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Tyrannenmord

Tyrannenmord

Titel: Tyrannenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roy Jensen
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die Tatwaffe wie in Zeitlupe betrachtend zwischen den Fingern langsam hin und her rollte. »Doppelt genäht hält bekanntlich besser, heißt es im Allgemeinen«, fuhr Kolackewitz fort, ohne natürlich im Geringsten zu ahnen, dass seinem medizinischen Kollegen am Tatort gerade erst vor ein paar Stunden diese volkstümliche Binsenwahrheit ebenfalls über die Lippen gekommen war.
    »Hier wäre das zweite Projektil, welches dem Pfeil wahrscheinlich nur in Nano-Sekundenbruchteilen folgte, gar nicht mehr vonnöten gewesen. Das Geschoss stammt eindeutig aus einer Präzisionswaffe, wie sie von Scharfschützen des Militärs und Spezialeinheiten der Polizei verwendet wird. Die Kollegen aus der Ballistik meinen dazu«, Kolackewitz fummelte einen Begleitzettel aus der Plastiktüte, in der sich das Geschoss – ein Lapua Magnum, Kaliber 8,6 × 70 mm befand, »dass es sich um eine GCP, Barett98 Bravo oder eine Schweizer Steyr, Modell 460, handeln könnte. Es ist also davon auszugehen«, der Gerichtsmediziner legte das Projektil vor Schmidt auf den Beistellcontainer ab, »dass die Kugel präzise das Herz zwei bis drei Zentimeter direkt unter der Aorta getroffen hätte, wenn das Opfer hier nicht durch den Pfeilschuss – reflexartig und nur um Sekundenbruchteile vorher – zusammengezuckt wäre. Was wir übrigens durch das sonst absolut kreisrunde, hier nun minimal leicht ovale Einschussloch des Projektils einer sogenannten Hochgeschwindigkeitswaffe belegen können. So durchschlug es statt des Herzens glatt den Knochen des Schlüsselbeins und das dahinter befindliche Gewebe.«
    »Also, lieber Kolackewitz, haben wir es genaugenommen mit einem vollzogenen Mord und – so paradox es wohl erst mal klingen mag – einem Mordversuch durch den Gewehrschützen zu tun. Denn zweimal sterben, geht ja bekanntlich schlecht.«
    »Schmidtchen, Schmidtchen, damit triffst du traumwandlerisch genau ins Schwarze, nur – es kommt noch wesentlich besser, schau mal hier.« Kolackewitz wies auf ein Tablett, das auf einem der Nebentische stand. »Diese Habseligkeiten des Toten haben wir sichergestellt: Eine Kellnergeldbörse, Führerschein, Motorradschlüssel, Schlagring, ein Stilett und ein fast leeres Fläschchen Magenbitter.«
    »Ja, eine Ausstattung würde ich sagen, die bei dieser Klientel wohl durchaus als normal anzusehen ist … aber, Kola«, sprach Schmidt sein Gegenüber mit dessen Spitzname an. »Wo soll denn zum Teufel, dabei eigentlich das Besondere sein?«
    »Sieh dir mal das kleine Fläschchen genauer an«, dozierte Kolackewitz genüsslich und schien sich in der Rolle des Quizmasters so richtig zu aalen.
    »Was soll damit sein, bin ich etwa Dr. Allwissend?«, konterte Schmidt.
    »Nee, Schmidtchen, biste natürlich nicht. Und ich erwarte nicht von dir, dass du unbedingt jetzt den Sherlock machst – obwohl dessen Lupe – nur ein kleiner Tipp am Rande – dir in diesem speziellen Fall zu ganz neuen Eingebungen verhelfen könnte.«
    »Okay, okay, großer Meister, haben wir bereits alles da«, erwiderte Schmidt, allerdings in langsam nachlassender Spielerlaune und nestelte etwas umständlich einen Fadenzähler hervor, den ihm mal irgendwann Isabell – deren Mann in einer Druckerei arbeitete – mitgebracht hatte und den er seitdem immer bei sich trug.
    Der erfahrene Fahnder drehte das Fläschchen erwartungsvoll zwischen den behandschuhten Händen, hielt es ans Licht, jedoch konnte er auf Anhieb nichts Außergewöhnliches daran entdecken. Das Fläschchen war natürlich geöffnet worden und dabei war die Papierbanderole, die den Deckel und Teile des Flaschenhalses streifenförmig bedeckte, eingerissen. Schmidt schraubte den Deckel vorsichtig ab und schnupperte an den Inhaltsresten, die ihm eigentlich ganz normal nach dem üblich bitteren Gesöff zu riechen schienen. Schmidt zuckte mit den Achseln, woraufhin Kolackewitz, der von der Rolle des Quizmasters absolut nicht lassen konnte, ihm bedeutete, den Schraubdeckel auf den Kopf zu stellen. Schmidt hatte natürlich längst bemerkt, dass an diesem manipuliert worden war, aber er gönnte dem Kollegen in Weiß sein Spielchen und stellte sich erneut unwissend.
    »Jetzt müsste dir das winzige Bohrloch auffallen, das auf der Deckeloberseite unter der wahrscheinlich erst abgelösten und anschließend wieder aufgeklebten Papierbanderole so schön verborgen bleibt?«, drängte Kolackewitz mit kaum verhohlenem Frohlocken in der Stimme.
    »Klar sehe ich das jetzt«, erwiderte Schmidt,

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