Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)
Facebook-Campus sieht – und am Ende noch glaubt, dass da was im Busch ist.« Er lachte und schaute dabei Ev an.
Ev lächelte gezwungen zurück. »Verständlich«, sagte er. Ihm war nicht sonderlich nach Lachen zumute.
Seit kurzem waren die freundlichen Beziehungen zwischen Twitter und Facebook schlagartig abgekühlt. Nun besuchte dieTwitter-Delegation Zuckerberg, um die Verstimmung aus der Welt zu schaffen, auch wenn die Aussichten dafür eher schlecht zu stehen schienen. Anlass des Zwists war ein Ende Juni 2010 von Josh Elman entworfenes neues Suchwerkzeug, mit dem Twitter-Nutzer ihre Freunde bei Facebook finden und ihnen folgen konnten. Doch nur wenige Sekunden nach seiner Freischaltung funktionierte das Feature nicht mehr.
Elman, ein kluger, mondgesichtiger Entwickler, der stets durch seine Brillengläser zu blinzeln schien, war zwei Jahre zuvor von Facebook zu Twitter gewechselt. Er begriff sofort, was passiert war, und stürmte in Evs Büro. »Wir haben da ein Problem«, meldete er Ev und Goldman.
»Sind Sie sicher, dass sie uns abgeschaltet haben?«, fragte Ev. »Es ist kein Programmfehler?«
»Nee, nee, die haben uns geblockt«, erwiderte Elman mit Bestimmtheit. »Unsere App auf Facebook läuft noch, aber sie haben ›Finde-Freunde‹ abgestellt, da kommt nur eine Null zurück«, erklärte er auf Programmierchinesisch. Mit anderen Worten, Facebook hatte die Schlösser an seinen Türen ausgetauscht, zumindest für Twitter, und so den Zugang zu den Freundelisten gesperrt, obwohl Tausende anderer Webseiten auf eben diese Informationen zugreifen durften.
In Fachpublikationen war das neue Feature längst besprochen worden; nun wiesen sie eilig darauf hin, dass es leider nicht funktionierte, und zeigten mit dem Finger auf Twitter. Um sich gegen die Kritik zu verteidigen, lieferte sich die Firma nun mit Facebook einen höchst öffentlichen Schlagabtausch.
»Wir glauben, das Problem liegt bei Facebook«, watschte Twitter den Konkurrenten auf seiner Firmenwebseite ab. Facebook reagierte mit einer Pressemitteilung, dass es sich, ups! , bloß um ein dummes technisches Problem handle. »Wir arbeiten mit Twitter daran, es zu beheben.«
Das war natürlich »verdammter Bullshit«, wie Goldman sich ausdrückte, als er von Facebooks Reaktion erfuhr. Twitters Geschäftsleitung war selbstredend klar gewesen, dass Facebook das neue Merkmal ein Dorn im Auge sein würde, aber niemand hatte damit gerechnet, dass Zuckerbergs Leute es postwendend abschmettern würden.
Es stimmte, dass Twitter vor Freischaltung der neuen Suchfunktion Facebook über sein Vorhaben informiert hatte. Manche im Twitter-Vorstand hatten von Facebook sogar kleinlaut eine Erlaubnis einholen wollen, statt selbstbewusst das Heft in die Hand zu nehmen. Goldman beschloss, sich direkt mit dem Technikvorstand von Facebook, Bret Taylor, kurzuschließen, mit dem er Jahre zuvor bei Google zusammengearbeitet hatte.
»Es ist uns wirklich nicht recht, dass ihr das einführt«, konterte Taylor, als Goldman ihn in der Angelegenheit anrief, und fügte hinzu: »Ihr seid ein großes Unternehmen. Wir möchten schon eine bessere Beziehung zu euch aufbauen.«
»Okay, prima. Wir würden auch liebend gerne die Beziehung zu euch verbessern, aber wir möchten trotzdem diese Funktion einführen«, beharrte Goldman, schließlich wolle Twitter ja nur Daten abschöpfen, die Facebook auch allen anderen interessierten Webseiten überließ. »Wir geben euch hiermit einfach vorab Bescheid über das, was wir einführen«, erklärte Goldman kurz und bündig, doch das kam bei Taylor überhaupt nicht gut an. Das Gespräch wurde hitzig und endete in einer Sackgasse.
Mark Zuckerberg war zusammen mit Facebook-Managern zu dieser Zeit in Barcelona auf einem Kongress. Als er von Taylor von den Absichten Twitters erfuhr, gab er die klare Anweisung, die neue Twitter-Funktion im Augenblick ihrer Freischaltung umgehend zu blockieren.
Und dabei war es geblieben, zumindest bis Ev, Goldman und Amac zu der Aussprache in Zuckerbergs Haus eintrafen.
»So, das ist unser Arbeitszimmer«, sagte Zuckerberg, als sie auf der Führung durch sein kleines Häuschen in ein Zimmer mit blaugestrichenen Wänden gelangten. Zwei hölzerne Schreibtische ohne Stühle standen auf der rechten Seite des Raums, ein einzelner Polsterhocker in der linken Ecke. »Ich habe ein paar Designer von Facebook kommen lassen, die mir das Haus gestrichen haben«, fügte er stolz hinzu, als sie in die karge gelbe Küche kamen. Die
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