Tyranninnen - Grausame Frauen der Weltgeschichte
Fürsten, dessen Herrschaftsgebiet Zerbst nahe Magdeburg so klein war und ihm so wenig Einnahmen verschaffte, dass er als General beim preußischen Militär diente. Ihre Lebenswelt war nicht geprägt von einem fürstlichen Hof, sondern von der Bürgerlichkeit der Ostseestadt Stettin. Sophia, ein aufgewecktes und frühreifes Kind, das nicht durch besondere Begabungen auffiel, war mager und maskulin, besaß ein vornehmes Gesicht und volle braune Haaren. Sie liebte Knabenspiele und galt als völlig unmusikalisch. Ihre Mutter, die aus dem Adelsgeschlecht der Holstein-Gottorp stammte, war mit dem schwedischen und russischen Herrscherhaus verwandt. Aber auch zu anderen Fürstenhäusern hatten die Holstein-Gottorp enge verwandtschaftliche Beziehungen. Als die russische Zarin Elisabeth für ihren Neffen Peter, ein geborener Holstein-Gottorp und ihr designierter Nachfolger, eine Ehefrau suchte, wandte sie sich an Sophias Mutter, die eine Verbindung ihrer Tochter mit ihrem Vetter zweiten Grades als die Erfüllung ihrer kühnsten Träume ansah. 1744 trat die Fürstinvon Anhalt-Zerbst mit ihrer Tochter Sophia die Reise nach Moskau an. Zwischenstation war der Königshof in Berlin, wo der Preußenkönig Friedrich die junge Prinzessin kennen lernen wollte, die er der Zarin Elisabeth auf deren Anfrage hin als Gattin für ihren Neffen Peter empfohlen hatte.
Der junge Peter, den Sophia schon einmal als elfjährige in Holstein kennen gelernt hatte, war vor zwei Jahren erst von seiner Tante Elisabeth nach Moskau geholt worden und sprach deshalb nur wenig Russisch. Von seinen Erziehern war der früh verwaiste Knabe, der ständig von Heimweh gequält wurde, wie ein Kadett erzogen worden. Er zeigte schon sehr früh Charakterzüge, die Zweifel weckten, ob er seiner späteren Aufgabe gewachsen sein würde. Seine Umgebung beschrieb ihn als albern, kindisch und für sein Alter sehr unterentwickelt, da trotz seiner 17 Jahre sein Lieblingsspielzeug Puppen waren. Katharina bemühte sich, ihm zu gefallen. Sie hielt ihn sogar, wie sie in ihren Memoiren schreibt, für sympathisch. Aber es fiel ihr auf, dass er seine russische Umgebung nicht liebte und an seinem protestantischen Glauben festhielt. Nachdem sie verlobt worden waren, erkrankte Peter schwer an den Pocken. Sein Gesicht wurde durch die zurückbleibenden Narben derart entstellt und war so aufgedunsen, dass sie ihn bei ihrem ersten Zusammentreffen nach seiner Genesung kaum wiedererkannte.
Die Ehe mit dem Großfürsten Peter wurde für sie zu einer immer stärkeren Belastung, weil sich neun Jahre lang der von der Zarin sehnlichst erwartete Nachwuchs nicht einstellte. In der Hochzeitsnacht machte Katharina, wie sie in ihren Memoiren erzählt, die Entdeckung, dass ihr Mann am ehelichen Verkehr kein Interesse zeigte. Nachdem er reichlich mit seinen Bediensteten gespeist und seine Frau zwei Stunden langhatte warten lassen, kam er zu ihr ins Ehebett und sagte spöttisch: „Dies würde meinen Diener amüsieren, wenn er uns beide so daliegen sähe!“ Dann legte er sich auf die Seite und schlief fest bis zum nächsten Morgen.
Schon bald kam Katharina zu der Einsicht, dass ihr Gemahl sie nicht liebte, und sie gab alle Versuche auf, seine Sympathie und sein Wohlwollen zu gewinnen. Ihr Mann schwärmte offen und in Gegenwart Dritter von anderen Frauen. Schon vierzehn Tage nach der Hochzeit erklärte er Katharina, er sei in eine der Ehrendamen der Zarin verliebt. Seine Gemahlin aber wusste, dass er nur den Maulhelden spielte und gab sich selbst den Rat, ihn nicht zu lieben. „Wenn er hätte geliebt werden wollen“, schreibt sie, „so wäre dies nicht schwer für mich gewesen. Ich war von Natur geneigt und gewöhnt, meine Pflichten zu erfüllen, aber ich hätte einen Gemahl haben müssen, der gesunden Menschenverstand besaß, und den hatte leider der Großfürst nicht.“
Peters Verhalten, das man heute als seelisch bedingte Impotenz bezeichnet, hatte seine Ursache vor allem in der sexual-feindlichen Erziehung, die ihm seit seiner frühesten Jugend zuteil wurde. Was er über Sexualität wusste, waren mehr oder wenig nur die Zoten seiner Erzieher. Vermutlich hatte seine eheliche Enthaltsamkeit aber auch körperliche Ursachen. Er litt nämlich an einer Verengung der Vorhaut, einer Phimose, die eine Erektion verhindert. Wenn die zeitgenössischen Berichte stimmen, dass Katharina beim Sexualverkehr gern die Reiterhaltung einnahm, so würde sich das Nachwuchsproblem aus diesen Ursachen erklären.
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