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Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)

Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)

Titel: Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Bilton
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dass sie jetzt gleich aufs Klo gingen oder auf welcher Party es am Wochenende Freibier gab. Nun wurde eben dieser Dienst auf den Straßen Teherans benutzt, um eine Regierung zu Fall zu bringen.
    Es war ein Zeugnis der menschlichen Widerstandskraft. Gib einem Menschen einen Baum, und er macht ein Boot daraus; gib ihm ein Blatt, und er wird es als Schale nutzen und Wasser daraus trinken; gib ihm einen Stein, und er wird eine Waffe daraus hauen, um sich und seine Familie zu beschützen. Gib einem Menschen ein kleines Feld mit einem Limit von 140 Zeichen, und er wird es sich zunutze machen, um im Nahen Osten gegen eine unterdrückerische Diktatur aufzubegehren.
    Biz unterbrach das Schweigen. Es war ihm wichtig, dafür zu sorgen, dass Twitter in der iranischen Revolte völlig unparteiisch bliebe. »Ich möchte sicherstellen, dass Twitter nicht selbst beteiligt ist«, sagte er und dachte über eine passende Formulierung nach. »Wir sind nicht für oder gegen die Demonstranten, wir lieben es einfach, dass Twitter in dieser Weise genutzt wird.«
    Um 16:15 Uhr postete Biz den Eintrag zur Aufschiebung der Abschaltung auf der Webseite der Firma. »Eine wichtige Netzwerkaktualisierung muss durchgeführt werden, um den Betrieb von Twitter aufrechtzuerhalten«, hieß es in dem Blogpost. »In Koordination mit Twitter hatte unser Netzwerkhost diese Arbeiten für heute Nacht geplant. Unser Netzwerkpartner … erkennt jedoch die Rolle, die Twitter gegenwärtig als wichtiges Kommunikationswerkzeug im Iran spielt. Die geplanten Wartungsarbeiten wurden daher auf Morgen zwischen 14 und 15 Uhr pazifische Normalzeit verlegt (1:30 Uhr im Iran).«
    Mit einem Zusatz brachte Biz verklausuliert zum Ausdruck, dass der Aufschub von Twitter erwünscht war: »Unser Partner geht ein hohes Risiko nicht nur für Twitter, sondern auch für die anderen Dienste ein, die er weltweit unterstützt. Wir empfehlen ihm, in einer unflexiblen Lage flexibel zu bleiben.«
    So behutsam Biz auch zu formulieren versucht hatte, sein Planging nach hinten los. Die Nachricht zog weite Kreise, Twitters versteckte Parteinahme brachte es auf die Titelseiten von Zeitungen auf der ganzen Welt.
    Mark Landler, Auslandskorrespondent der New York Times , der die Story als Erster in Umlauf brachte, merkte an, das »die Regierung Obama zwar vorgibt, Worte oder Taten vermeiden zu wollen, die als amerikanische Einmischung in die iranischen Präsidentschaftswahlen betrachtet werden könnten«, es sehe jedoch ganz danach aus, als hätte sie genau dies getan.
    »Am Montagnachmittag schickte Jared Cohen, ein 27-jähriger Beamter des Außenministeriums, eine E-Mail an das soziale Netzwerk Twitter mit einer ungewöhnlichen Bitte: die Wartung seines globalen Netzwerks zu verschieben«, berichtete Landler, der durch Quellen im Außenministerium davon Wind bekommen hatte. Durch die Arbeiten wäre, so erklärte Landler seinen Lesern, der Dienst unterbrochen worden, »während ihn die Iraner nutzten, um Informationen auszutauschen und die Außenwelt über die um sich greifenden Proteste zu unterrichten«.
    Die Meldung schlug allenthalben hohe Wellen.
    »Ich könnte Ihnen nicht sagen, was der Unterschied zwischen einem Twitterer und einem Tweet ist«, beteuerte Außenministerin Clinton auf einer Pressekonferenz nach Ausbruch der Proteste, fügte aber, umringt von Dutzenden Fernsehkameras und Reportern, sogleich hinzu: »Die Vereinigten Staaten glauben leidenschaftlich und fest an das Grundprinzip der freien Meinungsäußerung, und es ist nun einmal so, dass eines der Ausdrucksmittel, die Nutzung von Twitter, sehr wichtig ist, nicht nur für das iranische Volk, sondern immer stärker für Menschen auf der ganzen Welt, ganz besonders junge Menschen.«
    Hinter den Kulissen war man über die Veröffentlichung in der New York Times alles andere als erfreut. Das galt für das Weißen Haus ebenso wie für das Außenministerium und erst recht für Twitter.
    Im Außenministerium wurden schon Stimmen laut, die von Cohens Entlassung sprachen. Als er zu einer Dienstbesprechung mit Kollegen ins Weißen Haus bestellt wurde, war er leichenblass. »Verdammt, was hast du da nur angestellt?«, fuhr ihn ein Freund aus dem Weißen Haus an. »Du siehst übrigens furchtbar aus.«
    Zurück im Außenministerium blieb Cohen nichts anderes übrig, als zu warten, bis an höherer Stelle über sein Schicksal entschieden würde. Hillary Clinton jedoch legte sich für ihre Mitarbeiter ins Zeug und hielt hochrangigen

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