen?«, fragte Ev.
»Ja«, erwiderte Mark.
Ev schaute Biz an, der die Achseln zuckte. »Ja, ich soll sie schließen, oder: Ja, ich soll sie offen lassen?«, hakte Ev nach.
»Ja«, wiederholte Mark.
Ev ging auf Nummer sicher und ließ die Tür halb offen. Zuckerberg fing zögernd an zu reden, während er sich das Skript vor Augen rief, das er sich in
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