Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tyrannenmord

Tyrannenmord

Titel: Tyrannenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roy Jensen
Vom Netzwerk:
sich jetzt Isabell zu Wort.
    »Na ja, es sickerte zum Beispiel durch«, erklärte Hensel, »dass Thomsen früher mal Präsident bei den berüchtigten Hells Angels gewesen sein soll – aber nichts Genaues weiß man da eben nicht. Die Hells Angels sind ja inzwischen in Flensburg verboten, aber die dunklen Geschäfte laufen natürlich trotzdem weiter. Jedenfalls begann er auf der Hauskoppel direkt hinter der Kneipe einen Motorradmarkt, so eine Art Börse einzurichten. Das fing erst ganz harmlos mit einem Stand und ein paar Interessenten an. Über die Einseitigkeit dieses besonderen Publikums und die damit verbundene zusätzliche Belästigung rümpften schon mal einige Bürger die Nase. Abgesehen davon, dass Thomsen das sowieso nicht tangierte, war das für den auf seine Art ungemein rührigen Mann längst nicht alles. Er gewann diesen Knut Schmähling dazu, einen Pfarrer aus Flensburg, der in Folge anfing, hier zusätzlich Motorrad-Gottesdienste, sogenannte Mogos, abzuhalten. Und da der Mann selbst Biker ist«, Hensel unterbrach sich kurz, »sind da wohl die Richtigen zusammen, nicht?« Hensel erzählte weiter und hielt mit der schräg hinter ihm sitzenden Isabell hauptsächlich über den mittleren Rückspiegel Blickkontakt und ersparte sich so Drehungen seines inzwischen müde gewordenen Körpers in Richtung der Kollegin.
    »Ja, den Schmähling kenne ich, allerdings nur vom Hörensagen.« Schmidt nickte bestätigend von der Beifahrerseite her. »Als Besitzer einer Kawasaki nimmt man so was am Rande halt mal mit auf.«
    »Ach, nee Herr Kommissar, Sie etwa auch?« Hensel verzog sein Gesicht zu einem erstaunten Grinsen. »Das hätte ich aber nicht vermutet!«
    »Was hätten Sie nicht vermutet – dass ich genau so ein Krawallfahrer bin? Es geht auch anders, Herr Wachtmeister«, erwiderte Schmidt ruhig und bestimmt. »Ich bevorzuge zu reisen und nicht zu rasen!«
    »Gut, gut, Herr Hauptkommissar, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten, Sie haben ja recht«, räumte Hensel beschwichtigend ein. »Wir Menschen neigen halt gern dazu, schnelle Schlüsse zu ziehen und zu verallgemeinern.«
    »Passt schon, Hensel«, erwiderte Schmidt versöhnlich, »ehe wir uns jetzt weiter ins Philosophische versteigen, lässt sich vielleicht Näheres über des Pfarrers Gepflogenheiten sagen?«
    »Ja … also, der hielt dort eben diese sogenannten Mogos ab«, antwortete Hensel, »selbstredend gern mit Trauungen – sogar von weihevollen Kindstaufen hörte ich. Ich kann mir nicht helfen, diese überwiegenden ›Schwarzkittel‹, die erinnern mich in der Masse eher an eine Sekte. Ob die Kirche damit richtig liegt, in dem sie sich denen so anbiedert, wage ich allerdings zu bezweifeln.«
    »Das ist ja, Gott sei Dank«, Schmidt legte ein nicht ganz eindeutiges Grinsen an den Tag, »nicht unser Bier. Und wie ging es dann weiter?«
    »Diese Mogos – bleiben wir der Einfachheit halber bei diesem Kürzel – haben bis zum Mordfall regelmäßig stattgefunden«, erörterte Hensel weiter. Ein weiteres müdes Gähnen kaum noch unterdrückend, ließ er sich tiefer in die Polster sacken.
    »Ich nehme an, dass die Kirche nach diesen Anschlägen ihren mobilen Geistlichen zurückpfeifen wird. Sonst heißt es womöglich nachher, sie führe über Leichen.« Hensel lächelte süffisant, garniert mit einem fast unhörbaren Wiehern woraufhin aus dem Fond von Isabell ein unterdrücktes Prusten zu vernehmen war, was Schmidt nicht weiter zu berühren schien. Er zuckte mit keiner Wimper.
    »Inzwischen sah man seitens der Gemeinde die Entwicklung eher skeptisch«, fuhr Hensel fort, der sich schnell wieder gefasst und ohne weiteren Übergang, sein gewohnt hölzernes, in manchen Situationen allerdings etwas albern wirkendes, dienstliches Gebaren angenommen hatte. »Und wie es denn oft so ist – die Geister die man rief, wird man nicht mehr los«, bemühte Hensel sinngemäß etwas Goethe, »und ehe die Gemeinde überhaupt reagiert hätte, wäre Thomsens Traum von einem Mekka der Biker hier oben im Norden wohl unumkehrbare Wirklichkeit geworden.«
    »Gehen wir einmal zum Anfang Ihrer Ausführungen zurück, Herr Hensel«, hakte Schmidt nach. »Sie deuteten vorhin an, dass da noch mehr Leute aus der Gegend mit der Entwicklung nicht ganz einverstanden waren. Wen meinten Sie eigentlich damit?«
    »Also da sind natürlich zuerst Ben und Nina Thams zu nennen, die wahrscheinlich sogar diejenigen sind, die von allen hier am meisten zu verlieren haben. Sie haben erst vor ein

Weitere Kostenlose Bücher