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Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)

Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)

Titel: Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jost Kaiser
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die Skulptur »Der Schwebende« im Güstrower Dom besucht, ist die Stadtbevölkerung durch Stasi-Mitarbeiter ausgetauscht worden.
    Güstrow ist ein Potemkinsches Dorf, ein Denkmal sozialistischen Kontrollwahns. Die Stasi-Leute sind angewiesen, »unter Einsatz von Licht, Effekten und Weihnachtsmusik eine lockere Atmosphäre« zu verbreiten.
    Als Helmut Schmidt den Güstrower Dom betritt, wo er von Landesbischof Heinrich Rathke begrüßt wird, kommt es aber doch noch zu einem Moment der Wahrhaftigkeit. Als Domkantor Paul Schumann eine Bach-Kantate anstimmt, setzt sich Schmidt unvermittelt ins Kirchengestühl, lauscht in sich versunken seinem Lieblingskomponisten – und scheint zu beten.
    Dem Atheisten und Marxisten Honecker bleibt nichts anderes übrig, als dem Protestanten Schmidt zu folgen, sich ebenfalls zu setzen, Interesse zu simulieren und gleichfalls, wenn auch mürrisch, dem Protestanten Bach in einer protestantischen Kirche zu lauschen.
    Für wenige Minuten stiehlt eine Bach-Kantate dem ersten Sekretär des ZK der SED und Vorsitzenden des Staatsrates der DDR, der seit Jahrzehnten keine Kirche mehr betreten hat, die Stasi-Show.

 
    Als Helmut Schmidt einmal …
    … mit einer CD verwechselt wurde
    Helmut Schmidt spielt, das weiß in Deutschland jeder, ganz passabel Klavier. Er hat sogar zwei LPs eingespielt. Bei Mozarts Klavierkonzert Nr. 7 für drei Klaviere (KV 242) hat Schmidt natürlich den einfachsten Part übernommen. Mozart hatte die dritte Klavierstimme einst für die elfjährige Gräfin Giusepina Lodron komponiert. Auch das Klavierkonzert von Johann Sebastian Bach (BWV 1060), das Schmidt mit Justus Frantz und Christoph Eschenbach aufgenommen hat, kauft man sicher nicht, weil hier Virtuosentum vorgeführt wird. Sondern weil ein Weltenlenker am Piano sitzt. Das ist immer forte.
    Doch Schmidt ist inzwischen weiter. Die letzte Aufnahme datiert von 1982. Danach hatte er daheim in Hamburg-Langenhorn Zeit zum Üben.
    Dezember 2008. Helmut Schmidt wird neunzig. Der Journalist Dieter Buhl besucht den Kanzler am Brahmsee. Loki empfängt ihn. Aus dem Nebenzimmer perlt Klaviermusik. Eine Fantasie über Bachs »Italienisches Konzert« in F-Dur, BWV 971.
    »Was für eine wunderbare Aufnahme«, bemerkt der Besucher.
    »Das ist keine Aufnahme«, sagt Loki. »Das ist Helmut. Das ist er nebenan im Arbeitszimmer.«

 
    Als Helmut Schmidt einmal …
    … Großbritannien vor einem
Labour-Schaden bewahrte
    1974. Europa bekommt zwei neue Regierungschefs: Helmut Schmidt löst Willy Brandt als Bundeskanzler ab, und in Großbritannien wird der Konservative Sir Edward Richard George Heath durch den neuen Labour-Premier James Harold Wilson, Baron Wilson of Rievaulx ersetzt.
    Britanniens Neuer hat einen europafeindlichen Wahlkampf gemacht – und gewonnen. Er lässt verlauten: »Die Labour-Party ist gegen eine britische Mitgliedschaft im gemeinsamen Markt, so wie sie von der konservativen Regierung ausgehandelt wurde.« Und: »Das Volk sollte das Recht haben, durch ein Referendum zu entscheiden.«
    Doch bevor das Volk befragt wird, soll erst mal einer das Wort ergreifen, der wirklich Ahnung hat: Helmut Schmidt wird zum Labour-Parteitag eingeladen, um über Europa zu sprechen.
    Labour-Mann Renée Short findet den Schmidt-Besuch nicht so gut: »Nach Ansicht vieler von uns im Vorstand besteht seine einzige Aufgabe darin, der Konferenz brüderliche Grüße seiner Partei zu überbringen. Sollte er versuchen, mehr zu tun und uns eine Lektion darüber zu erteilen, wie unsere Haltung gegenüber dem gemeinsamen Markt aussehen sollte, würden viele von uns unsere starke Missbilligung durch Auszug zum Ausdruck bringen.«
    Brüderliche Grüße – diesen sozialistischen Kitsch können die linken Labour-Leute vergessen. Wer Schmidt bucht, kriegt Schmidt.
    Der Kanzler rückt an – und redet ausführlich über den gemeinsamen Markt. »All I really want to say … is that your comrades on the Continent want you to stay«, sagt Schmidt in perfektem Englisch. »Alles, was ich hier sagen kann, ist dies: Eure Genossen auf dem Kontinent wollen euch dabeihaben.«
    Natürlich geht keiner raus. Sogar die härtesten Europa-Hasser, die Minister Michael Foot und Anthony Wedgwood Benn, klatschen Beifall.
    Am nächsten Tag jubelt der Evening Standard : »Skilful Schmidt sells the Market to Labour.« »Geschickter Schmidt verkauft Labour den gemeinsamen Markt.«
    Im Jahr darauf kommt das Referendum: Es gewinnen die Europa-Befürworter.

 
    Als Helmut

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