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Tyrannenmord

Tyrannenmord

Titel: Tyrannenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roy Jensen
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will ich einmal beide Augen zudrücken. Na, denn – erst mal«, fügte Schmidt einen letzten Blick zurückwerfend hinzu. Und während der junge Kollege dankbar nickend die Hand zum Abschiedsgruß erhoben hatte, stand ihm die Erleichterung bis rauf zum Haaransatz ins Gesicht geschrieben.

    Die Durchsuchung von Bothes Yacht, bei der ein Drogensuchhund eingesetzt wurde, förderte Kokain zutage. Das Päckchen, das in etwa 450 Gramm auf die Waage brachte, konnte im Rettungsring lokalisiert werden. Der Marktwert war ohne Weiteres geeignet, dem Dealer für geraume Zeit ein recht angenehmes Leben zu ermöglichen. Die Fingerabdrücke, die auf dem Boot vorgefunden wurden, waren bereits auf der AFIS-Datenbank des BKA abgeglichen worden, wobei es keinen Treffer gegeben hatte.

    Einige der sichergestellten Gegenstände, hatte Schmidt vor sich auf dem Schreibtisch ausgebreitet: Ein schwarzer Kugelschreiber mit der Aufschrift ›Geklaut im Kritz‹, einen Schlagring, eine goldene Halskette und eine Brille, deren etwas ungewöhnlich geschliffenes Glas seine Aufmerksamkeit fesselte. Als er hindurchsah, erschien die Umgebung verschwommen. Optiker Hallmanns Filiale an der Großen Straße war nur einige wenige Schritte entfernt, und so entschloss sich Schmidt zu einem kleinen Spaziergang.
    Die Überprüfung der Gläser ergab, dass es sich um astigmatische Linsen handelte, die einen Brechungsfehler der Augen, verbunden mit einer starken Sehschärfenminderung auszugleichen hatten. Auf die Frage an den Optikermeister, ob er es für möglich halte, dass ein Mensch mit diesen Sehfehlern, sich als Scharfschütze profilieren könne, schüttelte dieser nur verneinend mit dem Kopf.
    Wenn also Sven Bothe der Träger dieser Brille war und da war sich Schmidt bei diesen speziellen Sehfehlern ziemlich sicher, kam er als Heckenschütze im ›Fall Thomsen‹ nicht mehr infrage.

13. Rockerbraut verschollen
    Isabell tippte gerade am vorläufigen Untersuchungsbericht in Sachen Sven Bothe, als Schmidt ihr gemeinsames Büro betrat.
    »Ich denke mal, da Frau Thomsen unserer Einladung zur Vernehmung nicht gefolgt ist, sollten wir ihr einen kleinen Besuch abstatten.«
    »Sofort, Paul – nur dieser eine Satz noch«, antwortete Isabell, ohne den Blick dabei vom Monitor zu wenden, während ihre zartgliedrigen Finger über die Tastatur huschten. Dann warf sie sich – die sonst gern taillierte und figurbetonte Mode vorzog – ein eher leger geschnittenes Fieldjacket über, das ihre Waffe nach außen hin gut kaschierte. Zum Schluss schaltete sie die Kaffeemaschine aus und ging an Schmidt schelmisch lächelnd vorbei, der ihr bereits die halbmatte Glastür vom Büro aufgehalten hatte.
    Schmidt, der seine Kawasaki Cruiser aus den bereits genannten, prekären Gründen nur gelegentlich fuhr, hatte die Maschine heute eher zufällig bereits in einer geschützten Parkbucht im Hof der BKI geparkt.
    Wenn er später daran dachte, warum er ausgerechnet an jenem Tag Isabell einlud auf dem Sozius Platz zu nehmen und nicht lieber den Dienstwagen genommen hatte, so entzog sich das der reinen Vernunft, denn eine plausible Erklärung dafür war nicht aufzutreiben.
    Isabell hatte ihn zwar zuerst verwundert angeblickt, aber bereits kurz darauf, als wäre es selbstverständlich, den von ihrem Chef gereichten Funktionsanzug übergezogen und den Helm aufgesetzt. Die Kluft passte ihr wie angegossen, und die Tatsache, dass die Sachen einmal für seine Exfrau gedacht waren, ließ Schmidt immer noch nicht unberührt.
    Klar, er fühlte sich zu Isabell hingezogen, und das bezog sich nicht nur auf ihr attraktives Äußeres, und ihre offene, freundliche Art, sondern auch auf ihre Loyalität und ihre absolute Verlässlichkeit.
    »Hey, Paul, wo bist du, sollten wir jetzt die Maschine nicht endlich starten?«, hörte er Isabells Worte anfänglich merkwürdig gedämpft, als wären sie hinter weicher Watte gesprochen. »Ist schon gut, entschuldige, Isabell«, antwortete Schmidt schnell wieder gefasst, vor dessen innerem Auge Bilder aus der Vergangenheit aufgetaucht waren. »Alles, wie immer, im grünen Bereich.«
    Bereits nach dem ersten Anlassversuch meldete sich die erprobte Maschine mit ihrem satten, tiefdunklen Klang zurück. Ein unaufdringliches Vibrieren durchzog sie und wie eine angenehme Massage belebte es sanft die Körper der Polizisten. Schmidt ließ die wohlvertraute Gefährtin, ein Indian-Retro, in aller Ruhe zu sich kommen, nervöses Spielen am Gas brauchte sie nicht. Auf der

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