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Tyrannenmord

Tyrannenmord

Titel: Tyrannenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roy Jensen
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anzeigen? Das ist ja grotesk! Und die Straßen am Wochenende rundum von Polizeikräften kontrollieren lassen? Wie soll denn das bei dem zu erwartenden Ansturm gehen? Nee, nee, Herr Clausen, Sie sollten einen alten Mann nicht mehr auf den Arm nehmen!«
    »Das hatte ich keineswegs vor«, entgegnete der Reporter ruhig, »ich denke, die Polizei hätte schon die Möglichkeit, diese Art von Verkehrsaufkommen umzuleiten oder bei der Menge auf eine Anmeldung der Fahrten zu bestehen.«
    »Entschuldigen Sie bitte, Herr Clausen, aber das ist der reinste Tinnef, dann wären doch nur andere betroffen«, gab sich Henningsen plötzlich erstaunlich sozial.
    »Und wie wollen Sie eine Ansammlung durch Mund-zu-Mund-Propaganda oder das Internet, wie neulich auf Sylt passiert, verbieten? Ihre Zeitung hat darüber ja berichtet! Die Leute kommen aus allen Himmelsrichtungen und wenn Sie sie danach fragen, sind sie natürlich nur rein zufällig da!«
    »Da wir gerade beim Himmel sind«, erwiderte der Reporter schlagfertig, »könnte wenigstens der Versuch unternommen werden, auf die Kirche dahingehend einzuwirken, dass sie die Ausrichtung der Motorrad-Gottesdienste einschränkt.«
    »Ach, mein lieber Herr Clausen, in der Richtung bin ich schon lange vom Glauben abgefallen«, erwiderte Henningsen, der seine Enttäuschung gegenüber den Äußerungen des Reporters nicht verbergen konnte und wollte. »Und selbst wenn die Pfaffen einsichtig wären, bliebe trotzdem dieser verdammte Kneipenwirt mit seinem unseligen Geschäft.«
    »Ja, ja, Herr Henningsen«, entgegnete der Reporter, der keinen Rat wusste, »Gottes Mühlen und die der Demokratie mahlen eben zuweilen langsamer als gewünscht.«
    »Ja und wie wäre es wohl, wenn der Herr Reporter nichts Böses ahnend gerade beim gemütlichen Kaffeetrinken im Garten sitzt und dann lassen so’n paar Kerle mit ihrem Lärm und Gestank aus lauter Jux mal ordentlich die Sau raus?«, schob Henningsen nach. »Dann würde er mir hier nicht mit solchen belanglosen Sprechblasen kommen und hätte sicher mehr Verständnis für meine Lage.« Henningsen, der etwas zur Schwerhörigkeit neigte, lauschte daraufhin angestrengt in den Hörer. Doch die andere Seite hatte bereits aufgelegt.
    Als Henningsen am nächsten Morgen beim Frühstücken die Regionalzeitung aufschlug, blieb ihm zuerst einmal der Bissen im Halse stecken, denn das Foto, welches ihn in voller Aktion auf seinem Traktor darstellte, nahm fast eine halbe Seite ein, und zeigte einen verkniffenen, mit einer Büchse bewaffneten Landbewohner, der wohl eher nach Gutsherrenart auf seine angestammten Rechte pochte, nicht gerade ein Robin Hood. Und die dreispaltige, fette Überschrift: ›Landwirt blockiert öffentliche Straße‹ unterstrich seinen planlosen eigenmächtigen Alleingang.
    Im Lauftext war der Reporter allerdings bemüht, weitgehend Sachlichkeit walten zu lassen, in dem er sich weder für die eine noch die andere Seite starkmachte.
    Trotzdem war Henningsen erst mal die Petersilie verhagelt und der Tag irgendwie schon für ihn gelaufen.

6. Krisensitzung
    Da das Aufkommen motorisierter Biker- und Quadhorden weiterhin bestehen blieb, sah sich der engere Kern der betroffenen Anlieger veranlasst, eine Krisensitzung einzuberufen. Außer Ben, Nina, Joe, Erika Long und Henningsen hatten sich etwa 50 weitere Personen in der Wohndiele des Cafés eingefunden, die, wie so auf den Dörfern gegeben, sich alle mehr oder weniger gut kannten.
    Während der verlässliche Raoul die Gäste mit Getränken und Snacks versorgte, ergriff Ben als Erster und einer der Hauptbetroffenen das Wort. »Ihr habt es ja alle hautnah erleben müssen, was da so unvermutet über uns hereingebrochen ist. Nicht genug damit, dass die Lebensqualität für jeden Einzelnen von uns stark beeinträchtigt wird, nein, dieser Zustand bedroht unser Geschäft und damit unsere gesamte Existenz. Soweit ich weiß, gibt es unter euch einige Vermieter von Ferienwohnungen, die ebenfalls um ihre Gäste bangen …« Ben sah in der Runde einige zustimmend nicken. »Ja, und wir wissen eigentlich nicht, was wir den Gästen sagen sollen, die fest gebucht haben und über die Belästigungen empört sind.« Ben stand die Ratlosigkeit im Gesicht geschrieben. »Wenn das hier weiter eine Motorradstrecke bleibt, können wir einpacken.« Ben wechselte einen bedeutsamen Blick mit Joe, der abwartend im Türrahmen stand.
    »Vielleicht«, versuchte Joe, nun ganz Journalist, das Hauptaugenmerk der Runde auf eine rationale

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