Tyrannenmord
Polizisten, wie sich gerade auf der Yacht ein mit einem Troyer bekleideter Mann zu schaffen machte. Als dieser die drei Männer erblickte, sahen sie trotz dessen dunkler Brille, wie dieser stutzte und dann kurz entschlossen in das Beiboot, ein schwarzes Schlauchboot mit Außenborder sprang. Nachdem er in Windeseile das Tauende gelöst hatte, das mit der Yacht verbunden gewesen war, betätigte er den Außenborder, der beim dritten Anlauf ansprang. Er wendete und hielt den Bug in Richtung Hafenausfahrt. Die älteren Beamten hatten inzwischen ihre Dienstwaffen gezogen und forderten den Flüchtenden vergeblich auf zu stoppen. Vielleicht hätte eine Kugel in den Rumpf des Schlauchboots der Flucht ein jähes Ende bereitet, aber dann geschah etwas, was es den Beamten unmöglich machte, ihre Dienstwaffen zu gebrauchen, wollten sie nicht Leib und Leben anderer gefährden.
Der junge Kollege war in einem unbemerkten Moment direkt vom Steg aus in ein gerade in den Hafen zurückkehrendes, offenes, kleineres Motorboot gesprungen, offensichtlich um eigenmächtig die Verfolgung Sven Bothes aufzunehmen. Wahrscheinlich hatte er aber die Höhe unterschätzt und er blieb mit schmerzverzerrtem Gesicht neben dem verdutzten Besitzer liegen.
Währenddessen hatte Sven Bothe die offene See erreicht und es blieb den Beamten nur noch übrig, die Wasserschutzpolizei auf deutscher und dänischer Seite zu informieren.
Bei dem Verunglückten leisteten sie Erste Hilfe, polsterten das linke Bein, das offensichtlich gebrochen war, unter dem Knie mit einer Decke ab und orderten einen Krankenwagen.
Hauptkommissar Schmidt besuchte seinen jungen Kollegen am selben Nachmittag in der Klinik.
»Na, Sir Knatterton«, begrüßte Schmidt den Verletzten betont launig, da er von den Ärzten bereits erfahren hatte, dass dieser nichts Ernstes nachbehalten würde. »Was haben wir uns denn eigentlich dabei gedacht?« Er setzte sich auf die Bettkante und sah sein Gegenüber aus einer Mischung von Strenge und Belustigung an. »So ein Beinchen in Gips ist ja nicht gerade vergnüglich, oder?«
»Na ja, Chef, irgendwie wurde ich da unten am Seglerhafen vom James-Bond-Fieber gepackt.« Seine Stimme klang trotz der smart wirkenden Antwort kleinlaut und unsicher, denn es war ihm inzwischen bewusst geworden, dass er nicht richtig gehandelt hatte. Dennoch vermied er es, dies direkt zuzugeben.
»Sie haben«, in Schmidts Stimme war urplötzlich die belustigende Komponente wie weggeblasen, »im höchsten Maße eigenmächtig und fahrlässig gehandelt und sich über Ihre anwesenden Vorgesetzten hinweggesetzt. Da heiligt auch kein Zweck die Mittel.« Schmidt gab sich streng und legte sein Gesicht in nachdenkliche Falten. »Das könnte durchaus Konsequenzen nach sich ziehen, mein Lieber!«
»Es tut mir echt leid, Herr Hauptkommissar«, erwiderte der junge Beamte, sich einsichtig gebend und nun auch das lässige ›Chef‹ vermeidend. »Ich weiß ja selbst nicht, was da unten mit mir los war, es war halt wie ein Sog.«
Schmidt erinnerte sich an seine eigenen Anfangsjahre als junger Kripobeamter, wo ihm ebenfalls eine Mischung aus Ungestüm und Erfahrungsmangel so manchen Rüffel seiner Vorgesetzten eingebracht hatte. Und plötzlich empfand er trotz seines Ärgers Empathie für den Kollegen. Laut aber sagte er: »Nun mal abgesehen von allem Amtlichen haben Sie da mal eben so ganz auf die coole Art Ihr eigenes Leben und das des Motorbootbesitzers in Gefahr gebracht!« Schmidt sah ihn eindringlich an. »Ich hoffe nur, dass das Ihnen inzwischen klar geworden ist.«
Zusehends nachdenklich geworden schaute der so ins Gewissen Genommene vor sich auf die Bettdecke, und alles vormals so Lockere in ihm schien mit einem Schlag verschwunden zu sein.
»Die Verfolgung des Herrn Bothe zu Wasser und zu Lande hat übrigens bereits begonnen«, bemerkte Schmidt, sich von der Bettkante erhebend und sichtlich milder gestimmt. »Und wir gehen davon aus, ihn fassen zu können, ehe er gänzlich untertauchen kann oder sich irgendwo in Skandinavien absetzt. Schmidt stand auf und wandte sich zum Gehen, »ansonsten wünsche ich Ihnen natürlich gute Besserung!«
»Herr Hauptkommissar, bitte warten Sie. Muss ich mir jetzt eigentlich Sorgen machen?«
Schmidt wusste natürlich nur zu gut, was gemeint war, und antwortete: »Ja, junger Mann, Sorgen sollten Sie sich eigentlich immer machen, wenn das eigene Leben auf dem Spiel steht … und was die Sache an sich angeht, und das meinten Sie doch wohl,
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