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Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)

Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)

Titel: Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jost Kaiser
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lange. Denn unter dem schnell von Theorien aller Art genervten Schmidt sind die Entwicklungsmöglichkeiten des Entwicklungsministers im Kabinett begrenzt: Wenige Wochen nach Schmidts Amtsantritt tritt Eppler ab.
    Schwäbischer Pietismus und hanseatischer Rationalismus, Sozialkundelehrerbart und Helgoländer Lotsenmütze – das passt nicht zusammen.
    Eppler schreibt Bücher, die Ende oder Wende hei ß en, und ist gegen alles, worauf Sozialdemokraten vor Kurzem noch stolz waren: Wirtschaftswachstum und Malochertum, Atomkraftwerke und Tornado-Kampfflugzeuge. Helmut Schmidt ist einfach nur genervt von Leuten wie Eppler: »Ich kann diese Oberstudienräte nicht leiden, die ihre Lebensängste auf die Kernenergie projizieren.«
    1980. Erhard Eppler ist inzwischen Spitzenkandidat der SPD bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg – für einen Sozi ist das Schwabenland das, was das Outback für einen Aussi ist: unwirtliche Steppe, in der man nichts abbekommt außer einer weiteren Schramme.
    Eppler ist verzweifelt, denn ausnahmsweise muss er keine Erkenntnisse über den drohenden Weltuntergang gewinnen, sondern eine schnöde Schwaben-Wahl.
    In dieser Situation, sein Lieblingsfeind liegt gerade im Krankenhaus, ruft er im Namen Schwäbisch-Halls, der Bundesrepublik und der ganzen Welt um Hilfe: »Dass Helmut Schmidt rasch wieder ganz gesund wird, ist für die Bundesrepublik Deutschland und, ich sage es ohne Pathos, für diese Welt jetzt noch wichtiger als der Wahlkampf in Baden-Württemberg.«
    Es gibt zwar nur einen Gott, aber eben auch nur einen Schmidt, und alles andere sind Nebensächlichkeiten: Auf Dauer war das Akzeptieren dieser Erkenntnis selbst für Erhard Eppler einfach unvermeidlich.

 
    Als Helmut Schmidt einmal …
    … vom Genius Loki gerettet wurde
    Helmut Schmidts Gesundheitszustand bekümmert nicht nur falsche Freunde. Auch echte Feinde verfolgen die Krankengeschichte des Kanzlers: »Helmut Schmidt ist nicht gesund – darauf spekuliert der Brandt«, weiß im Oktober 1979 Franz Josef Strauß, der seinerseits darauf spekuliert, dass Helmut Kohl irgendwann schlappmacht.
    Neben Strauß zweifelt noch ein anderer an der Kanzlergesundheit: Helmut Schmidt selbst. Allerdings nur einmal am Tag: »Wenn ich am Morgen beim Rasieren in den Spiegel schaue, denke ich auch immer, ich müsste spätestens am Mittag zurücktreten.«
    Tatsächlich ist die Krankengeschichte Schmidts beeindruckend:
    1972 liegt der Finanzminister wochenlang wegen einer – unerkannten – Schilddrüsenerkrankung, dem sogenannten Basedow-Syndrom, im Bundeswehrkrankenhaus in Koblenz.
    1975 erkrankt er an einer Lungen- und Rippenfellentzündung.
    Winter 1978: Bindehautentzündung, nachdem ihm in Hamburg ein Stück Glas ins Auge geweht ist.
    Spätsommer 1980: akute Herzrhythmusstörungen, die vom Regierungssprecher als »fiebriger Infekt« verharmlost werden.
    Januar 1981: eitrige Mandelentzündung, Verdacht auf Herzmuskelentzündung, eine sogenannte Myokarditis.
    Im Oktober 1981 setzt sein Herz mehrere Male über mehrere Sekunden aus – ein sogenannter »Adam-Strokes-Anfall«. Im Bundeswehrkrankenhaus Koblenz wird ihm ein Herzschrittmacher eingesetzt.
    Mehr als ein dutzend Mal ist Schmidt im Dienst ohnmächtig aufgefunden worden.
    Bei der FDP macht man sich Sorgen, schließlich kann man – höchstens – noch mit Schmidt über die Runden kommen. Alle anderen Sozis fallen für die FDP, die sich gerade in Richtung CDU abzusetzen beginnt, aus.
    Wird aus der Schmidt-Krise eine Staatskrise? Man kennt das aus den USA, wo Jimmy Carter mal beim Joggen zusammenbrach und danach, als Schwächling gebrandmarkt, in der öffentlichen Meinung für immer erledigt war. Das kann dem Kanzler nicht passieren.
    Schmidt joggt lieber gar nicht erst. Und er kann auf einen mächtigen Unterstützer zählen. Die FDP hat nicht mit dem Genius Loki gerechnet. Die sagt über ihren schwächelnden Helmut: »Er hat eine erstaunliche Konstitution, wie ein belgischer Ackergaul.«
    Damit ist das Thema Schmidt und seine Gesundheit beendet. Deutschland wird von einem Ackergaul regiert. Nicht von einem Jogger. Das ist der Unterschied.
    Am 23. Dezember 2013 feiert der Ackergaul seinen 95. Geburtstag.

 
    Als Helmut Schmidt einmal …
    … jemandem in den Arm fiel
    Helmut Schmidt und die deutsche Öffentlichkeit haben nicht viel gemeinsam – welcher Deutsche liest schon Karl Popper und Immanuel Kant und spielt Bach –, aber eines eben schon: Beide denken nur das Beste von Helmut

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